Geliehene Träume ROTE LATERNE - Band 5 (Rote Laterne Roman) (German Edition)
erfunden, so wie Sie Ihre Geschichte erfunden haben. Ein Ganove hat also versucht, den anderen hereinzulegen. Ist das nicht lustig?«
Da musste Lilly unwillkürlich kichern.
»Gerissen ist er schon, das muss man ihm lassen«, bemerkte sie. »Aber dem werde ich etwas erzählen!«
»Das sollten Sie besser bleiben lassen, Lilly. Haben Sie sich schon Gedanken darüber gemacht, wie Sie ihm. oder besser gesagt mir das Geld zurückgeben wollen? Sehen Sie, wir sind nämlich pleite, und es tut sich auch gar nicht viel. Ich weiß nicht, ob Sie sich unsere Situation vorstellen können.«
»Das kann ich sehr gut«, antwortete Lilly. »Mir geht es ja nicht viel anders. Da, auf dem Tisch liegt das Geld. Sie können es nehmen.«
»Wo, um alles in der Welt, haben Sie denn das her? Wen haben Sie denn da wieder beklaut?«
»Ich bestehle keine Leute!«, empörte sich Lilly.
»Dann will ich mich gnädiger ausdrücken. Wem haben Sie es denn abgeschwindelt, Lilly? Kommen Sie, Sie machen mir doch nichts vor. Ich weiß, dass Sie in Hamburg auf den Strich gehen. Ich habe auch dort gearbeitet. Aber das ist schon 'ne Weile her.«
»Sie sind von der Straße?«, fragte Lilly.
»Ja, wir sind Kolleginnen, das ist schlicht und ergreifend alles.«
»Ist Mario Ihr Lude?«
»Nein, nein!«, rief Anja lachend. »Dazu ist der Junge viel zu weich. Wir haben seinerzeit in Rom, als ich so richtig im Sand war, 'ne Art Notgemeinschaft gegründet. Ich gebe zu, am Anfang war da etwas zwischen mir und Mario. Aber wir passen ganz einfach nicht zusammen. Ich habe das jetzt erkannt. Sie hätten wohl viel besser zu ihm gepasst. Aber was er braucht, ist 'ne reiche Frau.«
»Damit kann ich leider nicht dienen«, entgegnete Lilly.
»Dann sollten wir uns wenigstens anderweitig zusammentun. Wir könnten doch zusammenarbeiten - Sie, Mario und ich.«
»Das sind ja ganz neue Töne!«
»Kommen Sie, ich lade Sie auf 'nen Drink ein. Wir gehen rüber in die Bar. Dort werde ich Ihnen alles erklären.«
Lilly zögerte.
»Nun gut, dann«, meinte sie. »Jetzt ist ohnehin schon alles egal.«
In der Bar nahmen sie in einer Ecke Platz, in der man sie nicht belauschen konnte.
Anja bestellte zwei Cocktails. Dann hob sie Lilly ihr Glas entgegen.
»Wir sollten auf du und du trinken. Ich finde es unpassend, dass wir uns siezen, wo wir doch Kolleginnen sind. Also, Lilly, gib deinem Herzen einen Stoß und vergib mir gnädigst, dass ich dich reingelegt habe. Aber du wirst einsehen, dass es sein musste, sonst hätte euer Katz-und-Maus-Spiel ja sicher mit einer mittleren Katastrophe geendet - oder etwa nicht?«
»Vielleicht hast du recht«, sagte Lilly tiefsinnig und starrte in ihr Glas. »Okay, trinken wir auf du und du.«
Leise klangen die Gläser, als sie anstießen.
»So, vielleicht erzählst du mir jetzt einmal, welcher Natur eure Geschäfte sind«, bat Lilly.
»Wir machen das gleiche wie du und dein angeblicher Bruder. Auch über ihn habe ich mich erkundigt. Der Junge sieht gut aus, aber er macht nichts aus sich. Aber das steht ja auf einem anderen Blatt. Ich persönlich habe zur Zeit auch 'ne schreckliche Pechsträhne. Hier an Bord läuft ganz einfach nichts herum, was mich zu einem Angelspiel reizen würde. Mario wollte an die Gardibaldi rangehen. Aber an der klebt ja bereits dein Ronny. Hoffentlich ist er wenigstens erfolgreich.«
Lilly neigte sich ein wenig vor.
»Du«, sagte sie kichernd, »dieser Fleischberg hat Ronny nach dem Ball tausend Dollar gegeben!«
Anja riß die Augen auf.
»Tausend Dollar? Dafür hat er aber auch ...?«
»Hat er«, sagte Lilly. »Und wie man sieht, hat er es auch überlebt.«
»Die Gardibaldi hat 'ne Menge wertvollen Schmuck bei sich. Mario hat sich mal auf so etwas spezialisiert.«
»Schmuckdiebstahl?«, stammelte Lilly.
»Sieh das nicht so krass«, meinte Anja. »Die Gardibaldi hat so viel von den Klunkern, dass sie überhaupt nicht weiß, wieviel sie eigentlich besitzt. Wenn das eine oder andere gute Stück verschwindet, dann merkt die das mit Sicherheit nicht. Weißt du, wenn wir hier ein bisschen zusammenarbeiten würden, dann ginge es uns beim nächsten Landgang vielleicht schon besser.«
»Also, ich weiß nicht...«, sagte Lilly zögernd. »Ich bin zwar 'ne Nutte, aber beklaut habe ich noch keinen.«
»Du sollst es ja auch gar nicht tun. Dafür sorgt Mario schon. Er findet dieses Glitzerzeug unwiderstehlich, und wenn Ronny ein bisschen mithilft, dann gibt's auch leicht 'nen Weg, an die Juwelen dieser Tante
Weitere Kostenlose Bücher