Generation Wodka
lassen. Bei der Rückfahrt des Busses würde sie irgendwann umkippen und den Rest des Inhalts auf dem Boden des Fahrzeugs verteilen. Der Busfahrer würde sich ärgern. Julian war das egal.
Steven wohnte mit seinen Eltern am Rand der Hauptstadt in einem schmucken Einfamilienhaus. Die Eltern waren beruflich sehr erfolgreich. Im Stillen beneidete Julian seinen Klassenkameraden. Der hatte es irgendwie gut. Zweimal im Jahr flogen sie in den Urlaub. Im Sommer ging es mit dem Flieger regelmäÃig für drei Wochen über den Atlantik und im Winter fuhr man in schicke Skiorte in die Schweiz oder Frankreich. Geschwister hatte Steven keine, dafür jede Menge cooler Dinge. Das neueste iPhone lag beim letzten Weihnachtsfest zusammen mit dem aktuellsten Modell eines Spielecomputers unter dem Weihnachtsbaum. Ãberhaupt waren die meisten seiner Kumpels finanziell besser gestellt als Julian.
Die Schule war die einzige Abwechslung in Julians Alltag, wenn auch aus seiner Sicht total unattraktiv. Seine Noten waren fast immer sehr bescheiden. Mühe gab er sich keine und mit den meisten Lehrern kam er nicht klar. Nur einige Kumpels in seiner Klasse waren aus seiner Sicht okay. Ein paar Mädchen fand er nicht übel, aber Interesse an einer festen Freundin hatte Julian bisher noch nicht gehabt.
Der Junge hatte nur noch wenige Minuten zu gehen. Die Dunkelheit brach herein und das schummrige Tageslicht wurde von den aufleuchtenden StraÃenlampen verschluckt. Jetzt fing es auch noch an zu nieseln. Hoffentlich wurde der Regen nicht stärker und durchnässte ihm seine guten Klamotten. SchlieÃlich wollte er gut gestylt aussehen. Er nahm die Ohrstöpsel raus, schaltete die Musik aus und verstaute die Beschallungsanlage in den Taschen seines Kapuzenpullis.
Kaum drei Minuten später stand er vor dem Einfamilienhaus, in dem sein Freund lebte. Das Haus und der Vorgarten erstrahlten im sanften Licht der perfekt abgestimmten AuÃenbeleuchtung. Julian drückte etwas zurückhaltend auf den groÃen Klingelknopf neben einem polierten Messingschild mit dem Namen seines Freundes an dem Pfeiler neben der Eingangsforte.
Der Sucher der Kamera hatte ihn schnell erfasst. Die Haustür öffnete sich und ein Mädchen aus der Parallelklasse öffnete die Tür. Julian wich ein wenig zurück. Dass er Mandy hier treffen würde, hatte er nicht erwartet. Die war echt süÃ. An der Haustür begrüÃte sie ihn: âHey, komm rein, sind schon viele da. Ach, du Armer, bist ja ganz nass, regnet es drauÃen?â
Das Haus war groà und gemütlich eingerichtet, fand Julian. Einmal war er schon kurz hier gewesen, als Steven einen Infekt gehabt und er angeboten hatte, ein paar Schulunterlagen vorbeizubringen. Damals war er nur bis in die Eingangshalle gekommen, die Putzfrau der Familie hatte ihm die Sachen dort abgenommen. Steven war damals wohl gerade beim Arzt.
âKomm rein, du Nasserâ, forderte Mandy ihn mit einem gekonnten Augenaufschlag auf, worauf sein Herz sofort einen Gang zulegte.
Im Wohnzimmer angekommen stach ihm eine riesige Sitzlandschaft aus weiÃem Leder ins Auge, die den Raum dominierte. Daneben gab es schöne antike Möbel und überhaupt war alles sehr geschmackvoll eingerichtet. Das Licht empfand er als angenehm warm, die gemütliche Atmosphäre hüllte ihn ein. Aus einer teuren Musikanlage schallte mittelmäÃig laute Rapmusik mit satten Bässen. Der Sound war so genial abgestimmt, dass man meinte, die Musik sei für Gespräche einen Ticken zu laut. Aber man konnte sich dabei unterhalten, ohne schreien zu müssen.
Julian begrüÃte jeden seiner Kumpels mit Handschlag. Die Mädchen saÃen am Rand der Sofalandschaft und lachten schallend über einen Witz. Von irgendwoher bekam er ein Bier in die Hand gedrückt, und erst jetzt fiel ihm auf, dass fast alle eine Bierflasche in der Hand hielten.
Kurze Zeit später meldete sich Steven zu Wort. âEy, Leute, voll geil, dass ihr alle hier seid! Jetzt lasst uns das letzte Schulhalbjahr gebührend abschlieÃen, so wie wir das abgemacht haben. In der Küche gibt es genug zu essen und zu trinken für alle, also los, ran an den Speck.â
Er öffnete eine breite Tür. Auf dem groÃen Küchentisch drängten sich Platten mit Fisch und Fleisch, Salate und Desserts in beeindruckenden Mengen. Auf den Arbeitsplatten der Einbauküche stapelte sich sauberes Geschirr und neben
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