Geloescht
Sommersprossen. Ich habe ihn noch nie gesehen.
»Hallo, Lucy«, sagt er und lächelt.
Er kommt auf uns zu.
»Ich bin Aiden«, stellt er sich vor und blickt dann mit gehobener Augenbraue zu Ben.
»Das ist Ben. Aber nenn mich nicht Lucy, ich bin Kyla.«
»Du bist Lucy. Ich habe Fotos gesehen, und jetzt, wo du vor mir stehst, weià ich, dass Mac recht hat. Du bist sie und sie ist du.«
»Vielleicht war ich einmal Lucy. Aber jetzt bin ich es nicht mehr. Und was hast du überhaupt damit zu tun?«
»Ja, wer zum Teufel bist du eigentlich?«, will Ben wissen.
Das ist genau das, was ich auch gedacht habe, aber meine Augen weiten sich vor Ãberraschung, als Ben es so direkt ausspricht.
Aiden lacht. »Ben, ich merke schon: Du bist jemand, mit dem ich mich unterhalten muss. Gut, dass du mitgekommen bist.«
Wir sehen beide Aiden an, aber niemand sagt etwas.
»Ah, sorry. Wer bin ich oder wer sollte ich sein?« Er lacht. »Tagsüber und offiziell bin ich Telefontechniker, aber ich arbeite auch für MIA.«
»MIA?«, wiederholt Ben. Verwirrung spiegelt sich auf seinem Gesicht, doch mir sagt die Abkürzung etwas.
»M-I-A: Missing in Action, oder?«, frage ich. »Wie auf der Webseite. Ihr versucht rauszukriegen, was mit Leuten ⦠wie mir passiert ist.«
»Ja, genau«, antwortet Aiden und grinst. »Komm, wir zeigen Ben alles.«
Wir gehen den Flur hinab zu Macs Gästezimmer, wo der Computer bereits aus seinem Versteck geholt und eingeschaltet ist. »Zeig mir Lucy«, sagt Ben.
Aiden sucht ihren Namen und da ist sie. Ich kann sehen, wie Ben das glückliche Gesicht auf dem Bildschirm betrachtet: Lucy Connor, 10 Jahre. Dann blickt er zwischen dem Foto und mir hin und her. »Ja, das bist eindeutig du«, sagt er schlieÃlich. Mein Mut sinkt. Es ist nicht so, dass ich mir nicht selbst ziemlich sicher gewesen wäre. Aber wenn jemand, den ich so gut kenne wie Ben, ebenfalls überzeugt davon ist, dann gibt es keinen Zweifel mehr. Aus einem »Vielleicht« wird eine Tatsache.
Aiden grinst wieder. »Also, was machen wir als Nächstes, Lucy?« Er dreht meinen Stuhl herum, legt einen Arm auf jede Lehne und sieht mir direkt in die Augen. Seine sind blau, tiefblau, und sein Blick ist forschend. »Die Frage, die ich dir stellen will, Lucy â oder Kyla, wenn du dich damit wohler fühlst â, ist diese: Was willst
du
mit deinem neuen Wissen anfangen?«
»Wie meinst du das?«
Er nimmt die Maus und fährt mit dem Cursor auf einen Button unterhalb von Lucys Foto, auf dem
Gefunden
steht. »Soll ich drauf klicken?«
»Das verstehe ich nicht. Was bedeutet das?«
»Ganz einfach: Ich sage demjenigen, der dich vermisst gemeldet hat, dass es dir gut geht. Dann gibt man Informationen ein, um in Kontakt zu treten.«
»Nein«, sage ich.
Aiden sieht mich wieder direkt an. Enttäuschung spiegelt sich in seinem Blick.
»Denk mal an die Menschen, die sich Sorgen um dich machen und sich fragen, was mit dir passiert ist. An deine Mutter oder deinen Vater, die nie darüber hinweggekommen sind, dass sie dich verloren haben. Vielleicht hast du auch Brüder und Schwestern, die dich vermissen. Bestimmt ist dieses Kätzchen mittlerweile eine Katze, die vor der Tür eures Hauses sitzt und genau jetzt darauf wartet, dass du die StraÃe hochkommst.«
»NEIN! Das ist verrückt. Ich weià nichts über Lucy oder woher sie kommt. Ich bin nicht mehr Lucy.«
Aidens Hand liegt immer noch auf der Maus und ich stoÃe sie weg.
Er seufzt. »Denk darüber nach, Lucy.«
Ich will wieder wegen des Namens protestieren, aber er fällt mir ins Wort.
»Ich werde dich Lucy nennen. Du bist Lucy, ganz egal, wie du jetzt darüber denkst«, sagt er und lehnt sich an den Tisch. Hinter seinem nachdenklichen Blick schimmert ein vorsichtiges Lächeln. »Was meinst du, worum es bei MIA geht?«
»Wie schon gesagt: Ich nehme an, dass ihr herausfinden wollt, was mit vermissten Menschen passiert ist.«
»Das ist richtig, aber es ist nur ein kleiner Teil dessen, was wir erreichen wollen. Wir suchen nach Menschen, die illegal verschwunden sind, und wollen die Regierung dazu bringen, sich dafür zu verantworten. Wir führen der Welt ihre Taten vor Augen. Wenn niemand aufsteht und âºDas ist falsch!â¹ ruft, wird sich nie etwas ändern. So viele Menschen verschwinden und es passiert immer
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