Gemeingefährlich: Eine Erzählung aus der Weltraumserie Lucy (German Edition)
versorgen und beschützen musste. Er konnte kaum erwarten, das Gespräch zu beenden. Er musste so schnell wie möglich mit Lebensmitteln, Kleidung, Decken und was man sonst noch zum Leben brauchte zurück.
Seine Mitbewohner sahen ihn an. Sie erwarteten ein Zugeständnis von ihm. Seinen trotzig nachdenklichen Gesichtsausdruck interpretierten sie vollkommen falsch und das war gut so.
»Ich werde aufpassen«, versprach er. »Wenn ich draußen einen Roboter herumlaufen sehe, werde ich weglaufen und der Militärpolizei bescheid sagen.«
»Ich finde es besser, wenn du die nächsten Tage überhaupt nicht mehr rausgehst«, widersprach Rinata.
»Das muss ja ein ganz besonders gefährlicher Roboter sein, wenn du plötzlich Angst um mich hast. Sonst interessiert dich doch auch nicht, was ich den ganzen Tag mache.« Die Worte klangen bitterer, als Gurian beabsichtigt hatte.
»Ich weiß, ich habe in den letzten Monaten zu wenig Zeit für dich, für euch alle, gehabt. Ich verspreche, es wird besser, sobald das Projekt vernünftig läuft«, erwiderte Rinata und warf ihm dabei ein Lächeln zu, wie sie es nicht mehr getan hatte, seit sie auf diesen langweiligen Planeten gelandet waren.
»Das wird nicht sein, bis dieser elendige Krieg vorüber ist«, warf Kelinro bitter ein.
Wenn Gurian jetzt etwas nicht hören wollte, dann einen Beziehungsstreit seiner Mitbewohner.
»Woran erkenne ich denn diesen Monsterroboter?«, fragte er daher schnell.
Rinata wurde nervös. Sie rutschte auf ihrem Stuhl herum.
»Es gibt da ein kleines Problem. Er sieht nicht wie ein normaler Roboter aus. Er ähnelt eher einem Mädchen aus der Provinz.«
Gurian fand, er hatte sich bis zu diesem Zeitpunkt wirklich gut geschlagen, kein Ausflippen, kein Geschrei, kein Streit. Jetzt konnte er sich aber doch nicht mehr zurückhalten.
»In der Schule habe ich gelernt, dass Roboter so konstruiert sind, dass sie keine Menschen angreifen«, sagte er.
»Das sind noch Prototypen. Sie funktionieren noch nicht richtig«, verteidigte sich Rinata.
»Warum habt ihr dem Roboter nicht einfach befohlen, stehen zu bleiben?«, fragte er.
»Er hat nicht reagiert.«
»Ich habe gelernt, dass Roboter keine eigenen Entscheidungen treffen können. Sie können nicht ohne Befehl jemanden angreifen, sie können nicht fliehen. Außerdem gibt es ein Gesetz, dass es verbietet, Maschinen wie Menschen aussehen zu lassen, sagen die Lehrer.«
Rinata starrte ihn an. Er war auf dem richtigen Weg. Er hatte einen Nerv getroffen.
»Was läuft da eigentlich in euren Labors, wenn ihr dort Roboter züchtet, die nicht nur wie Menschen aussehen, sondern sich auch so verhalten?«
Rinata wurde blass. Gurian wollte jetzt zum Kern kommen. Auch wenn seine mütterliche Lebensgefährtin sich um ihn nicht besonders gekümmert hatte, so konnte sie ihm vielleicht jetzt helfen. Er musste sie von der Ungeheuerlichkeit der Vorgänge in der Station überzeugen, vor allem davon, dass es sich bei Nerinia um ein Mädchen handelte und nicht um einen Roboter.
Die Wissenschaftlerin sprang aber auf. Völlig außer sich schrie sie: »Ich bin nicht verantwortlich für diese Maschinen. Ich kann nichts dafür, dass diese Penner aus der Roboterabteilung nicht in der Lage sind, mir vernünftige, funktionierende Geräte zur Verfügung zu stellen.«
Sie trat gegen den Stuhlroboter, der in eine Ecke flog, und lief wutschnaubend aus dem Raum.
Kelinro setzte sich neben ihn. Freundschaftlich legte er ihm einen Arm um die Schultern. Verschwörerisch grinste er ihn an.
»Da hast du aber einen wunden Punkt bei unserer Superwissenschaftlerin getroffen. Man sollte sie öfter mal mit der Nase darauf stoßen, was sie eigentlich macht. Der Krieg rechtfertigt schließlich nicht alles«, sagte er.
Der Typ verstand wirklich gar nichts. Gurian wollte Rinata nicht wehtun und wenn, dann nur, damit sie ihn wahrnahm. Er wollte, dass es wieder so würde wie früher. Nein, es sollte einen Schritt weiter gehen als damals. Rinata sollte nicht nur ihn lieb haben, sondern auch Nerinia.
»Versprich mir, dass du aufpasst und dich auch vor provinziell aussehenden Mädchen fernhältst«, forderte Kelinro.
Es war nicht der richtige Zeitpunkt, um sich mit ihm zu streiten. Gurian nickte.
»Ich werde aufpassen«, versprach er.
***
Die Zeit, bis die Erwachsenen der Lebensgemeinschaft endlich schliefen, kam Gurian unendlich lang vor. Als er meinte, dass niemand mehr wach war, schlich er sich aus seinem Zimmer in die Küche. Er gab dem
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