Geliebter Fremder
derart offensichtlichen Arrangement nicht zustimmen, aber in diesem Fall glaube ich, ihr passt perfekt zueinander.«
»Da bin ich ganz deiner Meinung.«
»Ich plane eine Dinnerparty … irgendwann. Dazu lade ich euch beide ein.« Es würde sie beruhigen, Rhys an ihrer Seite zu haben. Und sie würde jede Form von Beruhigung brauchen, denn allein schon beim Gedanken an ein Dinner mit Gray und einer Schar seiner früheren Mätressen drehte sich ihr der Magen um.
Isabel seufzte angesichts ihres Dilemmas und schüttelte den Kopf. »Schrecklich ungehobelt von dir, deine Schwester so zu benutzen.«
»Ha«, spottete Rhys, nahm ihren Umhang vom zurückkehrenden Dienstmädchen und hielt ihn ihr hin. »Schrecklich von dir, mich zu einem Frühstück zu schleifen, und dann noch ins Haus der Marleys. Lady Marley stinkt nach Kampfer.«
»Du kannst mit dem Gejammer aufhören, ich will schließlich auch nicht hin.«
»Das kränkt mich aber, Bella. Männer jammern doch nicht.« Er legte ihr die Hand auf die Schulter und drehte sie zu sich um. »Warum gehen wir denn hin, wenn du auch keine Lust hast?«
»Du weißt, warum.«
Er schnaubte leise. »Ich wünschte, dir wäre gleichgültig, was andere über dich denken. Ich persönlich halte dich für die am wenigsten langweilige Frau, die ich kenne. Gerade heraus, schön anzusehen und schlagfertig.«
»Und deine Meinung ist wohl die einzige, die zählt.«
»Etwa nicht?«
»Ich wünschte, ich könnte den Klatsch ignorieren«, knurrte sie, »aber Lady Grayson befindet es wohl für notwendig, mich so oft wie möglich darauf aufmerksam zu machen. Ihre grässlichen Briefchen bringen mich immer in Rage. Ich wünschte, sie würde einfach unverhohlen ihr Gift verspritzen, anstatt es unter dem Firnis der Zivilisation zu verstecken.« Isabel starrte ihren Bruder an, der resigniert zurückblickte. »Ich habe keine Ahnung, wie Gray mit einem solchen Drachen als Mutter unbeschadet seine Kindheit überstanden hat.«
»Aber dir ist schon klar, dass Frauen mit deinem Aussehen oft Probleme mit anderen Frauen haben? Ihr seid wie die Katzen, ihr könnt nicht ertragen, wenn eine Frau übermäßig die Aufmerksamkeit der Männer auf sich zieht. Andererseits wird dir dieser Neid fremd sein«, schloss er trocken. »Schließlich bist du immer diejenige, auf der alle Blicke ruhen.«
Dafür hatte sie andere Formen von Neid empfunden, Eifersucht genau gesagt, wenn ihr Mann sich in fremden Betten herumtrieb.
»Deshalb verkehre ich auch mehr mit Männern als mit Frauen, obwohl auch das seine Risiken hat.« Isabel wusste, dass andere Frauen ihre Erscheinung ordinär fanden, doch daran konnte sie nichts ändern. »Los, lass uns aufbrechen.«
Rhys hob die Augenbrauen bis zum Haaransatz. »Ich muss erst Grayson meine Aufwartung machen. Ich kann doch nicht einfach mit seiner Frau verschwinden. Als ich das das letzte Mal gemacht habe, hat er mir im Boxring vom Remington-Herrenklub eine brutale Abreibung verpasst. Hab Mitleid, der Mann ist viel jünger als ich.«
»Hinterlass ihm eine Nachricht«, erwiderte sie kurz und erschauerte bei der Vorstellung an ihren Mann mit noch feuchten Haaren. Allein der Gedanke an ihn rief Erinnerungen an ihre gemeinsame Nacht hervor.
»Ja, ja, du hast keine Gefühle für ihn.« Rhys’ Blick war mehr als skeptisch.
»Warte, bis du verheiratet bist, Rhys. Dann wirst du merken, warum man manchmal einfach fliehen will.« Mit dieser Absicht wies sie ungeduldig zur Tür.
»Das bezweifle ich nicht.« Er bot ihr seinen Arm und nahm seinen Hut vom wartenden Butler.
»Weißt du, du wirst auch nicht jünger.«
»Mir ist mein fortschreitendes Alter durchaus bewusst. Daher habe ich eine Liste passender Heiratsobjekte angelegt.«
»Ja, Mutter hat mir von deiner Liste erzählt«, sagte sie trocken.
»Ein Mann muss bei der Wahl seiner Braut vor allem Vernunft walten lassen.«
Isabel nickte übertrieben gewichtig. »Natürlich dürfen Gefühle keine Rolle spielen.«
»Hatten wir uns nicht geeinigt, nicht über Gefühle zu sprechen?«
Isabel unterdrückte ein Lachen und fragte: »Und dürfte ich fragen, wer ganz oben auf deiner Liste steht?«
»Lady Susannah Campion.«
»Die jüngere Tochter vom Duke of Raleigh?« Isabel blinzelte.
Lady Susannah war tatsächlich eine sehr vernünftige Wahl. Ihre Erziehung war ausgezeichnet, ihr Benehmen tadellos, und sie würde unleugbar eine hervorragende Duchess abgeben. Doch das zarte blonde Mädchen hatte keine Leidenschaft, kein Temperament.
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