Geliebter Barbar
Catherine zu uns kam, hatte ich noch nie von einer Frau gehört, die zwei Vornamen besitzt. Aber nun erfahre ich von einer weiteren Frau mit zwei Namen. Wie erklärst du dir das, Graham?«
Der Anführer seufzte. Vincents Geist schweifte immer öfter von den wichtigen Themen ab – eine ärgerliche Alterserscheinung. »Ich kann’s mir auch nicht erklären. Vincent«, sagte Graham. »Aber das ist jetzt unwichtig.«
Er wandte sich wieder Frances Catherine zu. »Ich frage dich noch einmal: Willst du vorsätzlich unser Leben durcheinanderbringen?«
Frances Catherine wollte nicht als Feigling erscheinen, also schob sie sich wieder an die Seite ihres Mannes. Dann sagte sie: »Ich verstehe nicht, warum Ihr glaubt, Lady Judith Elizabeth könnte Unruhe in den Clan bringen. Sie ist eine freundliche, herzliche Frau.«
Graham schloß die Augen. Ein Hauch von Belustigung lag in seiner Stimme, als er schließlich wieder sprach. »Frances Catherine, wir mögen die Engländer nicht besonders. Das hast du sicher schon in all den Jahren, die du bei uns bist, bemerkt.«
»Sie ist an der Grenze aufgewachsen«, gab Gelfrid zu bedenken und kratzte sich sein bärtiges Kinn. »Sie weiß es wahrscheinlich nicht besser!«
Graham nickte zustimmend. Plötzlich funkelte etwas in seinen Augen. Er drehte sich zu seinen Gefährten um und sprach mit leiser Stimme zu ihnen. Als er geendet hatte, murmelten die anderen ihre Zustimmung.
Frances Catherine verlor alle Hoffnung. Aus seinem siegessicheren Blick schloß sie, daß er einen Weg gefunden hatte, ihre Bitte abzuschmettern, bevor der Clansherr zu Rate gezogen worden war.
Patrick war offenbar zum gleichen Schluß gekommen. Sein Gesicht wurde zornesrot. Als er entschlossen einen Schritt nach vorne trat, packte sie ihn an der Hand. Sie wußte, er wollte sein Versprechen ihr gegenüber halten. Aber sie wollte nicht, daß der Rat ihn bestrafte. Die Bestrafung würde hart ausfallen. Und die Demütigung wäre ihm unerträglich.
Sie drückte seine Hand.
»Ihr habt beschlossen, für mich zu entscheiden, was das beste für mich ist, da ich es ja offenbar nicht besser weiß. Ist das richtig?«
Graham war überrascht. Ihr scharfer Verstand wußte tatsächlich, was er soeben gedacht hatte. Er wollte gerade ihre Herausforderung annehmen, als Patrick das Wort ergriff.
»Nein. Das würde Graham nicht tun. Es wäre eine Beleidigung für mich, Frau.«
Der Sprecher des Rates starrte Patrick eine Augenblick an. Dann verkündete er mit kraftvoller Stimme: »Du wirst die Entscheidung des Rates akzeptieren, Patrick!«
»Ein Maitland hat sein Wort gegeben. Es muß gehalten werden.«
Iains laute Stimme erfüllte die Halle. Alle drehten sich zu ihm, während Iain den Sprecher fixierte. »Ihr kommt vom Kernpunkt ab«, sagte er bestimmt. »Patrick hat dieser Frau ein Versprechen gegeben, und es wird eingelöst werden.«
Einige Minuten lang sagte niemand ein Wort. Dann stand Gelfrid auf. Er stützte sich mit den Handflächen auf den Tisch und beugte sich vor, um Iain anzusehen. »Du bist hier nur ein Berater. Nichts weiter.«
Iain tat es mit einem Achselzucken ab. »Ich bin der Clansherr«, entgegnete er. »Durch eure Wahl. Und nun rate ich euch, Patrick die Einlösung seines Versprechens zu bewilligen. Nur die Engländer brechen ihr Wort, Gelfrid. Nicht wir Schotten.«
Widerstrebend nickte Gelfrid. »Du sprichst die Wahrheit«, gab er zu.
Nur noch drei, dachte Iain bei sich. Verdammt, wie er es verabscheute, diplomatisch vorzugehen, um seine Ziele zu erreichen. Er zog den Kampf mit den Fäusten dem mit Worten vor. Zudem haßte er es, für seine und seines Bruders Taten um Erlaubnis bitten zu müssen.
Mit einiger Anstrengung riß er sich zusammen und konzentrierte sich wieder auf das aktuelle Problem. Er wandte sich zu Graham. »Bist du ein so alter Mann geworden, Graham, daß dich eine solch unbedeutende Sache betroffen macht? Hast du etwa Angst vor einer englischen Frau ?«
»Natürlich nicht«, murmelte Graham. Seine Empörung, dies überhaupt in Erwägung zu ziehen, war deutlich aus seiner Stimme herauszuhören. »Ich habe vor keiner Frau Angst!«
Iain grinste. »Das beruhigt mich ungemein«, gab er zurück. »Einen Augenblick habe ich mir wirklich Sorgen gemacht.«
Die intelligente List war an den Sprecher des Rates nicht vergeudet. Graham lächelte. »Du hast deinen Köder ausgeworfen, und meine Eitelkeit hat angebissen.« Iain erwiderte nichts. Immer noch lächelnd wandte sich Graham schließlich
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