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Geliebter Lord

Geliebter Lord

Titel: Geliebter Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Ranney
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einem Zustand der Betäubung.
    Nachdem Hamish entkommen war, hatte sein Körper sich allmählich erholt, soweit das nach den unsäglichen Folterungen möglich war. Sein Verstand würde auf ewig geprägt bleiben, doch kürzlich, gerade als er Gott nicht länger brauchte, war seine Seele aus dem Dämmerschlaf erwacht.
    Als Hamish auf seiner Pritsche lag, dachte er an Mary Gilly, die Heilerin mit dem Allmächtigkeitsanspruch. Ungebeten erschien ihr Bild vor seinem geistigen Auge. Er sah sie über den Hof gehen, mit geschmeidigen Schritten, die auf lange Beine und geschwungene Hüften hindeuteten. Er war seit Jahren mit keiner Frau zusammen gewesen, und sein Körper war sich dieser Tatsache plötzlich sehr bewusst.
    Hamish schob den gesunden Arm unter den Kopf, starrte an die Decke und fühlte sich hart werden bei der Vorstellung, dass er geheilt würde. Nicht auf die Weise, die Mary vorschwebte, aber auf die einzige Weise, nach der ihn verlangte.
    Eine Witwe. Ob sie wohl ebenso einsam war wie er? War dieses Wort überhaupt zutreffend? Konnte er denn einsam sein mit dem Gespenst, das in seinem Kopf wohnte?
    Energisch schob er den Gedanken weg und stand auf – heute würde er keinen Schlaf finden.
     
    Der Wind, der durch die Schießscharten hereinpfiff, klang klagend und vorwurfsvoll. Fröstelnd zog Mary die Decke noch fester um sich. In diesem Moment blies eine Bö die Kerze aus.
    Als Marys Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, stand sie auf, nahm ihr Kleid von dem Haken neben der Tür und zog es über das Nachthemd. Ohne ihr Korsett war sie zwar nicht korrekt angezogen, aber sie glaubte nicht, dass sie zu dieser späten Stunde jemandem begegnen würde. In ihr Umhangtuch gehüllt, öffnete sie die Tür.
    Gordon hatte ihr als Überraschungsgeschenk im letzten Jahr einen wunderschönen Morgenrock machen lassen lassen. Unzählige Arbeitsstunden mussten in der Stickerei – purpurrote Pfingstrosen auf Passe und Schultern des beigefarbenen Seidengewandes – stecken. Jedes Mal, wenn Mary in das kostbare Stück schlüpfte, fuhr sie andächtig mit den Fingern über die winzigen Stiche. Gordon schuf Meisterwerke aus Gold, und hier hatten begnadete Frauen mit ihren Sticknadeln ein Meisterwerk geschaffen. Da sie den Morgenrock liebte, hatte sie ihn sicherheitshalber zu Hause gelassen, doch als jetzt der Wind an ihr vorbei zur Tür hinauswehte, als wäre er froh zu entkommen, wünschte sie, sie hätte das behaglich warme Kleidungsstück mitgebracht.
    Mary drückte sich an die gekrümmte Mauer des Turms und überlegte, ob sie aufwärts- oder abwärtsgehen sollte. Auf keinen Fall wollte sie hier in der Dunkelheit stehen bleiben und sich fürchten. Die Treppe war das kleinere Übel.
    Als sich im Erdgeschoss etwas rührte, wagte sie vom Treppenabsatz einen Blick nach unten. Schatten spielten über die Mauer. Irgendwer hatte ein Feuer angezündet.
    Mary hätte sich gerne mutig genannt, aber sie musste zugeben, dass allein Neugier sie dazu veranlasste, die Treppe hinunterzugehen.
    Auf den letzten Stufen sah sie ihn.
    Er musste sie gehört haben, denn er wandte sich ihr zu. Sie verharrte mitten im Schritt und presste die Hand auf ihre Brust, um ihr plötzlich wild klopfendes Herz zu beruhigen.
    Brendan hätte sie vorwarnen sollen. Anstatt ihr den furchteinflößenden Spitznamen seines Bruders zu nennen oder ihn ihr als Jungen zu beschreiben, hätte er erwähnen sollen, dass Hamish ein hochgewachsener, breitschultriger Mann mit dem Körper eines Kriegers war, dessen Anblick wahrscheinlich jeder Frau bei der ersten Begegnung den Atem stocken ließ.
    Das Gesicht mit dem kämpferisch vorgereckten Kinn und dem seltsam eckigen Mund, den hohen Wangenknochen und der breiten Nase war nicht weniger spektakulär. Zwar verhinderten etwa ein halbes Dutzend unregelmäßig runder Narben, es als »hübsch« zu bezeichnen, aber sie unterstrichen den Eindruck von Kraft sogar noch, den es vermittelte.
    »Geht wieder nach oben, Mrs. Gilly.« Es klang heiser, lauter als ein Flüstern, aber leiser als eine normale Sprechstimme.
    »Ich konnte nicht schlafen«, rechtfertigte sie ihr Erscheinen.
    Er drehte sich weg und starrte mit verschränkten Armen ins Feuer. Eine wortlose, aber sehr deutliche Aufforderung für sie, ihn in Ruhe zu lassen.
    Unbeeindruckt setzte sie ihren Weg fort – jetzt war nicht der Augenblick für Nachgiebigkeit –, trat zu ihm und berührte, als er sich ihr wieder zuwandte, behutsam die größte Narbe in seinem

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