Geliebter Barbar
ungeduldig. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn finster an. »Nun?«
»Nun was?«
»Bieg es wieder hin.«
»Was hinbiegen?«
»Du brauchst nicht laut zu werden«, befahl sie. »Du hast sie erschreckt, also beruhige sie wieder. Sag ihr, du würdest es nicht zulassen, daß der Rat mich schon nach Hause schickt. Das ist das mindeste, was du tun kannst. Sie ist immerhin deine Schwägerin, und du wirst sicher nicht wollen, daß sie unglücklich ist.«
Er stieß einen heftigen Seufzer aus. Dann drehte er sich zu Frances Catherine um und brüllte: »Judith geht nirgendwo hin!« Dann sah er wieder Judith an. »War das zu deiner Zufriedenheit?«
Frances Catherine lächelte jetzt, und Judith nickte. »Ja. Danke.«
Er setzte sich wieder in Bewegung. Noch einmal hastete Judith hinter ihm her und packte ihn an der Hand.
»Iain?«
»Was ist?«
Sein barscher Ton kümmerte sie nicht. »Hast du mich vermißt?«
»Vielleicht.«
Seine Antwort ärgerte sie. Sie ließ seine Hand los und wollte fortgehen, doch er packte sie von hinten und schlang die Arme um ihre Taille. Dann beugte er sich zu ihr herab und flüsterte: »Du solltest wirklich versuchen, dein Temperament zu beherrschen, Weib.«
Dann küßte er sie auf den Hals. Judith lief ein Wonneschauer den Rücken herunter.
Daß er ihre Frage nicht beantwortet hatte, bemerkte sie erst, als er schon fortgeritten war.
Dieser Mann störte ihre Denkfähigkeit schon, wenn er sie nur berührte! Aber bevor Judith darüber nachgrübeln konnte, erinnerte Frances Catherine sie energisch an ihre Anwesenheit. Sie schob Judith durch die Tür und schloß sie dann heftig hinter sich.
»Iain liebt dich«, sagte Frances Catherine aufgeregt.
Judith schüttelte nur den Kopf. »Über Liebe will ich erst gar nicht nachdenken«, sagte sie.
Ihre Freundin lachte. »Kann sein, daß du darüber nicht nachdenken willst, Judith, aber du bist doch auch verliebt, nicht wahr? Ich habe lange genug meinen Mund gehalten. Er wird es niemals erfahren müssen.«
Ihre letzte Bemerkung alarmierte Judith. »Was erfahren?«
»Das über deinen Vater. Niemand muß es je erfahren. Laß dich einfach …«
»Nein.«
»Denk doch nur mal über meinen Vorschlag nach«, bat Frances Catherine sie.
Judith ließ sich auf einen Stuhl sinken. »Ich wünschte, du würdest dein Baby bekommen, damit ich endlich nach Hause kann. Jeden Tag wird es schwieriger. Lieber Gott, was soll bloß werden, wenn ich mich in ihn verliebe? Wie soll ich es verhindern?«
Frances Catherine stellte sich hinter ihren Stuhl und legte ihr die Hände auf die Schultern. »Würde es dir helfen, wenn du über all seine schlechten Eigenschaften nachdenkst?«
Frances Catherine hatte einen Scherz machen wollen, aber Judith nahm ihren Vorschlag ernst und versuchte, möglichst viele Charakterschwächen aufzuzählen. Leider fielen ihr nur wenige ein. Der Mann war fast perfekt. Frances Catherine war der Meinung, daß das durchaus ebenfalls als schlechte Eigenschaft gerechnet werden könnte, und Judith stimmte ihr zu.
Die beiden Freundinnen waren so vertieft in ihre Unterhaltung, daß sie Patrick gar nicht bemerkten. Er hatte die Tür aus Rücksicht auf seine Frau sehr leise geöffnet. Sie machte oft am Nachmittag ein Nickerchen, und er wollte sie in ihrem Zustand nicht unnötig stören. Nun stand er im Eingang und stellte interessiert fest, daß Judith sich gerade über Iain ausließ. Er mußte lächeln. Diese Frau kannte seinen Bruder fast so gut wie er, und als sie erwähnte, wie sturköpfig er war, stimmte er unwillkürlich nickend zu.
»Aber du fühlst dich dennoch zu ihm hingezogen, nicht wahr?«
Judith seufzte. »Ja, Frances Catherine. Was soll ich bloß tun? Mich packt die nackte Angst, wenn ich merke, was mit mir geschieht. Ich kann ihn nicht lieben.«
»Und er kann unmöglich dich lieben, ja, ja«, sagte Frances Catherine. »Judith, du belügst dich selbst, wenn du das glaubst. Der Mann will dich. Warum kannst du das nicht einfach hinnehmen?«
Judith schüttelte den Kopf. »Was denkst du denn, wie er reagiert, wenn er jemals herausfindet, daß mein Vater der Maclean-Clansherr ist? Glaubst du denn ernsthaft, er würde mich immer noch wollen?«
Nur die in Jahren antrainierte Selbstbeherrschung hielt Patrick auf seinen Füßen. Herr im Himmel, er fühlte sich, als hätte man ihm einen mächtigen Schlag in die Magengrube versetzt. Er stolperte nach draußen und zog die Tür leise und fest hinter sich zu. Dann hastete er zur
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