Geliebter Barbar
Antwort, sondern sprach Frances Catherine an. »Wo ist mein Bruder?«
Seine Schroffheit beunruhigte sie. Sie setzte sich an den Tisch, faltete die Hände im Schoß und versuchte, ruhig zu wirken. »Ich weiß es nicht. Er wird jeden Moment zurück sein.«
»Was willst du denn von Patrick?« fragte Judith, denn sie wußte, daß ihre Freundin sich nicht traute.
Iain wandte sich um und ging zur Tür. »Ich will mit ihm sprechen, bevor ich gehe.«
Judith hastete hinter ihm her, lief um ihn herum und verstellte ihm den Weg, bevor er die Tür erreicht hatte. Er war so verblüfft über diese Dreistigkeit, daß er tatsächlich stehenblieb. Dann erschien ein Lächeln auf seinem Gesicht. Sie hatte den Kopf zurückgebogen, so daß sie zu ihm aufschauen konnte. Sie wollte, daß er ihren mißbilligenden Gesichtsausdruck bemerkte.
Bevor sie begriff, was er beabsichtigte, hatte er sie bereits aus seinem Weg gehoben. Sie sah zu Frances Catherine herüber. Ihre Freundin gestikulierte hinter Iain her, und sie nickte und rannte hinaus.
»Wohin gehst du? Wirst du lange weg sein?«
Er drehte sich nicht um, als er ihr antwortete. »Ich weiß nicht, wie lange ich weg sein werde.«
»Warum willst du mit Patrick sprechen? Soll er mit dir gehen?«
Er hielt plötzlich an und wandte sich endlich zu ihr. »Nein, er soll nicht mitgehen. Judith, warum fragst du mich das alles?«
»Warum tust du so eiskalt?« platzte sie heraus und wurde augenblicklich rot. »Ich wollte sagen«, begann sie, »du warst vorhin in viel besserer Stimmung. Habe ich etwas getan, was dich verärgert hat?«
Er schüttelte den Kopf. »Vorhin waren wir allein«, sagte er. »Jetzt nicht.«
Wieder wollte er weitergehen. Wieder versperrte sie ihm den Weg, in dem sie eilig vor ihn trat. »Du wolltest fortgehen, ohne dich zu verabschieden, stimmt’s?«
Sie stieß die Frage wie eine Anklage hervor, ließ ihm aber keine Zeit zu antworten. Sie drehte sich um und ging zum Haus zurück.
Er stand da und sah ihr nach. Undeutlich hörte er sie etwas von ›verdammt unhöflich‹ murmeln und nahm an, daß sie ihn damit meinte. Er seufzte über ihre Frechheit.
Patrick kam den Hügel hinab und lenkte Iain von diesen Gedanken ab. Er teilte seinem Bruder mit, daß er mit Ramsey und Erin in der Festung der MacDonalds den Clansführer der Dunbars treffen wollte. Die Konferenz würde zwar auf neutralem Boden stattfinden, aber Iain traf trotzdem gewisse nötige Vorbereitungen, denn wenn den Macleans etwas davon zu Ohren kam, würden sie sofort zuschlagen.
Iain brauchte Patrick nicht viel zu erzählen – sein Bruder verstand die Bedeutung dieses Treffens nur zu gut.
»Der Rat hat seine Zustimmung dazu nicht gegeben, habe ich recht?« fragte Patrick.
»Er weiß nichts davon.«
Patrick nickte. »Das bringt Ärger.«
»Ja.«
»Willst du, daß ich mitgehe?«
»Ich möchte, daß du dich um Judith kümmerst, während ich fort bin«, sagte Iain. »Paß auf, daß sie nicht in Schwierigkeiten gerät.«
Patrick nickte. »Was glauben die Alten, wohin du gehst?«
»Zu den MacDonalds«, antwortete Iain. »Ich habe nur nicht erwähnt, daß die Dunbars auch da sein werden.« Er stieß einen lauten Seufzer aus. »Gott, wie ich diese Heimlichtuerei hasse.«
Er erwartete keine Antwort auf seine Bemerkung, drehte sich um und ging zu seinem Hengst hinüber. Plötzlich hielt er inne, drückte Patrick die Zügel in die Hand und lief zurück zum Haus.
Diesmal klopfte er gar nicht erst an die Tür. Judith stand an der Feuerstelle. Sie wirbelte herum, als die Tür gegen die Steinmauer krachte, und riß die Augen auf. Frances Catherine saß am Tisch und hatte Brot geschnitten. Sie wollte gerade aufstehen, setzte sich jedoch wieder hin, als Iain an ihr vorbeilief.
Er sagte kein Wort. Statt dessen packte er Judith an den Schultern und zog sie heftig zu sich heran. Sein Mund verschloß den ihren, und als sie zunächst vor Verblüffung nicht reagierte, zwang er ihre Lippen auseinander. Seine Zunge drang mit wilder Entschlossenheit in ihren Mund. Der Kuß war besitzergreifend, leidenschaftlich – und gerade, als sie ihn erwidern wollte, schob er sie von sich. Sie sackte gegen die Kante des Herdes. Iain drehte sich um, nickte Frances Catherine zu und verließ das Haus.
Judith war zu verdutzt, um etwas zu sagen. Frances Catherine warf ihrer Freundin einen Blick zu und biß sich auf die Unterlippe, um nicht loszulachen.
»Hast du mir nicht gesagt, die Leidenschaft sei vorbei?« Judith fiel darauf
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