Geliebter Rebell
der sich rumzerren lässt. Wir gehen später zu ihm. Und benimm dich ordentlich.«
»Tu ich doch immer. Was soll das überhaupt?«
Die Musik verstummte, die Paare verließen die Tanzfläche.
»Das ist das Ende vom Lied.« Geoff lachte. »So und jetzt…« Er verstummte, als er bemerkte, dass Gayle zum Tisch hinüberstarrte. Der Mann war aufgestanden, lehnte an der Wand und sah ihr direkt in die Augen, über den Raum hinweg. Durch die Menschenmenge. Trotz der Entfernung spürte sie die Macht seines Blicks, der in die Tiefen ihrer Seele zu dringen schien.
Er war größer als Chad und Geoffrey. Im schwachen Licht des Lokals schimmerte sein dunkles Haar wie Ebenholz, wie eine pechschwarze Nacht. Im Gegensatz zu den anderen Männern, die dreiteilige Anzüge trugen, hatte er Jeans an, mit passendem Hemd und einer beigen Sportjacke, die seine breiten Schultern betonte. Dichte, wohlgeformte Brauen überwölbten die braunen Augen. Er besaß ein markantes, gutgeschnittenes Gesicht mit eigenwilligem Kinn, hohen Wangenknochen, langer, gerader Nase und vollen, sinnlichen Lippen. Gayle schätzte ihn auf Mitte Dreißig, und sie fand ihn geradezu umwerfend attraktiv, auf sehr männliche Art. Er lächelte nicht, schaute sie nur an wie ein Porträt, ein Kunstwerk, dessen Wert sorgfältig beurteilt werden musste.
Merkwürdig – sie gewann den Eindruck, er hätte sehr, sehr lange gewartet, um sie zu betrachten. Ihre Knie wurden weich, eine heiße Welle durchströmte ihren Körper. Sie wusste, dass sie diesem Mann nie begegnet war, und doch kam er ihr seltsam vertraut vor, und für einen verrückten Moment glaubte sie, ihn schon lange zu kennen.
Nur vage wurde ihr bewusst, dass sie ihn genauso unverblümt anstarrte wie er sie. Nebelschleier schienen sie einzuhüllen, die Sinne drohten ihr zu schwinden. Irgend etwas war geschehen.
Zwischen ihnen beiden.
Sie räusperte sich und packte Geoffreys Anh. »Wer wer ist er?«
»Wen meinst du?« fragte er unschuldig.
»Diesen Mann – deinen Begleiter. Wer ist er, Geoff?«
»Ach, der? Dieser große Bursche?« Er lachte. »Dieser dunkelhaarige, hübsche Typ? Das ist nur der schmuddelige alte Einsiedler, vor dem du dich schon die ganze Zeit fürchtest.«
»Was?«
»Der alte Einsiedler. Brent McCauley höchstpersönlich. Ich glaube, er wartet darauf, dich kennen zulernen.«
Ja – er wartete. Gayle erschauerte und schluckte. Und erstaunlicherweise spürte sie, dass auch sie auf diese Begegnung gewartet hatte – ihr Leben lang.
Kapitel 2
»Wer ist sie?«
Brent hatte Geoffrey diese Frage vor mehreren Minuten gestellt, und sie dröhnte immer noch in seinem Kopf. Heiße Erregung erfasste ihn und nahm ihm den Atem. Ihm war, als hätte er diese Frau schon einmal gesehen, wenn er auch wusste, dass das nicht stimmte. Er hätte sie nicht vergessen. Die Emotionen, die ihr Anblick in ihm weckte, schmerzten beinahe.
Er war unfähig gewesen, mit Chad und Geoff zur Theke zu gehen, hatte sich kaum bewegen können, den exzentrischen Künstler gespielt und betont lässig erklärt »Ich bleibe hier. Wenn Sie wollen, bringen Sie Ihre Freundinnen her.«
Und nun kam sie zu ihm. Hätte er sie schon einmal getroffen, würde er sich ganz sicher an sie erinnern. Sie war mittelgroß und schlank, mit wohlgeformtem Körper. Zuerst hatte er ihr Haar bemerkt, das in üppigen honigblonden Locken auf eine Schulter fiel. Und dann ihr Rücken – lang, biegsam, anmutig… Das schwarze Kleid, das diesen Rücken von der Taille abwärts verdeckte, beleidigte sein Künstlerauge, und er fühlte sich versucht, durch die Menschenmenge auf die Tanzfläche zu stürmen und ihr diese hinderliche Seide vom Leib zu reißen. Natürlich wäre es schwierig gewesen, ihr zu erklären, er würde sie nur im Interesse der Kunst ausziehen. Nie zuvor hatte er eine so elegante, sinnliche Frau gesehen – einfach vollkommen, von den strahlenden Augen bis zum sanften, selbstsicheren Schwung ihrer Hüften. Faszinierend…
Brent redete sich ein, ihr Anblick würde ihn nur deshalb so erregen, weil ihr großartiger Körper den Traum aller Maler darstellte. Sicher, er hatte schon früher gewisse Frauen zu schätzen gewusst. Sein Blut war schon oft in Wallung geraten.
Aber nicht in diesem überwältigenden Maß. Nicht in einer Weise, die alles zum Stillstand brachte – die Zeit, die Musik, sogar den Puls des Lebens.
Und nun schienen Licht und Schatten davon zugleiten, nur weil sie auf ihn zukam, weil ihre Blicke sich trafen und ein
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