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Geliebter Lord

Geliebter Lord

Titel: Geliebter Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Ranney
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das zu fragen.
    »Ich habe nie größere Lust empfunden, Hamish, und sie mir nie so sehr gewünscht wie mit dir.«
    Ihre offenen Worte machten ihn sprachlos. Sie hätten ihm genügen müssen, aber seltsamerweise war es nicht so. Er hatte mehr als dreizehn Monate Schweigen ertragen müssen, denn er beherrschte die Sprache seiner Folterer nicht, und sie gaben sich keine Mühe, mit ihm zu kommunizieren. Was er zu tun hatte und wann, bedeuteten sie ihm mit der Spitze eines Messers im Rücken. Und jetzt kam er sich wieder so vor.
    Mary wusste es nicht, aber er hatte ihr sein Herz geöffnet.
    Plötzlich war sie bei ihm, fasste ihn beim Arm.
    Er zog sie an sich. »Bleib bei mir«, flüsterte er an ihrer Schläfe, in ihr Haar, an ihrem Hals. Er hätte sich nie träumen lassen, dass er einmal einen Wunsch haben würde, den er sich nicht erfüllen könnte.
    »Ich kann nicht, Hamish.«
    »Bleib bei mir«, wiederholte er leise.
    Diesmal antwortete sie nicht.
     
    Alisdair MacRae umrundete das Podest, auf dem die Büste ruhte. Sie war ihm ohne Zweifel wie aus dem Gesicht geschnitten. Iseabal hatte monatelang an ihr gearbeitet und sie anschließend monatelang poliert. Dann hatte sie sie weggeräumt. Bis heute.
    Sie hatte ihr Werk am Ende des neugebauten Korridors in ihrem Heim plaziert, so dass durch das Fenstermaßwerk das Tageslicht darauffiel – und jeder Besucher beim Betreten von Gilmuir als Erstes die Büste sehen würde.
    Die vergangenen fünf Jahre waren dem Wiederaufbau des Stammsitzes der MacRaes gewidmet gewesen. Nur eine Mauer der Ruine war stehengeblieben und nun in die neue Clanhalle integriert. Die Backsteine hatten eine andere Farbe, so dass selbst einem unaufmerksamen Betrachter das hohe Alter des Steins der Mauer auffallen würde, die seit sage und schreibe vierhundert Jahren hier stand.
    Es war ein schwieriges Unterfangen gewesen, und manchmal hatten er und Iseabal den Lärm der Hämmer und Meißel nur schwer ertragen, ganz zu schweigen von dem Staub. Doch sie hatten sich damit getröstet, sich auszumalen, wie Gilmuir aussehen würde, wenn es fertig wäre.
    Vor zwei Jahren waren die Außenarbeiten beendet worden, aber das Innere Alisdairs Vorstellungen entsprechend zu gestalten hatte einer Armee von Steinmetzen und anderen Handwerkern bedurft.
    »Es ist natürlich eine großartige Arbeit«, sagte er zu seiner Frau, »aber muss sie ausgerechnet hier stehen? Sie springt einem beim Eintreten ja förmlich ins Auge.«
    Iseabal lachte leise. »Das soll sie ja auch, Alisdair. Wenn du nicht wärest, wäre Gilmuir nicht wiedererstanden.«
    Er grinste sie an. »Ich glaube, die Steinhauer haben mehr für dich gearbeitet als für mich.«
    Alisdair schaute zu der Holzbalkendecke hinauf. Das Dach war schon vor mehr als zwei Jahren fertig geworden, aber er hatte sich noch immer nicht an den Anblick gewöhnt. Jahrzehntelang war Gilmuir, schutzlos den Elementen ausgeliefert, verfallen. Jetzt waren die Innenwände in einem hellen Gelb gestrichen, die Fensternischen in Blau, die Laibung des Bogens mit einem Dekor geschmückt.
    Was er vermisste, waren einige der Schätze der MacRaes. Er hatte sich deshalb bereits an seinen Clan in Nova Scotia gewandt und erwartete mit dem nächsten Schiff den Dudelsack seines Großonkels und ein paar Breitschwerter und Zweihänder, die im Lauf der Jahrhunderte nicht verlorengegangen waren. Wovon immer die Clanmitglieder sich zu trennen bereit wären, würde er dankbar an den neuen Wänden von Gilmuir anbringen.
    Eine Frau aus dem Dorf war damit beauftragt, eine dreieckige Fahne mit dem Muster zu nähen, von dem er in seiner Kindheit gehört hatte. Iseabal hatte sich zwar Gedanken ob der Fahne gemacht, die von Gilmuir Castle wehen würde, doch die Hauptbegabung seiner Frau war die Bildhauerei, wovon sein ebenholzschwarzer Marmorkopf ein beredtes Zeugnis ablegte.
    »Ich hatte gehofft, du hättest das Ding vergessen«, sagte er.
    Wieder lachte sie. »Das kannst du nicht ernsthaft erwartet haben. Es ist meine beste Arbeit.«
    »Vielleicht sollte ich dankbar sein, dass du nicht den Wunsch hattest, mich im Ganzen und nackt zu skulptieren.«
    Sie lächelte ihn schelmisch an. Vor einem Jahr waren sie nach England gereist, um auf einigen seiner ererbten Besitzungen nach dem Rechten zu sehen. Wie immer, wenn sie in England waren, hatten sie in Sherbourne Hall logiert, wo die beeindruckende Statue eines nackten Mannes stand. Alisdair hatte das intensive Interesse seiner Frau an der bildhauerischen Technik

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