Geliebtes Landleben
mein Schlafzimmer. Ich hatte keine Zeit, um dem erleichternden Lachkrampf nachzugeben, den ich kommen spürte, sondern ich ging auf meinen Gast zu, um ihn so schnell wie möglich zu verabschieden. Tony folgte mir mit roten Backen und glänzenden Augen, in denen hysterische Tränen standen. Als wir bei ihnen ankamen, hörte ich Claudias klagende Stimme.
»Weißt du, Paul, irgend etwas stimmt mit meinen Augen nicht. Ich muß einen Augenarzt aufsuchen, wenn ich nach Hause komme. Eben glaubte ich, einen grauen Hund auf eurem Rasen zu sehen, und er schien ins Haus zu verschwinden. Ist natürlich lächerlich. Du duldest doch keine Hunde im Haus, Susan?«
Ich murmelte: »Nein, normalerweise nicht, aber... « und Tony schnitt mir schnell das Wort ab: »Der arme alte Rough hat alle Vorschriften mißachtet. Er hat sich vor irgend etwas erschreckt und ist direkt ins Haus geschossen.«
Ich warf ihr einen erschreckten und tadelnden Blick zu, aber sie guckte mich gütig und entschuldigend an. Claudia zuckte die Achseln und sagte: »Na ja, wenigstens kann ich bis zur Straße sehen. Da steht ein Auto mitten in den Bäumen. Wahrscheinlich ein Liebespaar, das um seinen Ruf völlig unbesorgt ist. Wirklich, so manche Leute...« Tony sagte schnell: »Schrecklich, nicht wahr?... Möchtest du, daß ich deinen Koffer ’rausbringe, Mutter?«
»Danke, Antonia, aber vielleicht sehe ich besser noch einmal nach, ob ich etwas vergessen habe. Ich finde es immer unzumutbar, vom Gastgeber zu erwarten, daß er einem die Sachen nachschickt.«
Ich freute mich bei dem Gedanken, daß auch Claudia etwas vergessen konnte, fuhr jedoch vor Schreck zusammen, als sie weitersprach: »Susan, ich habe meine Tasche doch nicht in dem Zimmer ’runtergebracht, oder? Ich habe mich kurz vor dem Essen mit dir unterhalten, und ich glaube, ich hatte sie in der Hand«, aber wieder griff Tony ein: »Nein, Mutter, sie steht hier auf dem Tisch in der Halle. Du bist nicht wie Susan, die ihre Sachen immer verstreut und sie dann verliert.« Das machte mich wütend, denn es war Tonys Angewohnheit und nicht meine. Ich bin nicht vergeßlich. Als ich das später zu Tony sagte, entschuldigte sie sich: »Ich weiß, mein Schatz, aber ich hätte alles getan, um sie aus dem Haus zu kriegen. Ich hatte Angst, Vater würde jeden Moment niesen, so mußte ich dich opfern.«
Schließlich verabschiedeten wir uns von ihr, und vor lauter Erleichterung redeten wir zuviel. Sogar Paul forderte sie herzlich auf wiederzukommen, und Tony wiederholte ihr Versprechen, sie bald zu besuchen. Wir winkten, bis sie um die Ecke bog, und dann sank ich erschöpft auf die Stufen, und Paul sagte kühl: »Ich vermute, das war Alister, der über den Rasen kroch. Wirklich, ich weiß nicht, was ihr als nächstes im Schilde führt.« Das war ausgesprochen ungerecht, wie ich ihm ziemlich entrüstet sagte.
»Ja, Paul, es war Vater. Er versteckt sich in eurem Schlafzimmer. Ich konnte ihn nicht zurückhalten, als er anrief, weil die Verbindung zusammengebrochen ist. Susan und ich, wir sind beinahe gestorben.«
»Ich war selbst nicht allzu glücklich. Dem Himmel sei Dank, daß Claudia zu eitel ist, um eine Brille zu tragen. Sie kann schon in fünf Meter Entfernung nichts mehr erkennen.«
Der einzig völlig ruhige Mensch war Alister, der auf meinem Bett saß und eine Zigarette rauchte. Er dankte mir gebührend für meine Hilfe, als wäre ich bei der ganzen Angelegenheit ein bereitwilliger Kumpel gewesen, aber ich sagte wütend: »Wie dumm du dich angestellt hast! Als ob sich zwei Menschen nach der Scheidung nicht freundschaftlich begegnen könnten! Ich hatte gedacht, du wärst ein Mann von Welt, Alister.«
Er lächelte mich liebevoll an. »Oh, ich zittere, wenn ich Claudia nur sehe.« Dann sagte er ernster: »Nein, es ist wegen des Kindes. Sie hat etwas dagegen, daß wir uns treffen — und du weißt, wie gut sie einen überreden kann.«
»Ich glaube, dir hat es trotzdem Spaß gemacht... Wir wollen es vergessen... Wie lange kannst du bleiben, und willst du Tony mitnehmen? Ich glaube, man könnte sie entbehren. Im Moment geht es ruhig zu, und sie hat Miranda sehr gut trainiert.«
»Gut. Erst würde ich gerne ein paar Tage mit euch zusammensein. Es ist eine ziemlich anstrengende Reise, und ich liebe das Hinterland.« Paul, der in diesem Augenblick hereinkam, sah versöhnlich aus, obwohl ihm nicht viel an Alister lag. Ich glaube, er empfand so etwas wie Familientreue, denn er hatte sich Claudia gegenüber schlecht
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