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Gelinkt

Gelinkt

Titel: Gelinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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und halbvergessenen schlechten Streich gespielt.

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    »Elite?« sagte Bret. »Sie können lange suchen, bis Sie jemanden finden, der so arrogant ist wie Bernard Samson!«
    »Bernards Arroganz gründet auf Eigenschaften, die er aus sich selbst hat: eine gewisse Vitalität, Kraft und ein anscheinend unerschöpflicher Vorrat an Mut. Unsere großen Universitäten werden nie imstande sein, innere Kraft zu verleihen, das kann niemand. Was Lehrer vermitteln, wird immer der Person übergestülpt, die bereits existiert. Die Erziehung ist ein Panzer, ein Mantel, den man der Seele überwirft; ein Schutz, eine Färbung oder etwas, worin sie sich verstecken kann.«
    Um die Unterhaltung auf eine mehr praktische Ebene zurückzuleiten, sagte Bret: »Und Samson trinkt zuviel.«
    »Das ist ziemlich hart«, sagte Silas. »Von dem Vorwurf sind, wenn wir ehrlich sein wollen, die wenigsten von uns freizusprechen.« Silas nahm ein Taschenmesser und schnitt die Tomate durch und betrachtete sie, bevor er hineinbiß.
    »Sie haben natürlich recht«, sagte Bret ehrerbietig und fügte hinzu: »Bedenken Sie bitte, daß ich Samson als Leiter der Deutschland-Abteilung vorgeschlagen habe.«
    Silas schluckte das Stück Tomate, aber etwas von dem Saft tröpfelte ihm übers Kinn. Er wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab und sagte: »Das haben Sie allerdings. Aber Sie haben es nicht nachdrücklich und konsequent genug getan, um ihm den Posten zu beschaffen.«
    »Ich habe Artikel 5 vertreten«, sagte Bret. Er beschloß, nicht zu erklären, daß es dafür gute Gründe gegeben hatte. Dies würde zuviel Zeit in Anspruch nehmen. »Aber streiten wir uns nicht. Samson und Cruyer sind beide in Mexiko. Von dieser Sache hängt eine Menge ab. Eine unbedachte Bewegung könnte uns schwer ins Schleudern bringen.«
    »Ja, wir müssen sehr vorsichtig vorgehen«, sagte Silas.
    »Wir haben die Frau im Osten untergebracht und können nur hoffen, daß alles gut läuft für sie. Noch kein Kontakt?« Er bot

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    Bret die verbliebene Hälfte der Tomate an, aber Bret schüttelte den Kopf. Silas warf die Tomate auf den Abfallhaufen.
    »Nein, Silas, kein Kontakt. Ich lasse sie so lange wie möglich in Ruhe. In diesem Stadium handelt sich’s ja nicht hauptsächlich um eine Operation zum Zweck der
    Nachrichtenbeschaffung. Ich glaube, dieser Meinung sind auch Sie und der D.G. Darauf haben wir uns gleich zu Anfang geeinigt.«
    »Ja, Bret, das haben wir. Sie wird schon so genügend Probleme haben.«
    »Fürs erste wollen wir ihren neuen Herren Zeit geben, das Material zu verdauen, das sie ihnen liefert.« Bret war ruhelos umhergewandert und hatte sich wiederholt umgesehen, um sich zu vergewissern, daß niemand sie beobachtete oder belauschte.
    Nun sah er Silas fest an. »Aber in nicht allzu ferner Zukunft müssen wir den Sowjets irgendeine wirklich solide Bestätigung von Mrs. Samsons sozialistischer Gesinnung zukommen lassen. Es läuft gut, aber wir müssen den Erfolg ausbeuten und verstärken.« Die letzten Worte sprach er voll Eifer. Silas sah Bret ausdruckslos an. Die Worte, die Bret betont hatte, waren ein Axiom, wie man es in den Werken von Sun-Tzu, Vegetius, Napoleon oder einem anderen derartigen Bösewicht finden konnte. Silas glaubte nicht, daß solche Lehren Wahrheiten enthielten, die in irgendeiner Weise für das Spionagehandwerk in Frage kamen, fand aber, dies sei nicht der richtige Augenblick, deswegen eine Auseinandersetzung mit Bret anzufangen.
    Da er meinte, Silas habe ihn nicht gehört, wiederholte Bret:
    »Wir müssen den Erfolg ausbeuten und verstärken.« Silas sah ihn an und nickte. Ungeachtet der ihm eigenen eisigen Persönlichkeit, hatte Bret sich eine gewisse knabenhafte Begeisterungsfähigkeit bewahrt, eine bei Amerikanern aller Schichten freilich nicht ungewöhnliche Qualität. Bret verband sie mit einer weiteren amerikanischen Eigentümlichkeit: dem

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    selbstgerechten Eifer des Kreuzfahrers. Silas hatte sich ihn immer als Kreuzritter vorgestellt: handgewebte Seide unter der schweren Rüstung, auf dem Marsch durch die Wüste unter dem Kreuzbanner. Streng und berechnend hätte Bret einen unschlagbaren Richard Löwenherz abgegeben oder einen gleichermaßen überzeugenden Saladin.
    Silas sagte: »Ich hoffe, Sie denken nicht an etwas Kostspieliges, Bret. Neulich habe ich abends ausgerechnet, daß die Code- und Chiffreänderungen und so fort, die der D.G.
    angeordnet hat, als Mrs. Samson nach drüben gegangen war, das Department

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