Geliebter der Nacht
klopfte an die Tür und wartete geschlagene zwei Minuten. Dann klopfte sie ein weiteres Mal. Nach dem dritten Mal zog Darius seinen Schlüssel hervor.
Drinnen wirkte zunächst alles wie in einer normalen Wohnung: sauber, aber belebt. Alle Geräte und Apparate waren ausgeschaltet, als wäre der Besitzer zur Arbeit gegangen.
»Er scheint nicht zu Hause zu sein«, stellte Darius fest. Lexi blieb stumm, und als er sich zu ihr umdrehte, bemerkte er ihren seltsamen Gesichtsausdruck. »Lexi?«
»Ich weiß nicht«, antwortete sie zögernd. »Irgendetwas riecht hier komisch.« Ohne ein weiteres Wort ging sie durch die Wohnung zu den hinteren Räumen und direkt in eines der Zimmer.
Darius kam langsam hinterher. Er bemerkte eine Spur aus Herrenkleidung, die im Wohnzimmer begann und über den ganzen Flur ging. Alles lag sehr unordentlich da, als hätte jemand die einzelnen Kleidungsstücke in Eile heruntergerissen und hier vergessen. In einem ansonsten sehr ordentlichen Apartment konnte das nur eines bedeuten. Parks war nicht in der Lage gewesen, seine Sachen nach dem Sex mit dem Sukkubus wieder aufzusammeln.
»Ich habe ihn gefunden!«, rief Lexi eine Sekunde später, und Darius wusste, dass er tot war.
Im hinteren Schlafzimmer fand er Lexi neben dem Bett vor, wo sie auf die reglose Gestalt hinunterblickte. »Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, er ist an Altersschwäche gestorben.«
Darius stellte sich neben sie und sah ebenfalls auf die Leiche. Howard Parks, den er dem Video nach auf vier- oder fünfunddreißig schätzte, wirkte steinalt. Die Haut in seinem Gesicht war eingefallen und papierdünn, sein blondes Haar hatte jeden Glanz verloren und schien grau. Selbst seine Hände auf der Bettdecke sahen faltig und gebrechlich aus.
»Ich habe noch nie gesehen, dass ein Dämon so etwas getan hat«, flüsterte Lexi.
»Kein Dämon«, korrigierte Darius, »ein Sukkubus. Sie sind tausendmal schlimmer als die Dämonen, die du sonst kennst. Sie ernähren sich nicht bloß von Lebensmagie, sondern saugen ihre Opfer vollständig aus, bis nur noch diese vertrocknete, eingefallene Hülle übrig ist. Aus diesem Grund vernichtete die Mutter Göttin sie vor langer Zeit.«
»Alle bis auf diesen«, korrigierte Lexi.
»Ja, alle bis auf diesen einen.«
»Verdammt«, fluchte Lexi plötzlich, »ich muss hier raus!« Mit diesen Worten eilte sie auch schon zur Tür.
»Warte! Wo willst du hin?«
Sie blieb stehen und starrte ihn an. Zum ersten Mal begriff sie seine Sorge um Tain. »Meine beste Freundin war gestern Abend mit diesem Typen zusammen. Ich weiß zwar noch nicht, was genau hier vor sich geht, aber ich befürchte, dass Mai irgendwie darin verwickelt ist. Ich muss sie finden – sofort!«
[home]
Kapitel 9
L exi ließ Darius zurück, damit er sich in Howard Parks’ Wohnung umsehen konnte, und fuhr in einem Taxi zu Mai.
Der Portier begrüßte sie mit Namen, als sie hereinkam, aber sie hatte keine Zeit, Nettigkeiten auszutauschen. Oben bei Mais Apartment im zehnten Stock klopfte sie und horchte angestrengt. Nichts.
Sie klopfte noch einmal und lauschte wieder. Da Mai immer noch nicht an die Tür kam, bediente Lexi sich des Schlüssels, den ihre Freundin ihr gegeben hatte.
»Mai, bist du da?«, rief sie beim Eintreten, um ihre Freundin nicht mit einem Gast im Schlafzimmer zu überraschen.
Ein kurzer Rundgang ergab, dass niemand hier war. Allerdings deuteten mehrere Anzeichen darauf hin, dass Mai hier gewesen war. Das Kleid, das sie auf dem Video trug, lag neben dem Schrank auf dem Schlafzimmerboden; in der Küchenspüle war schmutziges Geschirr, und ein halbausgetrunkenes Seltersglas stand auf dem Tisch. Das Eis war längst geschmolzen, doch als Lexi das Glas schüttelte, blubberte das Selters noch ein bisschen. Irgendwann während der letzten paar Stunden musste Mai zu Hause gewesen sein, was Lexi enorm erleichterte.
Sie ging zum Küchentresen und suchte nach einem Notizblock, um Mai eine Nachricht zu hinterlassen, dass sie sich bei ihr melden sollte. Dort fiel ihr Mais offener Terminkalender auf, den sie zu sich zog und den Eintrag für heute las, bei dem ihr eiskalt wurde.
9 Uhr abends, The Crypt, Domino-KostümParty – Partyraum hinten.
Bis viertel vor neun hatte Lexi bereits mehrere eindeutige Angebote abgelehnt. Sie stand hinten im »Crypt« in der Nähe des Tisches, an dem man sich für die Party eintrug, folglich war es nicht weiter verwunderlich, dass die Männer glaubten, sie wäre mit einer ganz
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