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Gelinkt

Gelinkt

Titel: Gelinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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stellte man sie vor ein Erschießungskommando. Andererseits mußte man diese Zerstörung eines Menschen – sowie vielleicht einiger seiner Angehörigen – abwägen gegen das, was mit einem solchen Coup zu erreichen war. Es ging um den Nutzen für die Gesellschaft im allgemeinen. Man kämpft schließlich gegen ein System, das Hunderttausende in Arbeitslagern vernichtete, für das Folter zu den normalen Methoden des Polizeiverhörs gehörte, das Dissidenten in die Irrenhäuser schickte. Man durfte sich nicht gestatten, allzu zartfühlend zu sein, wenn so viel auf dem Spiel stand.
    Bret Rensselaer schloß die Tür, die sein Waschbecken verbarg, ging ans Fenster und sah hinaus. Trotz des Dunstschleiers war von hier aus alles gut zu erkennen: der gotische spitze Turm des Westminsterpalastes, der Glockenturm von St. Martin’s in the Fields, Nelson, der auf der Höhe seiner Säule nach wie vor Balance hielt. Es war ein einheitliches Ganzes. Selbst der unpassende Wolkenkratzer des Postamts würde, wenn er erst mal die Patina von ungefähr hundert Jahren hätte, sich dem Bilde einfügen. Bret drückte das Gesicht an die Scheibe, um Wrens Kuppel von St. Pauls’s sehen zu können. Vom Zimmer des Generaldirektors hatte man eine schöne Aussicht nach Norden. Bret beneidete seinen Chef darum. Eines Tages würde er vielleicht in dessen Zimmer einziehen. Nikki hatte ihre Witze darüber gerissen, und er hatte so getan, als würde er darüber lachen, aber er hatte dabei die Hoffnung nicht aufgegeben, daß er eines Tages …
    Dann fielen ihm die Notizen ein, die er für sein Projekt gemacht hatte. Und es kam ihm eine großartige Idee. Jetzt, da er mehr Zeit zur Verfügung hatte und einen Stab von Wirtschaftswissenschaftlern und Analytikern, würde er das ganze Material auf den neuesten Stand bringen. Karten, Statistiken, Diagramme, Kurvenblätter und leichtverständliche

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    Auflistungen, die sogar dem Generaldirektor einleuchten würden, konnte man ohne weiteres vom Computer herstellen lassen. Warum war ihm das nicht eher eingefallen? Besten Dank, Nikki.
    Und das brachte ihn zu seiner Frau zurück. Wieder ermahnte er sich zur Standhaftigkeit. Sie hatte ihn verlassen. Es war alles vorbei. Er redete sich ein, er hätte es schon seit Jahren kommen sehen, tatsächlich war er ganz ahnungslos gewesen. Er hatte immer vorausgesetzt, daß Nikki sich mit all den Dingen, über die sie klagte, abfinden würde – wie er sich ja auch mit ihr abfand –, um der Ehe willen. Sie würde ihm fehlen, das war nicht zu leugnen, aber er schwor sich, ihr nicht nachzulaufen.
    Es war einfach nicht fair. Nicht einmal war er ihr untreu gewesen während der ganzen Zeit ihrer Ehe. Er seufzte. Jetzt mußte er also wieder ganz von vorn anfangen: Verabredungen, den Hof machen, Schmeicheleien, Überredungskünste, Einladungen, wenn irgendwo ein Tischherr fehlte. Er würde sich daran gewöhnen müssen, damit fertig zu werden, daß jüngere Frauen seine Einladungen zum Essen ausschlügen.
    Zurückweisungen zu ertragen war nie seine Stärke gewesen. Es war alles wirklich zu scheußlich. Vielleicht konnte er seine Sekretärin bitten, an einem Abend in der nächsten Woche mit ihm zu essen. Sie hatte ihm erzählt, daß mit ihrem Verlobten alles aus sei. Er setzte sich hinter seinen Schreibtisch und nahm irgendwelche Akten zur Hand, aber die Wörter verschwammen vor seinen Augen, und seine Gedanken gingen zurück zu Nikki. Wie hatte der Zusammenbruch ihrer Ehe angefangen?
    Was war schiefgelaufen? Wie hatte Nikki ihn genannt? Einen rücksichtslosen Bastard? Dabei war sie ruhig und überlegt gewesen, das war’s, was ihn wirklich aus der Fassung gebracht hatte. Jetzt, da er die Szene noch einmal überdachte, redete er sich ein, daß die Ruhe und Überlegung seiner Frau nur vorgetäuscht gewesen seien. Rücksichtsloser Bastard? Er sagte sich, daß Frauen eben dazu neigen, die absurdesten Sachen zu

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    behaupten, wenn sie vor Wut die Fassung verlieren. Das half.

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2
    Ostdeutschland, Januar 1978
    »Bring mir den Spiegel«, sagte Max Busby. Der krächzende Ton war unbeabsichtigt. Bernard Samson holte den Spiegel und stellte ihn auf den Tisch, so daß Max seinen Arm betrachten konnte, ohne ihn verdrehen zu müssen. »Jetzt nimm den Verband ab«, sagte Max. Der Ärmel seines schmutzigen alten Hemds war bis zur Schulter abgerissen. Jetzt wickelte Bernard den Verband ab, pellte zuletzt auch die mit Eiter und getrocknetem Blut verklebte Wundauflage los. Deren

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