Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils

Kasten in ihre Büchertasche.
    Perfekt.
    Sie kletterte hinunter und klopfte sich ab.
    Ein Schatten glitt an die Einmündung des Durchgangs und hupte zwei Mal.
    Sie rannte zu Großmutters Auto – bereit, dem Tod ins Auge zu sehen.

45
    Irrenhaus
    Eliot saß eingezwängt zwischen Fiona und Großmutter, während sie die Straße entlangrasten. Ihr Auto (das weder er noch Fiona jemals gesehen hatten) war ein Jaguar XKSS. Das mitternachtsblaue Wunderwerk bestand größtenteils aus einer aerodynamisch gebogenen Motorhaube vor dem Fahrerhäuschen. Eliot fragte sich, wie Großmutter die Straße vor sich überhaupt sehen konnte. Es gab nur zwei Ledersitze und keinen Rücksitz.
    Wohin sollten sie das kleine Mädchen setzen, wenn sie es gerettet hatten? Natürlich war er sich nicht sicher, dass sie heute Nacht überhaupt so weit kommen würden.

    Als sie sich in eine Kurve legten, rutschte Eliot gegen seine Schwester. Fiona versetzte ihm einen Rippenstoß.
    Sie roch nach Fett und Eiern. Was hatte Fiona in den paar Minuten getan, die er sie allein gelassen hatte?
    »Kennst du Perry Millhouse?«, fragte er Großmutter.
    Großmutter fuhr schweigend weiter. Schlingernd holperten sie die hügeligen Gebirgsausläufer hinauf. Das Zwielicht verwandelte die Färbereichen, mit denen die Landschaft durchsetzt war, in unheimliche Silhouetten. Schatten dehnten sich aus und verdrängten das Licht.
    »Ich kannte den Mann, bevor er den Verstand verloren hat«, antwortete Großmutter endlich. »Jetzt ist er nur noch ein Tier. Nicht mehr.«
    »Aber warum macht er überhaupt so fürchterliche Dinge?«, fragte Fiona. »Leute töten? Gebäude niederbrennen? Ein kleines Mädchen entführen?«
    »Denkt nicht darüber nach.« Großmutter stellte die Scheinwerfer ab. Die Umrisse der Straße verblassten zu einer kaum noch sichtbaren Kante. »Denkt nur an eure Aufgabe: das Mädchen zu finden und zu entkommen. Vermeidet eine Begegnung mit ihm, wenn ihr könnt.«
    »Ja, kein Problem«, flüsterte Eliot.
    »Wenn ihr es doch tut«, sagte Großmutter, »dann zögert nicht zu handeln. Er wird euch vernichten, wenn ihr es zulasst.«
    Eliot warf einen Blick auf Fiona. Sie sah aus, als würde sie sich gleich übergeben. Er schluckte; plötzlich war auch er verstört.
    Großmutter bog in eine ungepflasterte Straße ein. Auf einem Schild, das von einer matten 40-Watt-Birne beleuchtet wurde, stand:
    HALEYS SCHATZTRUHE
Vergnügungspark, Spiegelkabinett,
Weiterverkauf von antiken Fahrgeschäften!
(Fragen Sie im Büro)
GEÖFFNET VON 9 UHR BIS SONNENUNTERGANG
    »Wenn Millhouse irgendwo in der Nähe des Diablo State Park sein Unwesen treibt«, flüsterte Großmutter, »dann hier. Ihm gefallen solche Orte.«
    In einiger Entfernung ragten die Umrisse von Lastwagenanhängern und Fahrgeschäften auf, die im Zwielicht wie metallische Dinosaurier wirkten.
    Großmutter fuhr den Motor des Jaguar herunter, schaltete in den Leerlauf und rollte auf den Maschendrahtzaun zu.
    »Aber was ist Millhouse?«, flüsterte Eliot. »Teil der Familie? Etwas wie Souhk? Oder bloß ein Verrückter?«
    »Nichts von alledem«, sagte Großmutter. »Er hat etwas gestohlen, und das hat ihn verändert.«
    »Was?«, fragte Fiona. »Und in was hat es ihn verwandelt?«
    Großmutter runzelte nachdenklich die Stirn und sagte dann zu ihr: »Er hat ein bisschen Feuer gestohlen. Das ist alles, was ihr für den Augenblick wissen müsst.«
    Eliot verstand das nicht. Feuer? Warum musste jemand Feuer stehlen ? Man riss doch einfach ein Streichholz an oder schaltete den Herd ein und hatte Feuer.
    Das Auto hielt an.
    Eliot wusste, dass er aussteigen und dem kleinen Mädchen das Leben retten musste, aber er fühlte sich, als sei er am Leder festgeklebt. Er hatte Angst.
    Großmutter wandte sich ihm zu. Sie hob die Hand vom Steuerrad, als wolle sie sie ausstrecken und ihn trösten, ließ sie dann aber wieder sinken.
    »Ich habe euch beide zu höflichen, sanften und rücksichtsvollen Leuten erzogen«, sagte Großmutter leise, »aber das dürft ihr jetzt nicht sein. Heute Nacht müsst ihr vielleicht töten.«
    Eliot bekam eine Gänsehaut.
    Fiona schüttelte den Kopf.
    »Der Rat hat verkündet, dass dies hier eine Blutprüfung ist«, erklärte Großmutter. »Vermutlich hat er es so eingerichtet, dass ihr keine andere Wahl haben werdet: Irgendjemand wird sterben. Also ergreift die Initiative und sorgt im entscheidenden
Moment dafür, dass das Leben, das genommen wird, nicht eures ist.«
    »Es muss einen anderen Weg geben,