Gemeinsam stark in Virgin River (German Edition)
tintenschwarzes Haar und eine Locke, die ihm manchmal in die Stirn fiel. Ausdrucksvolle dunkle Augenbrauen und die schönsten und unglaublich blauesten Augen, die sie je gesehen hatte. Und seine Lippen schienen förmlich zu rufen: Komm zu Papi. Dann gab es da noch dieses Lächeln. Oder vielmehr seine vielen Arten zu lächeln – das nachsichtige, das spöttische oder das Lächeln, das sich auf seinem Gesicht abzeichnete, bevor er es unterdrücken konnte. Es war nicht zu übersehen, dass in diesem sanften, hingebungsvollen Mann ein böser Junge steckte, den Noah nur mit Mühe im Zaum hielt. Mit seinem Lächeln erschienen auch ein paar Grübchen in seinem Gesicht, die Ellie zum Niederknien fand. Ein appetitlicher großer Mann mit breiten Schultern, langen Beinen und großen, kräftigen Händen.
Ja. Er könnte sie in Schwierigkeiten bringen.
Doch sie musste realistisch bleiben: Der Mann war Pfarrer. Egal, wie sehr sie für ihn entflammte, er war reinen Herzens und ein Presbyterianer, oder? Das Leben war zu kurz, um einen Bogen um alles Spielerische und Freche zu machen. Sie wollte sowieso nicht für den Rest ihres Lebens bei der Missionarsstellung bleiben. Vielleicht ließ er beim Sex die schwarzen Socken an. Und das T-Shirt. Vielleicht machte er das Licht aus oder tat es nur unter der Bettdecke, rein, raus, ganz schnell, ohne Geräusche. Langweilig und stumpf.
Oh, dachte sie lächelnd. Sie hatte kurz vergessen, dass sie
allem
abgeschworen hatte. Männern. Sex. Liebeskummer. Beziehungsproblemen. Ärger. Dennoch hätte sie es einfacher gefunden, wenn er wenigstens ein bisschen zugänglicher wäre.
Ellie fragte sich, ob sie dankbar dafür sein sollte, dass er sie dazu inspirierte, über Sex nachzudenken. Es war schon so lange her, seit sie jemand dermaßen gereizt hatte. Sie hatte schon beinahe vergessen, wie es sich anfühlte. Das letzte Mal hatte sie sich lange vor Trevors Geburt so zu jemandem hingezogen gefühlt. Es schien ihr wie ein Wunder, dass Arnie dieses Gefühl nicht gänzlich in ihr abgetötet hatte.
Als Ellie auffiel, dass sie schon fast zu Hause war, beendete sie ihre Tagträumerei. Sie begegnete Mrs Fitch, die gerade Blätter und Piniennadeln aus ihren Blumenbeeten im Vorgarten entfernte. „Hallo, Mrs Fitch. Wie geht es Ihnen?“
Jo Ellen musterte sie kurz. „Danke, gut, Ellie. Haben Sie heute früher Feierabend?“
„So ähnlich. Der Pfarrer hat noch eine Verabredung, und ich habe die ganze Woche schon ganz früh angefangen. Heute habe ich seit fünf Uhr morgens Wände gestrichen.“
„Er lässt Sie streichen?“, fragte Jo Ellen.
„Mrs Fitch, es gibt in dieser alten Kirchenruine keine Drecksarbeit, die ich nicht machen würde. Aber wir kriegen das schon hin.“
„Sie müssen müde sein.“
„Es geht mir gut“, erwiderte Ellie mit einem Lächeln, während sie mit den Armen kreiste, um die verspannten Schultern zu lockern. „Es geht nichts über ehrliche, harte Arbeit. Sie sollten die Waschräume mal sehen – sie sehen toll aus. Ich weiß, dass Pfarrer Kincaid sich gar nicht erklären kann, wieso er ausgerechnet auf mich gekommen ist, weil ich
so gar keine
Kirchgängerin bin, aber ich sage Ihnen mal was: Es war mit Sicherheit sein Glückstag. Und wenn ich überlege, was noch alles erledigt werden muss. Wände streichen. Putzen. Organisieren. Teufel noch mal, ich musste in meinem Leben schon so oft aufräumen. Das kann ich einfach am besten – aus einem totalen Durcheinander etwas Schönes zaubern. Es ist jedenfalls viel einfacher, als irgendwelche Computer zu bedienen.“
Jo Ellen lehnte am Zaun und lachte. „Hätten Sie nicht Lust auf ein Glas Eistee?“
Ellie wischte sich die Hände an den Hosenbeinen ab. „Oh, Gott, ich sehe schrecklich aus. Vermutlich rieche ich sogar verschwitzt und nach Farbe.“
„Besser als ich – ich rieche nach Kompost. Ich hole uns den Tee hierher in den Vorgarten. Wir gönnen uns einfach eine kleine Pause.“
„Das ist schrecklich nett von Ihnen. Danke.“ Donnerwetter, dachte Ellie. Ich dachte, sie mag mich nicht. Ich dachte, ich hätte sie mit meinem Wunsch, hier einzuziehen, überrumpelt.
Jo Ellen war eine Frau in den Fünfzigern, aber sie hatte eine Sanftheit, die sie sehr hübsch aussehen ließ. Ihr hellbraunes, von einigen grauen Strähnen durchzogenes Haar hatte sie schlicht im Nacken zusammengebunden. Sie war ungeschminkt, was bei der Arbeit im Garten ja auch sinnvoll war, aber sie hatte auch kein Make-up aufgelegt, als Ellie sie zum
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