Gelöscht (German Edition)
sich eine der braunen Flaschen aus dem Kühlschrank, dann setzt er sich wieder.
»Ja, ich kannte ihn. Er war ein Freund von mir«, antwortet er tonlos, während er die Flasche öffnet.
»War er mein … Bruder?«
Mac zuckt mit den Schultern und nimmt einen Schluck aus seiner Flasche.
»Kommt darauf an, wie man es betrachtet, schätze ich. Er war der Sohn der Mutter, die du jetzt hast.«
Die Mutter, die ich jetzt habe.
Nicht meine wirkliche. Interessante Sichtweise, aber alle anderen bestehen darauf, dass sie meine
Mum
ist.
Ich öffne den Mund, um ihn nach Robert zu fragen, aber er hebt die Hand. »Das sind erst mal genug Fragen von dir. Jetzt musst du
mir
mal ein paar Dinge erklären. Warum hast du dich nach Robby erkundigt?«
Ich sehe ihn an, plötzlich überhaupt nicht mehr müde, sondern ängstlich. Robby, nicht Robert: Es gab ihn
wirklich
, er war ein echter Mensch. Irgendwie weiß ich, dass all das gefährliche Themen sind. Warum habe ich damit angefangen?
»Es ist in Ordnung«, sagt er. »Erzähl’s mir.«
Mac hat irgendetwas an sich, das mich denken lässt
Ich vertraue dir.
Also beginne ich zu sprechen und wundere mich selbst über meine Offenheit. Ich berichte ihm, wie sehr ich von dem Mahnmal angezogen wurde und nicht aufhören konnte, an alle diese Schüler zu denken, die erst 15 oder 16 waren und in dem Bus gestorben sind. Und dass ich einen Albtraum hatte deswegen und dann den Namen entdeckt habe, aber nicht genau wusste, wer er war: Robert Armstrong.
»Du, junge Dame, bist ein äußerst interessantes Wesen«, sagt Mac.
»Ich bin kein Wesen!«
Er lacht. »Sorry, du bist geslated, aber im Gegensatz zu dem hirnlosen Häschen, das Jazz gerade auf irgendeinem Feld einzufangen versucht, scheinst du durchaus deinen eigenen Kopf zu haben.«
»Amy ist nicht hirnlos! Und sie ist nicht … äh …« Ich weiß nicht, was ich sagen soll, weil ich keine Ahnung habe, was sie und Jazz gerade treiben. Allerdings habe ich das ungute Gefühl, dass ich jetzt gerade eigentlich auf sie aufpassen sollte.
Mac lacht noch einmal. »Okay, sie ist nicht
dumm,
das meine ich nicht. Sie stellt nur einfach nichts infrage.«
Oh. Da wären wir also wieder bei
Kyla ist anders.
Mac beugt sich auf seinem Stuhl vor, das Lächeln ist verschwunden und er wird todernst. »Aber es gibt etwas sehr Wichtiges, das ich von dir wissen will.«
»Was?«
»Fragen zu stellen, ist die eine Sache. Aber was fängst du mit den Antworten an?«
»Ich schätze mal, ich versuche, mir einige Dinge zusammenzureimen, sie zu verstehen. Nur für mich.«
Er nickt. »Nur für dich – das ist das Allerwichtigste, Kyla. Du musst deine Neugier die meiste Zeit unterdrücken – sei vorsichtig mit deinen Fragen. Und die Antworten darfst du niemals unbedacht mit jemandem teilen. Schaffst du das? Kannst du etwas für dich behalten?«
»Ja, das kann ich.«
Mac lehnt sich in seinem Stuhl zurück, nimmt einen Schluck von seinem Bier. »Dann legen wir mal los. Was willst du wissen?«
Ich schlucke. Einerseits will ich unbedingt wissen, was an jenem Tag geschehen ist, aber andererseits auch wieder nicht. Ich wechsle das Thema.
»Wie war er? Robby, meine ich.«
»Einfach ein Typ wie wir anderen auch, schätze ich. Ernst, ein bisschen schüchtern. Und schlau: Er hat sich für Wissenschaft und so ein Zeug interessiert. Das Erstaunlichste an ihm war, dass er mit dem hübschesten Mädchen der ganzen Schule zusammen war. Hab ich nie kapiert.«
»Haben sie in den Nachrichten gezeigt, was passiert ist? Es war ja sicher nicht besonders
schön.
«
»Stimmt. Aber über solche Dinge berichten sie schon. Sie haben es so dargestellt, dass die unmenschlichen und abgrundtief bösen Terroristen unschuldige Schüler als Teil ihrer andauernden Terrorwelle abgeschlachtet haben.«
»Ist das denn so passiert?«
»Nicht wirklich. Die RT haben versucht, das Büro der Lorder zu bombardieren – der Bus war im Weg und alle darin starben. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass das Absicht war.«
»Aber es ist trotzdem passiert. Sie haben Robert umgebracht und all die anderen Schüler«, sage ich aufgebracht. Es ist doch egal, was ihre Absicht war. Die RT wollten andere Menschen töten, die es vielleicht, vielleicht aber auch nicht, verdient haben. Auch wenn ihr eigentliches Ziel nicht der Bus voller Schüler war: Sie haben es trotzdem zu verantworten.
»Ja und nein.«
»Was meinst du damit?«
»Robby ist nicht im Bus gestorben.«
»Was? Aber sein Name steht doch
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