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Gelöscht (German Edition)

Gelöscht (German Edition)

Titel: Gelöscht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teri Terry
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er mir alles. Es gibt jede Menge Untergrund-Webseiten, die die Lorder nicht kontrollieren können, weil sie außerhalb von Großbritannien betrieben werden: in Europa und den USA. Vermissten-Webseiten machen nur einen kleinen Teil davon aus, aber es gibt unzählige Listen mit vermissten Menschen in jedem Alter. Vor allem jedoch sind es Kinder.
    »Wie alt bist du?«, will Mac wissen.
    »16.«
    Er tippt ein: 16 – weiblich – blond – grüne Augen.
    »Was tust du da?«
    »Ich will dir einfach nur das Ausmaß der Sache begreiflich machen.«
    Bilder erscheinen auf der Seite, mit Daten, wann die betreffenden Personen zuletzt gesehen wurden, ihrem Namen und Alter: insgesamt sind es 36 Treffer. Ich überfliege die Seite. So viele Mädchen – die meisten waren Teenager, als sie verschwanden. Was kann nur mit ihnen allen geschehen sein?
    »Heilige Scheiße«, brummt Mac plötzlich.
    »Was?«
    »Schau dir mal die Nummer 31 an«, sagt er und klickt auf ein Foto, um es zu vergrößern: ein hübsches Kind mit Zahnlückengrinsen. Das Mädchen hat große grüne Augen, dünnes blondes Haar, trägt Jeans und ein pinkfarbenes T-Shirt. Auf dem Arm hat das Mädchen eine graue Katze. Darunter steht
Lucy Connor, aus der Schule in Keswick, Cumbria, verschwunden. Alter: 10.
    »Sie sieht ein bisschen aus wie ich«, sage ich langsam.
    »Sie sieht ziemlich genau aus wie du«, erwidert Mac. Er klickt auf einen Link mit der Überschrift »Wahrscheinliches heutiges Aussehen«. Auf dem Bildschirm erscheint eine Teenager-Version von Lucy. Dieses Gesicht, diese Augen …
Nein
. Das kann nicht sein. Ich sehe Mac an und dann wieder zum Bildschirm und erwarte fast, dass sie verschwunden ist und dass ich sie mir nur eingebildet habe. Aber das Mädchen ist immer noch da und starrt mich an. Ich bin etwas dünner, ihre Haare sind länger. Aber ansonsten ist es, als würde ich in einen Spiegel schauen.
    »Sie sieht nicht nur aus wie du. Das
bist
du.«
    Wahrscheinlich ist es der Schock. Mein Levo sinkt nicht, sondern bleibt etwa bei 5 stehen, aber ich starre auf das Mädchen auf dem Bildschirm. Ich starre und versuche zu begreifen, schaffe es allerdings nicht. Ich fange an zu zittern.
    Vermisst?
    Wo bin ich gewesen, seit ich zehn war?
    Wie in Trance nehme ich wahr, wie Mac den Computer runterfährt, meine Hand nimmt und mich zurück ins Wohnzimmer führt.
    »Setz dich«, sagt er. »Trink das.« Er drückt mir ein kleines Glas in die Hand. Ich trinke es in einem Zug leer – es brennt.
    »Was ist das?«, frage ich hustend.
    »Whiskey. Gut gegen den Schock.«
    Langsam fließt Wärme durch meinen Körper. Wir hören Stimmen den Pfad heraufkommen.
    Mac kniet sich vor mich und hält einen Finger an die Lippen. »Kein Wort, Kyla. Wir reden ein andermal weiter. Versprochen?«
    »Kein Wort. Versprochen.«
    »Braves Mädchen«, sagt er und nimmt mir wieder das Glas aus der Hand.
    Amy und Jazz kommen zur Vordertür herein. Sie sieht ganz glücklich aus, soweit ich es beurteilen kann. Keiner der beiden hat Gras in den Haaren – sie halten einfach nur Händchen.
    »Sorry, dass wir so lang weg waren«, meint Amy auf dem Weg zum Auto. »Hoffentlich hast du dich nicht gelangweilt.«
    »Anschnallen«, sagt Jazz und ich schnalle den neu eingebauten Gurt um.
    Mac tritt aus der Tür und winkt, dann schwenkt das Auto auf die Straße und er ist nicht mehr zu sehen.
    Grüne Bäume, blauer Himmel, weiße Wolken, grüne Bäume, blauer Himmel, weiße Wolken …
    An diesem Abend schütze ich Hausaufgaben vor und verkrieche mich früh in meinem Zimmer.
    Sebastian kommt normalerweise nach dem Essen mit mir hoch, aber heute ist er nirgendwo zu sehen und mir fehlt seine Gesellschaft.
    Lucy hatte eine Katze.
    Es schmerzt mich, wenn ich mir ihr Bild zu genau ins Gedächtnis rufe. Sie sah so glücklich aus auf diesem Foto, die Arme um ihre Katze geschmiegt. Was hat sie aus diesem Leben herausgerissen?
    Lucy ist eine
Sie
, kein
Ich
: Ich kann nur in der dritten Person an sie denken, als etwas Separates, nicht als Teil von mir. Aber vielleicht ist das alles nur ein dummer Zufall. Sie kann nicht
ich
sein – sie ähnelt mir nur. Die vom Computer berechnete Version von Lucy mit 16 ist ohnehin nur eine Annäherung. In Wahrheit sieht sie heute vielleicht vollkommen anders aus.
    Aber ihre lächelnden Augen sind wie in mein Gehirn eingebrannt und verschwinden einfach nicht. Sie wollen
raus.
Ich springe auf und hole meinen Zeichenblock. Mit dem Stift in der linken Hand beginne ich zu zeichnen,

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