Geliebter Krieger
Immer wieder drehte sie sich während des Essens um und spähte durch die offene Tür, bis Lillian sich zu ihr lehnte und flüsterte: „Darian ist nicht hier. Er ist mit Liam unterwegs.“
Rasch blickte sie wieder auf ihren Teller. Sie war anscheinend sehr durchschaubar und betete darum , nicht rot zu werden. Nach dem Essen verabschiedete sich Lillian. Sie und Mennox waren heute Abend eingeladen. So machte sie sich gemeinsam mit Max satt und zufrieden auf in ihr Zimmer. Lillian war wohl die netteste Frau, die sie jemals kennengelernt hatte. Höflich und kultiviert, aber nicht kalt oder herablassend. Jede Bewegung, jede Geste, ja sogar , wie sie ihre Gabel hielt , strotzte nur so von femininer Eleganz.
Max war schon vor einer halben Stunde beim Fernsehen eingeschlafen. Sie fragte sich, wie lange er in seinem eigenen Zimmer bl eiben würde, als sie sanft die Zwischentür schloss.
Als sie überlegte, was sie noch machen sollte, klopfte es an der Tür. „Ja?“
„Hi. Darf ich reinkommen?“, fragte Callista und streckte den Kopf durch die Tür.
„Hallo. Ja. Natürlich.“ Mercy zupfte sich einen unsichtbaren Fussel vom Ärmel ihres alten Pullovers und setzte sich auf die Bettkante. Nach ihrem Auftritt vom Vormittag war sie nicht sicher, ob die Kriegerin noch immer sauer auf sie war.
„Das soll ich dir von Darian geben.“ Munter schwang Callista zwei prall gefüllte Plastiktüten aufs Bett und warf sich gleich hinterher. D ie Kriegerin war schlank und dabei bestimmt über einsachtzig groß.
„Willst du nicht reinsehen?“
Mercy starrte immer noch auf die beiden Tüten. Von Darian. Sie war ein wenig verwirrt, denn sie hatte ihn den ganzen Tag nicht gesehen. Vorsichtig zog sie eine Tüte zu sich und nahm das E rste in die Hand , was sie zu fassen bekam. Ein T-Shirt für Max. Als sie fragend zu Callista blickte, zuckte diese mit den Schultern und grinste. „Frag mich nicht. Ich habe keine Ahnung.“
Von Neugier gepackt, schüttete sie den Inhalt der Tüte auf das Bett. Sie sah T-Shirts, Pullover, Socken und Jeans. Alles nagelneu. „Das ist großzügig von ihm.“ Unsicher, ob sie es annehmen sollte, faltete sie die neuen Sachen zu kleinen Stapeln auf dem Bett. Er hatte Geld für ihn ausgegeben. Unwillkürlich musste sie schmunzeln. Das Bild eines mit Einkaufstüten beladenen Darian schlüpfte in ihren Geist. Gespannt leerte sie die zweite Tüte aus , und Callista konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen. „Sieh einer an. Und mir schenkt der Esel nicht mal was zum Geburtstag.“
Zum Vorschein kamen Pullover, Blusen und Jeans in ihrer Größe. Es waren schöne Kleider, dachte sie, als sie über die mit blauen Perlen versehene Seidenbluse strich. Und teure Sachen dazu.
„Ich schätze , Lillian hat ihm mit der Größe geholfen.“
„Aber wieso … “ Mercy war gerührt. Sie hatte noch nie ein Geschenk bekommen. Geschweige denn von einem Mann. „Ich meine , wieso tut er so etwas?“ Vorsichtig faltete sie ihre neuen Kleider ebenfalls zu kleinen Stapeln. Nur mühevoll widerstand sie dem Drang, ihren kratzigen Pullover auszuziehen und in die neue Seide zu schlüpfen.
„Ich würde mal auf Balzverhalten schließen … “, sagte Callista zwinkernd, „ … denn normalerweise ist er nicht so zuvorkommend.“
Mercy kam sich plötzlich dumm vor. Sie war nicht unbedingt nett zu ihm gewesen. Ganz zu schweigen , dass sie sich auch nur mit einem Wort für ihre Rettung bedankt hätte. Schuldbewusst verzog sie das Gesicht.
„Gefallen dir die Klamotten nicht? Seide ist nicht jedermanns Sache.“
„Die Kleider sind wunderschön. Ich dachte nur, dass ich mich nicht sehr nett ihm gegenüber verhalten habe.“
„Mach dir darüber keine Gedanken. Ich glaube , jeder hätte so reagiert. Ich meine, da kommt so ein abgefuckter Typ und schleppt einen in ’ ne Bude, wo man kein Schwein kennt. Da würde jeder abdrehen.“
„Könnte man so sagen.“
„Wir finden gut, dass du hier bist. Scheinst in Ordnung zu sein. Und der Kleine sowieso.“ Sie lächelte. Max hatte ein Talent, Frauen zu verzaubern.
„Ich freue mich, dass wir euch nicht stören.“
„Ach was. Mir gefällt es , wenn ein bisschen Leben in die Bude kommt. Und ich finde , du hast einen guten Einfluss auf unseren Darian.“
Mercy stand auf, um die Kleider im Schrank zu verstauen. Unsicher ging sie zur kleinen Schaltkonsole und drückte einen Knopf. Ein leises Surren kündigte die Rollläden an. Stirnrunzelnd drückte sie einen anderen,
Weitere Kostenlose Bücher