Geliehene Träume ROTE LATERNE - Band 5 (Rote Laterne Roman) (German Edition)
genau, dass sie mich erkannt hat!«
»Abstreiten!«, schlug Lilly vor. »Du musst einfach alles abstreiten. Mach 'ne Schreierei, mach 'nen Skandal, dann wird die Tante schon den Rand halten.«
»Und wo ist sie jetzt?«
»Immer noch in der Bar!«
»Und Eleonore?«
»Auch in der Bar!«
»Bist du wahnsinnig!«, stöhnte Lilly. »Du kannst doch die Frauen nicht allein lassen! Wenn die ins Gespräch kommen, dann kracht's! Geh unbedingt zurück und kümmere dich um deine runde Gönnerin.«
»Und die andere?«
»Wie ich schon gesagt habe, du musst es abstreiten. Ich geh' jetzt erst mal in die Cafeteria. Ich brauch' 'nen ordentlichen Mokka. Die ganze Geschichte wird mir langsam unheimlich.«
»Du meinst, es wird dir zu heiß unter dem Hintern, nicht wahr?«
»So ungefähr«, sagte Lilly. »Tschüs, bis dann!«
Damit ging sie.
Ronny blieb noch einen Augenblick stehen. Dann folgte er Lilly.
»Du, sag deinem Mario, dass die Chose heute Abend steigt. Ich werde mit Eleonore in die Tanzbar gehen, die auf dem Oberdeck liegt. Zwischen neun und elf hat er freie Hand, hörst du? Falls wir doch auffliegen sollten, haben wir dann wenigstens etwas.«
»Das ist äußerst vernünftig von dir«, meinte Lilly.
Wenig später betrat Ronny wieder die Bar. Eleonore saß allein und verlassen in ihrem Eck. Die Dame, die Ronny vorhin angesprochen hatte, lehnte an der Bar. Als Ronny eintrat, warf sie ihm einen glutvollen Blick zu und hob ihm ihr Glas entgegen. Ronny ging wortlos an ihr vorbei. Da hielt sie ihn am Arm fest.
»Ist die Dicke deine neueste Errungenschaft, mein Süßer?«
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden, gnädige Frau«, sagte Ronny.
»Du bist nicht immer so elegant«, bemerkte sie und ließ seinen Arm los.
»Was wollte diese Frau von dir, Herzchen?«, fragte Eleonore kurz darauf. Eifersucht klang aus ihrer Stimme. »Ich liebe es nicht, wenn du mit fremden Frauen sprichst. Du hast mir die Treue versprochen.«
»Aber gewiss bin ich dir treu«, erklärte Ronny, und er fühlte sich plötzlich vollkommen lächerlich. Eleonore tätschelte seinen Arm.
»Du weißt doch«, säuselte sie, »dass du alles, aber auch alles von mir haben kannst.«
Nun machte er ihr ein Kompliment nach dem anderen.
Die Dame stand immer noch an der Bar und ließ Ronny nicht aus den Augen.
»Eleonore«, sagte Ronny nach einer Weile. »Ich habe gedacht, dass wir heute Abend zum Tanzen gehen könnten.«
»Wundervoll!«, rief sie theatralisch aus. »Ich beneide dich um deine herrlichen Ideen, mein Lieber! Dann werde ich mir aber etwas anderes anziehen müssen.«
»Darf ich dich begleiten?«
»Aber ich bitte darum!«, hauchte sie und ließ sich von ihm aus dem Sessel ziehen. Gemeinsam verließen sie die Bar. Ronny bemerkte sehr gut, dass ihm hämische und teils spöttische Blicke folgten. Obwohl er nicht gerade zart besaitet war, wäre er nun am liebsten im Erdboden versunken. Er war heilfroh, als sie Eleonores Kabine erreichten.
»Ein Küsschen, bevor ich mich umziehe«, bat sie und streckte ihm den gespitzen, rotgeschminkten Mund entgegen. Ronny drückte einen Kuss darauf. Als sie sich umdrehte, schüttelte er sich.
Eleonores Kabine bestand aus zwei Räumen. Sie pflegte sich im Schlafzimmer umzuziehen und verschwand nun hinter der Tür.
»Bis gleich, mein Liebling«, hatte sie noch gesäuselt. Ronald Steinbach atmete erleichtert auf. Dann ging er rasch zum Fenster, löste den Hebel und prüfte, ob das Fenster sich öffnen ließ. Dann lehnte er es wieder an und zog die Gardine vor.
Eleonore brauchte eine Viertelstunde, bis sie zurückkehrte. Sie trug ein Kleid von abscheulichstem Lila. Von der gleichen Farbe waren Lidschatten und Lippenstift.
»Nun, wie gefalle ich dir?«
»Bezaubernd«, sagte Ronny, doch er fand sie verheerend. Aber was blieb ihm übrig?
»Können wir gehen?«
»Gewiss, gewiss«, versicherte sie. Sie mussten nacheinander zur Kabinentür hinaus, denn nebeneinander hatten sie keinen Platz. In der lauschigen, kleinen Tanzbar auf dem Oberdeck fanden sie beide noch einen Tisch.
Sie saßen noch nicht zehn Minuten, als Ronny mit den Zähnen knirschte.
»Dieses verfluchte Weib!«, zischte er.
»Was sagst du, mein Liebling?«, fragte Eleonore.
»Nichts, nichts«, meinte er rasch. Er wurde zusehends nervöser, bekam feuchte Hände, und ihm wurde heiß und kalt. Zwei Stunden musste er es hier aushalten und warten, bis Mario sich der Juwelen von Eleonore de Gardibaldi bemächtigt hatte. Immer wieder flog sein Blick zu der
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