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Geliebter Lord

Geliebter Lord

Titel: Geliebter Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Ranney
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hielt.
    Sie war im Sinn von Anstand und Sitte erzogen, aber beides entsprach nicht ihrer inneren Überzeugung.
    Was würden die Leute in Inverness sagen, wenn sie wüssten, dass sich unter ihrer züchtigen äußeren Erscheinung eine rebellische Seele verbarg? Was sie in der vergangenen Nacht getan hatte, zeugte davon. Sie sehnte sich nach Abenteuern, nicht nach Beständigkeit. Nach Freude und Genuss. Und nach Leidenschaft. Sie wollte vom Leben schockiert werden und überrascht, begeistert und berauscht. Nicht durch das Leid bedrückt, das sie ständig sah.
    »Schreib ihnen, Mary«, drängte Hamish sie. Er durchquerte den Raum. An der Tür drehte er sich um und schien noch etwas sagen zu wollen, doch im nächsten Moment war er fort, ließ sie allein mit ihrer Gewissensnot.
    Sie wünschte, er wäre geblieben – dann wäre es ihr leichtergefallen, an ihre Freunde zu schreiben. Andererseits musste sie die Entscheidung allein treffen, und so war es klug von ihm, dass er gegangen war.
    Wie töricht sie war, wie unklug, ihre Stellung in der Gemeinde aufs Spiel zu setzen, ihren guten Namen zu gefährden. Und das nur für ein paar Tage Vergnügen. Allerdings ein köstliches Vergnügen, das ihr das Gefühl gab, in warmem Wasser zu treiben, ihren Verstand außer Kraft setzte und Traurigkeit und Furcht bannte.
    Hamish MacRae war eine Droge, ebenso gefährlich wie das Morphium, das sie gelegentlich verabreichte. Wer hätte gedacht, dass die Witwe Gilly jemals von Lust überwältigt würde? Und zu allem Überfluss empfand sie darob nicht die geringste Scham oder Bestürzung, sondern konnte es kaum erwarten, diesem Mann wieder beizuwohnen.
    Bleib bei mir.
    Sie wäre eine Närrin, wenn sie es täte, wenn sie das Risiko einginge, dass ihr Benehmen auf irgendeinem Weg in Inverness ruchbar würde. Trotzdem würde sie bleiben.
    Es ist nicht Liebe, was ich von Euch will.
Er hatte ihr nichts vorgemacht, und sie kannte ihn nicht gut genug, um ihm ihr Herz zu schenken. Aber sie würde ihm für diese Zeit ihren Körper leihen, um seines, Hamishs, Genusses willen, so wie sie sich zum selben Zweck des seinen bedienen würde.
    Sie blickte auf ihre Hände hinunter, erinnerte sich daran, wie seine Haut sich anfühlte, und ihre Handflächen begannen vor Erregung zu kribbeln.
    Mary nahm ein Pergament aus dem Schreibpult und eine Feder zur Hand. Ob Gott wohl verstimmt wäre, wenn sie ihn um Führung bäte? Sie brauchte eine Eingebung, musste die richtigen Worte für Charles finden, Worte, die sein Misstrauen stillten und ihn gleichzeitig überzeugten, dass sie wohlauf und in Sicherheit war. Er neigte dazu, sie zu bevormunden, und es begann ihr auf die Nerven zu gehen, doch ob Gordons Zuneigung zu ihm hatte sie ihre Verärgerung all die Monate verborgen.
    Charles,
     
    die Umstände zwingen mich, länger hier zu verweilen als vorgesehen. Seid versichert, dass es mir gutgeht. Ich werde bei meinem Patienten bleiben, bis er gesund ist. Solltet Ihr in der Zwischenzeit irgendwelche Hilfe benötigen, wendet Euch an meinen Anwalt.
    Mary
    Den Brief an Elspeth fasste sie in freundlicherem Ton ab.
    Meine liebe Elspeth,
     
    ich befinde mich an einem hochinteressanten Ort, in einem in einer tristen Landschaft vor dem Ufer eines Sees auf einem Felsen stehenden Castle. Wenn bei Nacht Schatten über den Innenhof huschen, stelle ich mir vor, sie wären die Geister der Menschen, die einmal hier lebten.
    Am Ende des Federkiels herumkauend, überlegte sie, wie sie Hamish beschreiben könnte, ohne zu viel von ihm zu offenbaren.
    Mein Patient ist ein ungewöhnlicher Mann, der beschlossen hat, hier in der Abgeschiedenheit zu leben. Er scheut die Menschen, doch ich habe tatsächlich einen Zugang zu ihm gefunden. Ich werde hierbleiben, bis er gesund ist.
    Ihr Gewissen meldete sich, aber nicht laut genug, um sie zu veranlassen, den Brief zu überarbeiten.
    Sei versichert, dass es mir gutgeht. Ich komme so bald wie möglich nach Hause und melde mich dann bei Dir.
    Elspeths Familie hatte zugestimmt, Mr. Marshall bei seinem diesmaligen Besuch in der Stadt Unterkunft zu gewähren, und Mary vermutete, dass Elspeths Vater sich in seinem Schreiben an den Prediger lobend über sie geäußert und so das Interesse des Mannes an ihr geweckt hatte. Allein die Höflichkeit gebot, dass sie nach Inverness zurückkehrte und die Verabredung einhielt.
    Mary stand auf und ging zum Fenster, um nach Hamish Ausschau zu halten. Sie entdeckte ihn unten am Ufer, nur eine Armlänge vom Wasser

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