Gemischte Gefühle
Straßenseite standen ein paar Männer mit ihren Bierkrügen am Eingang von Falstaffs F i replace und plauschten gemütlich. Über ihnen knarrte das Wirtshausschild, das einen fetten, lachenden Ritter zeigte, der sich seinen Hintern an einem lodernden Kaminfeuer wärmte.
Die idyllische Szene war Balsam für mein leicht gestre ß tes Gemüt. In knapp acht Stunden von Ibiza über Tahiti nach Alphaville, Louisiana, und weiter nach Twickenham zu re i sen, war ganz schön anstrengend – selbst für einen hochb e zahlten und entsprechend motivierten Management-Profi wie mich.
„ Du gehst mir auf den Geist, du blöder Schwätzer! “
Die Stimme war rauh und unkontrolliert. Ein Klirren fol g te, ein gurgelnder Schrei.
Ich traute meinen Augen kaum. Einer der Gentlemen ha t te seinem Gegenüber den Bierkrug über den Mund gedr o schen. Blut quoll über die Lippen des Verletzten, einige Zähne kullerten hinterher. Mit einem Blick, der tiefsten Schock ausdrückte, sank er in die Knie und kauerte sich z u sammen.
Der Angreifer schaute fassungslos auf den zerbrochenen Krug in seiner Hand, auf seine rot verschmierten Finger.
„ Ich, ich …“ stammelte er.
Er sah aus wie damals der Bankbeamte, als dieses ach t armige lila Monster an seinen Schalter kam und ein G e haltskonto eröffnen wollte, spotz, blubber.
Ich spürte, wie ein hysterisches Lachen in mir herumv a gabundierte. Dabei hätte ich entsetzt sein sollen. Es war der schlimmste Gewaltausbruch, den ich je in einer Ferienzone erlebt hatte, für die ich verantwortlich war.
Unfähig einzugreifen, kicherte ich vor mich hin und ve r fluchte die Idioten in der Zentrale, die wieder zu leichtsinnig an ihrer chemischen Orgel herumgespielt hatten. Sie hatten ihre Beeinflussungsdrogen einfach nicht im Griff. Wah r scheinlich hatten sie nach den Vorfällen heute morgen die Euphorizer zu sehr zurückgenommen und zu viele Downer rausgeblasen.
Zum Glück hatte sich der Constable besser unter Kontro l le. Er nahm dem Schläger den Krug aus der Hand und sagte: „ Ihr Scherz ist Ihnen eine Spur zu heftig geraten, Sir. Es war doch ein Scherz, nicht wahr? “
„ Natürlich. “ Er nickte. „ Natürlich. Ein Scherz. Ja. “
„ Sie sollten künftig etwas rücksichtsvoller sein. Wir we i sen unsere Gäste ungern aus. “
Der Mann zuckte zusammen. Ihm drohte die Vertreibung aus dem Ferienparadies.
„ Und wir gehen jetzt zum Doktor “ , sagte der Polizist zu dem Verletzten. „ Morgen sieht man nichts mehr davon. Und Sie erhalten bestimmt einige Gratis-Erlebniseinheiten als Ausgleich für den Schreck. “
„ Machen Sie ruhig weiter “ , wandte er sich an die and e ren. „ Es ist ja nichts geschehen. Ein unbedeutender Zw i schenfall. Ein Versehen. “
Ich sah ihm bewundernd nach. Er hatte den Konflikt vo r bildlich gelöst. Da sah man doch, daß unsere sechsmonatige kontaktpsychologische Schulung Früchte trug!
Aber trotzdem … Daß es überhaupt zu einem solchen Zwischenfall kommen konnte, war schon bedenklich. Bisher war unsere Urlaubsmaschinerie wie geschmiert gelaufen. Sonne, Spaß und heitere Menschen. MEHR ERLEBEN! MEHR KONSUMIEREN! DABEISEIN! Yeah! Alle waren happy gewesen. Und nun so was …
Zwei bemerkenswert wohlgeformte Oberschenkel unter einem bemerkenswert kurzen Röckchen brachten mich wi e der auf angenehmere Gedanken. Ein rotblondes Geschöpf im weißen Tennisdress ging, einen Badmintonschläger schwenkend, die Straße hinunter. Es war eines von diesen süßen englischen Unschuldslämmern, die einem, wie Hitc h cock einmal sagte, im Taxi plötzlich in den Hosenschlitz greifen.
Aber die Art, wie ihr die Männer nachsahen, gefiel mir nicht. Sie schauten etwas zu gierig. Es lag was in der Luft.
Da war ein Vulkan leise am Grummeln. Hoffentlich ging er nicht hoch. Es wäre schade um unser Konzept gewesen. Und um unsere Jobs.
Ich fuhr an der Töpferei vorbei, an Grandma Thatchers Olde Curiosity Shop, am Tabakladen, an Derek ’ s Snuff S hop , an Graeme Reel ’ s Singing Pup, und es war alles so normal, daß ich meine Skepsis langsam wieder verlor. Die Türglocken klinge l ten, die öffentlichen Computer-Terminals arbeiteten einwandfrei, die Leute plauschten über das We t ter. Alles b e stens.
Beruhigt schwang ich mich von meinem Motorrad und ging ins Pfarrhaus. Ich mußte die Haunted House Party vo r bereiten.
Dieser Spukabend war eine der Hauptattraktionen jedes Urlaubsaufenthalts in Twickenham. Kein Wunder, denn da wurde wirklich eine Menge
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