Geliebter Unsichtbarer
ihren Kopf heben. Aiden blickte zur Tür, dann wieder zu ihr.
„Jemand kommt. Nicht ein Wort, versprich mir, dass du kein einziges Wort von dir gibst“, befahl er.
Sie nickte automatisch. Als ob sie jetzt irgendetwas sagen könnte, während sie gegen einen Übelkeitsanfall kämpfte, als der metallische Geruch von Blut sich in ihrer Nase breitmachte.
Aiden zog sie beiseite, weg von der Leiche, und sie hatte nicht die Kraft, ihn zu bekämpfen. Mittlerweile hatte ihr Gehirn irgendwie kapiert, dass er ihr nicht wehtun würde, obwohl sie wusste, dass sie ihm nicht vollständig vertrauen konnte und ihm nie verraten durfte, dass es noch eine Kopie ihrer Forschungsdaten gab.
Er zog sie näher an sich, als plötzlich mehrere Männer in den Raum stürmten. Den ersten erkannte sie sofort: Max. Hinter ihm drängten sich drei andere Männer herein.
„Hier ist es, Herr Kommissar.“ Max deutete auf Pattens Leiche. „Ich habe ihn während meiner Runde gefunden.“
Sie war erleichtert, dass endlich die Polizei gekommen war.
Als zwei der Männer sich neben die Leiche knieten, fuhr der Dicke, den Max angesprochen hatte, fort: „Sind Sie der einzige im Gebäude, Mr. Flanagan?“
Max schüttelte den Kopf. „Nein, Dr. Cruickshank ist auch noch hier . . . Ich sollte besser in ihrem Labor nachschauen, um zu sehen, dass alles in Ordnung ist.“
Warum würde Max in ihrem Labor nachsehen müssen, wenn sie doch hier in Pattens Büro war? Leila öffnete den Mund um zu sprechen, als Aiden seine Hand auf ihren Mund legte, um sie daran zu hindern. Bevor sie protestieren konnte, war sein Mund an ihrem Ohr und sein warmer Atem liebkoste ihre Haut, während er ihr so leise zuflüsterte, dass sie ihn kaum hören konnte: „Gib keinen Laut von dir. Ich werde später alles erklären.“
Verwirrung verengte ihre Stimmbänder. Warum sagten denn Max oder die anderen Männer nichts, wenn sie doch hier war? Und warum wunderten sie sich nicht, dass Aiden ihr den Mund zuhielt? Würde das nicht verdächtig aussehen? Welche Art von Polizeibeamte waren diese Typen denn, dass sie nicht sehen konnten, was direkt vor ihre Nase war?
„Kowalski“, rief einer der Polizeibeamten aus, der neben dem Körper kniete. „Sieht wie ein sauberer Schnitt durch die Kehle aus. Er war vermutlich sofort tot.“
„Das Forensik-Team dürfte jeden Moment hier sein.“ Kowalskis Blick schweifte im Zimmer umher und überflog nur flüchtig die Stelle, wo Leila und Aiden standen, als ob er sie überhaupt nicht bemerkte.
„Heilige Scheiße!“, rief plötzlich der andere Polizist. „Schau dir das an!“ Er deutete auf Pattens Hand.
Kowalski trat näher. „Jesus, Maria und Josef! Der Mörder hat ihm den Daumen abgeschnitten. Was zum Teufel . . . ?“ Dann wandte er sich mit einem fragenden Blick an Max. „Wissen Sie, was das bedeuten könnte?“
Alles Blut wich aus Max‘s Gesicht, als er seinen Magen hielt. Oh, Gott, wenn er sich jetzt übergab, würde Leila ihre eigene Übelkeit nicht länger unterdrücken können.
„Oh, Gott, der Safe. In Dr. Cruickshanks Büro ist ein Safe . . . “ Max’s Stimme stotterte und kam dann zum Stillstand.
Aidens Mund war erneut an ihrem Ohr. „Lass uns gehen.“
Er zerrte sie zur Tür und die abrupte Bewegung brachte sie zum Stolpern.
„Habt ihr das gehört?“, fragte Kowalski.
„Was gehört?“, antwortete einer der Polizisten.
Kowalski rieb sich den Nacken. „Nichts. Also, Sie haben etwas von einem Safe gesagt . . . “
Aiden führte sie nach draußen, und die Stimmen wurden immer leiser, als sie den Flur entlang gingen.
„Wo ist die Treppe?“, flüsterte er.
Sie deutete mit ihrem Kopf in deren Richtung. Als sie eine Tür erreichten, öffnete er sie und schob sie hinaus, bevor er sie leise hinter sich schloss.
Betäubt von Verwirrung, Schrecken und Übelkeit ließ sie sich über die Stufen nach unten ziehen, während der Klang ihrer Tennisschuhe im Treppenhaus widerhallte. Das Geräusch war unheimlich und verstärkte nur noch ihr Gefühl der Verzweiflung.
In der Zeitspanne von ein paar Stunden war ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt worden: Ihre Wohnung war abgebrannt, ihr Glaube an die Ordnung dieser Welt war erschüttert, ihre Forschung fast zerstört und ihr Chef ermordet worden. Sie wusste nicht, ob sie noch mehr aushalten konnte. Aber irgendwie wusste sie, dass das Schlimme noch nicht vorbei war.
Und warum hatten die Polizeibeamten oder Max sie nicht gesehen, wo sie doch im selben Raum
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