Gelinkt
zu melodramatisch. Er musterte Silas und fragte sich, ob diese kleine Rede, mit anderen Namen, nicht schon sehr oft gehalten worden war, wie man auch Briefe mit gleichem Wortlaut an die Angehörigen schrieb, wenn das Unerwartete eintraf. Er fand keine Antwort. Er nickte. »Als die Sache aufs Tapet kam, war ich dafür, den Ehemann ins Vertrauen zu ziehen.«
»Ich weiß das. Aber seine Unwissenheit ist sehr nützlich für uns und für seine Frau auch. Sie hatte damit einen guten Start.
Weiterkommen muß sie nun selbst.« Silas ließ voll Besitzerstolz seine Blicke schweifen und zertrat einen Erdklumpen mit der Spitze seines schweren Stiefels. Es war
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guter, fruchtbarer Boden, dunkel und humusreich.
Bret öffnete seine geborgte Windjacke und tastete nach einem Bündel Computerausdrucke, um sicherzugehen, daß er sie während seines Spaziergangs nicht verloren hatte.
Es war heiß im Garten, alles war still und schwieg im Schutz der hohen Mauer. Dies war für den Gärtner der Höhepunkt des Jahres. Überall wehendes Grün, aber nur allzu bald würde der Sommer vorüber sein, die Blätter verwelkt, die Erde kalt und hart. »Sehen Sie sich nur diese Mohrrüben an«, sagte Silas. Er beugte sich nieder, um ein Büschel gefiederter Blätter zu packen. Für einen Augenblick schien er die Möhren ausreißen zu wollen, überlegte sich’s dann aber anders und ließ die Blätter los. »Mohrrüben sind heikel«, sagte Silas. »Sie werden reif, und dann muß man sich entscheiden, ob man sie ziehen und lagern oder in der Erde haben will.« Bret nickte.
»Wenn man sie in der Erde läßt, kriegt man süßere Mohrrüben, kommt aber ein strenger Frost, ist man sie los.« Er fand eine kleine Mohrrübe und zog sie aus der Erde. Sie war klein und dünn, aber von schöner Farbe. »Andererseits, wenn man sie zieht, kann man sicher sein, daß keine Würmer und Schnecken drangekommen sind. Verstehen Sie, was ich meine, Bret?«
»Wie bestimmen Sie also die richtige Zeit, sie zu ziehen?«
»Ich hole Rat ein«, sagte Silas. »Ich rede mit Experten.«
Bret beschloß, der Tragweite dieser Bauern Weisheit keine Beachtung zu schenken, sondern zum Thema Bernard Samson zurückzukehren. »Nachdem die Entscheidung getroffen war, hätte man ihn besser aus der Operationsabteilung herausnehmen sollen. Er ist verdammt scharf darauf zu erfahren, was da eigentlich gelaufen ist.«
»Das versteht sich doch von selbst«, sagte Silas. »Er spioniert herum und stellt Fragen. Aus diesem Grund und noch aus ein paar anderen war Samson nicht der Mann, den man hätte nach Mexico City oder sonstwohin schicken sollen, um
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mit einem potentiellen Überläufer vom KGB zu sprechen.«
»Warum?« fragte Silas spöttisch. »Weil er nicht auf der Universität war?«
»Dieser KGB-Mann, Stinnes, wird – was immer nun seine Motive und Absichten sein mögen – jedenfalls jemand mit Oxford- oder Cambridge-Erziehung erwarten. Daß wir ihm so einen proletarischen Typen wie Samson schicken, wird ihm das Gefühl geben, nicht wichtig genommen zu werden.«
»Sie sind wirklich mit Hingebung anglophil, Bret. Nehmen Sie das nicht als Beleidigung, im Gegenteil, ich finde es hocherfreulich. Nur, manchmal verführt Sie diese Liebe zu einem übertriebenen Respekt unserer alten britischen Institutionen.«
Bret straffte sich. »Ich habe immer zu Samson gehalten, selbst wenn er am störrischsten war. Aber Oxford oder Cambridge ziehen die ehrgeizigsten Studenten an und werden deshalb dem Department immer die besten Rekruten liefern.
Ich möchte den Tag nicht erleben, an dem man diesbezüglich anderer Meinung wird.«
Silas fuhr liebevoll mit der Hand über die Freilandtomaten.
Eine davon, ausgewachsen und tiefrot, pflückte er und wog sie in der Hand. »Oxford und Cambridge bieten ausgezeichnete Gelegenheit, was zu lernen, keine bessere freilich, als jeder lernwillige Student sie in einer erstklassigen Bibliothek finden kann. Aber eine Oxbridge-Erziehung kann deren Absolventen das Gefühl geben, einer privilegierten Elite anzugehören, die dazu berufen ist, zu führen und Entscheidungen zu fällen, die geringeren Wesen dann aufgenötigt werden. Ein derartiges Elitebewußtsein muß notwendig Erwartungen nähren, die oft nicht erfüllt werden. Deshalb hat Oxbridge unserem Lande nicht nur die bemerkenswertesten Politiker und Beamten beschert, sondern auch seine erbittertsten Verräter.« Silas lächelte traurig, als hätten diese Verräter ihm einen längst vergebenen
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