Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geliebter, betrogener Mann

Geliebter, betrogener Mann

Titel: Geliebter, betrogener Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Sanders …«
    Als letzte sprangen sie an Bord, ehe das Fallreep eingezogen wurde. Da das Oberdeck ein dichtes Mosaik von Köpfen war, schlängelten sie sich zum Vorschiff durch und lehnten sich an die weiße Bordwand neben der Ankerrolle. Rauschend drehte der Dampfer vom Ufer ab, und der warme Wind, der aus der See-Enge von Melide herüberwehte, erfaßte Gerda Sanders' Haare und verwirrte die kunstvolle Frisur völlig. Sie lachte, beugte den Kopf zurück und schloß die Augen.
    Michael Pohland betrachtete sie, und zum erstenmal seit zwei Jahren empfand er so etwas wie eine wärmende Zufriedenheit in der Nähe einer Frau. Mein Gott, dachte er plötzlich, wie ist das möglich?! Vor zehn Minuten noch stand ich dort am Ufer und fand es langweilig, zu leben. Ich war mir selbst eine Last. Und nun stehe ich hier im Wind, und vor mir dehnt sich eine Frau in der Sonne, und ich könnte die Hände ausstrecken und sie streicheln; ich wäre in der Lage, an Zärtlichkeit zu denken. Ich, ausgerechnet ich!
    Er nagte an der Unterlippe, starrte auf das glückliche, der Sonne emporgehobene Gesicht Gerda Sanders', auf die im Wind flatternden, blonden Haare und auf den Körper, der sich durch das dünne Nylonkleid abzeichnete.
    »Warum sind Sie so stumm, Herr Pohland?« Gerda Sanders senkte den Kopf und stützte die Arme nach hinten an die Bordwand. »Sie werden doch wohl nicht seekrank werden?«
    »Ich betrachte es als eine Entweihung, Ihre Sonnenanbetung zu unterbrechen.«
    Das Schiff machte einen weiten Bogen und rauschte über den See, dem weiß an einem Berg hinaufkletternden Campione entgegen. Eine Tonbandstimme erklärte in drei Sprachen über mehrere Lautsprecher die Sehenswürdigkeiten rings um den Luganer See.
    Es wurde ein schöner Tag.
    Sie saßen auf der gläsernen Veranda eines kleinen Ristorante über den blauen Wellen des Sees, fuhren mit einem gemieteten Motorboot die Küste entlang und aßen Fische, die man vor ihren Augen aus kleinen Schleppnetzen aus dem See holte und mit einer köstlichen Kräutersoße kochte. Mit dem letzten Schiff fuhren sie zurück nach Lugano, das ihnen in seiner Lichterfülle wie ein riesiger, angestrahlter Brillant entgegenschwamm.
    An der Landungsbrücke hielt Michael Pohland die Hand Gerda Sanders' umklammert, als sie sich verabschiedeten.
    »Dieser Tag war ein Geschenk«, sagte er ernst. »Es mag vielleicht dumm klingen, aber wenn Sie wüßten, wie anders vieles durch diese Stunden geworden ist …« Er stockte und spürte, wie ihre Finger aus seiner Hand strebten. Da ließ er sie los, aber als er den Griff lockerte, blieben sie liegen. »Es … es ist vermessen, Sie um ein Wiedersehen zu bitten, nicht wahr?« Er sah auf ihre Hand. Der schmale, ziselierte goldene Ehering glitzerte im Schein der Bogenlampe an der Landungsbrücke. Gerda Sanders bemerkte seinen Blick und schüttelte den Kopf.
    »Mein Mann ist seit einem Jahr tot.«
    »Verzeihung!« Pohland senkte den Kopf.
    »Ein Unfall.«
    »Dann sind wir – um ein dummes Wort zu sagen – Leidensgenossen. Auch ich verlor meine Frau vor zwei Jahren durch einen Unfall.« Er ließ ihre Hand los und strich sich nervös durch die schwarzen Haare, die an den Schläfen bereits weiße Strähnen zeigten. Die Gedanken an damals waren wieder da, aber jetzt wehrte er sich innerlich dagegen, in der Erinnerung unterzugehen wie bisher so oft. »Ich glaube, wir haben uns viel zu erzählen … mehr als an diesem herrlichen Tag. Erlauben Sie mir ein Wiedersehen?«
    Er bemerkte ihr kurzes Zögern, und es tat ihm körperlich weh, daß sie erst überlegen mußte, ehe sie zusagte. Ich bin ihr gleichgültig, dachte er. Natürlich, wie kann man erwarten, daß ein paar Stunden voller Plauderei zwei Menschen so nahebringen, daß kleine Dinge selbstverständlich werden. Und wenn es nur ein Wiedersehen ist.
    »Wenn ich es möglich machen kann«, sagte sie leise.
    »Morgen, um 15 Uhr, auf der Terrasse des Hotels Majestic.«
    »Wenn es möglich ist«, sagte sie wieder. Dann wandte sie sich fast schroff ab, lief ein paar Schritte bis zu einer Autoreihe, die an der Straße unter Palmen stand, wandte sich dann noch einmal um und winkte zu Pohland zurück. In diesem Augenblick sah sie wie ein junges, glückliches, verliebtes Mädchen aus, mit wehenden, langen blonden Haaren und einem strahlenden Gesichtchen. Pohland winkte zurück und spürte, wie er trockene Lippen bekam und eine merkwürdige Schwere im Herzen.
    Er sah, wie sie in einen offenen Sportwagen stieg und ihn

Weitere Kostenlose Bücher