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Generation Wodka

Generation Wodka

Titel: Generation Wodka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Mockler , Wolfgang Büscher , Bernd Siggelkow
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Mut aus anderen Ecken. So fanden sich schnell weitere drei Kandidaten.
    Steven kam in Fahrt: „Leute, ich sag euch: Wer am meisten verträgt, wird mein bester Kumpel und erhält 500 Euro. Die habe ich meinen Alten aus dem Tresor geklaut.“
    Niemand zweifelte an der Ernsthaftigkeit dieses Angebotes. So nahm der Wettbewerb seinen Lauf. Die Zahl der Mitspieler stieg rasant an, um dann mit fortschreitender Zeit und steigendem Alkoholpegel wieder abzunehmen. Ein paar Gäste, die an dem Spiel nicht teilnahmen, betätigten sich als Fans und feuerten die Kandidaten an. So bildeten sich immer kleine Fanblocks um einen Kandidaten, bis dieser ausstieg ... oder aussteigen musste. Handys wurden gezückt, es wurden Fotos gemacht und kleine Filme gedreht, um die manchmal hilflosen Posen der Betrunkenen festzuhalten. Auch „Unfälle und Stürze“ wurden dokumentiert und mit derben Zwischenrufen und Applaus bedacht.
    Nach zwei Stunden und ungezählten Flaschen waren nur noch vier Jungen übrig, die erstaunlich viel vertrugen. Niemand stellte fest, dass ausgerechnet der Gastgeber Steven nicht an dem Besäufnis teilnahm. Er übernahm, zusammen mit einem aufgedrehten Mädchen, das er zwischendurch immer wieder heftig abknutschte und befummelte, das Mixen und Abfüllen der Cocktails.
    Julian war der Nächste. Nur mit Mühe hielt er sich noch aufrecht. Es ging schon lange nicht mehr nur um das Preisgeld. Er wollte seinen Kumpels imponieren, er wollte ihnen zeigen, was er draufhatte. Er nahm den Becher und würgte mehr, als dass er trank. Dann wankte er, sich an einigen Gegenständen abstützend, zum Ende des Zimmers. Sein Kopf explodierte, der Inhalt seines Magens ergoss sich unkontrolliert aus seinem Mund und spritzte gegen die Panoramascheibe der Terrassentür.
    â€žOh Scheiße“, lallte er und versuchte zu erfassen, was mit ihm geschehen war. Mit den Armen herumgestikulierend verlor er das Gleichgewicht und stürzte. Ein ohrenbetäubender Knall ließ bis auf die Musikanlage alle anderen Geräusche verstummen.
    Julian war durch die Scheibe gefallen. Es wurde Nacht um ihn.
    ***
    Zeitgleich lag im Nachbarhaus das Ehepaar Carsten und Tanja Baumann im Bett. Beide waren Ende 30 und seit gut 15 Jahren miteinander verheiratet, inzwischen Eltern von zwei Vorschulkindern. Carsten hatte einen Job als Schichtarbeiter in einem Krankenhaus und ärgerte sich seit mehr als zwei Stunden über den Lärm von nebenan. Er stand kurz davor, die Polizei zu rufen. Tanja versuchte, ihren Mann zu beruhigen. Der wälzte sich im Bett hin und her und konnte nicht schlafen und der Frühdienst würde ihn bald aus dem Bett zwingen.
    â€žGut, dass die Kinder bei dem Lärm nicht wach-“, bevor er den Satz zu Ende sprechen konnte, vernahm er den Knall, den eine große Scheibe von sich gibt, wenn sie in tausend Scherben zerspringt.
    â€žJetzt reicht’s mir aber, die haben wohl nicht mehr alle Latten am Zaun!“ Mit einem Satz sprang Carsten aus dem Bett und stand in wenigen Sekunden fertig in Jeans und T-Shirt vor der Terrassentür. Auf dem Weg nach draußen hörte er noch, dass seine Frau Tanja offenbar ebenfalls aufstand. Er verließ das Haus, schlüpfte durch die weiche junge Thuja-Hecke und rannte über nachbarlichen Rasen und Beete auf die hell erleuchtete Terrasse zu.
    Dort standen viele laut diskutierende betrunkene Personen auf der Terrasse, die ihm die Sicht versperrten. Nur noch wenige schnelle Schritte und er scheuchte die Gäste der Party auseinander.
    â€žWas ist denn hier los?“, brüllte er die jungen Gaffer an. Dabei verlor er fast die Beherrschung. Das Bild, das sich ihm bot, war schrecklich. Vor ihm lag regungslos, fast schon unnatürlich verdreht, ein Teenager in einem Meer von Glasscherben auf dem unteren Rahmenteil des großen, zerstörten Fensters. Er rührte sich nicht.
    Ein Mädchen mit braunen Haaren hockte verstört neben dem Jungen und stieß immer wieder mit leicht lallender Stimme den Namen des Jungen hervor: „Julian, Julian, Julian”, mehr kam ihr nicht über ihre Lippen. Tränen waren auf ihren Wangen zu sehen und ihre Gesichtszüge nahmen mit jedem Herzschlag weiter den Ausdruck absoluter Hilflosigkeit an. Keiner der Umstehenden leistete Erste Hilfe. Nur dumme Kommentare waren zwischendurch zu hören. Der Alkohol sorgte dafür, dass so mancher Partygast den Ernst der Lage nicht

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