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Genesis. Die verlorene Schöpfung (German Edition)

Genesis. Die verlorene Schöpfung (German Edition)

Titel: Genesis. Die verlorene Schöpfung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thariot
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Probleme hatte.
    »Und gut zehn Jahre zu jung für dich.« Anna lächelte, nur zu gut wusste sie, dass sich ihre beste Freundin bei der allabendlichen Partnerwahl nicht daran stören würde.
     
    Während Vanessa den gesellschaftlichen Status ihrer wohlsituierten Familie genoss, nutzte Anna lieber die Zeit, Dalis Bilder zu bewundern. Die Beziehung zu Franco empfand sie als ausreichend, um der Erwartung der Öffentlichkeit und ihres Vaters zu entsprechen. Bei den gefühlten hundert Bildern, die Fotografen im Eingangsbereich bereits von ihr geschossen hatten, wollte sie der Regenbogenpresse nicht noch ein Motiv von ihr und einem unbekannten Schönling gönnen. Vanessa war da toleranter, ihre Bilder landeten aber auch höchstens auf Seite sieben, gemeinsam mit den Starlets aus dem Showbiz und den Sportstars. Annas Bilder in ähnlich verfänglichen Momenten würden bei dem aktuellen Trubel um ihre Person garantiert auf der Titelseite erscheinen. Inklusive zahlreicher überflüssiger Berichte aller großen Sender und auf sämtlichen interaktiven Streams im Netz.
    »Gefällt Ihnen das Bild?«, fragte ein Herr in den besten Jahren galant, der sich zu ihr gesellt hatte.
    »Ja. Sehr.« Anna beobachte ein tiefblaues Gemälde, in dem der nächtliche Himmel ein Großteil des Bildes einnahm. Die beiden überlebensgroßen, weiblichen Figuren übten auf sie eine magische Anziehungskraft aus. Das rätselhafte Licht, die fehlenden Gesichter, die schlafwandelnde Körperhaltung und die aus Brustkorb und Oberschenkel ragenden Schubläden taten ihr übriges.
    »Dalí hat das Bild 1936 gemalt. Ist es nicht faszinierend, dass es nicht altert?«
    Anna wandte sich dem freundlichen Herrn zu. Er trug einen kurzrasierten grauen Vollbart und hatte einen forschen Blick, allerdings ohne aufdringlich zu wirken. »Kennen wir uns?«
    »Frau Dr. Sanders-Robinson, wer kennt Sie nicht. Wir arbeiten beide an der Heinrich Heine Universität in Düsseldorf. Gestatten, Pierre Morel, ich lehre Kunstgeschichte.«
    »Kunstgeschichte? Dann kennen Sie Dali sicherlich sehr gut.« Es gab viele hundert Professoren in Düsseldorf. Anna beschäftigte mit kaum einem von ihnen, irgendwie peinlich, dass sie viele ihrer lehrenden Kollegen nicht erkannte.
    »Die brennende Giraffe.«
    »Wie bitte?«
    »So nannte Dalí dieses Bild. Ja. Ich kenne es. Aber ich glaube nicht, es wirklich zu verstehen.«
    »Ist das denn wichtig?«, fragte Anna, wobei sich ihre Augen wieder im Blau des kleinen Ölbildes verloren.
    »Nein. Vermutlich nicht. Was sehen Sie in diesem Werk?«
    »Eine zerbrechliche, hilfebedürftige und orientierungslose Person, die trotz ihrer Schwächen eine gewisse morbide Schönheit ausstrahlt.«
    »Es gibt Stimmen, dass Salvador Dalí uns damit mitteilen wollte, was er von uns hält. Er stellte den Menschen als ein gesichtsloses, beschädigtes Wesen dar, das orientierungslos und schwindend durch die Nacht irrt, wobei es von einem Leuchten erfüllt wird, welches es selber gar nicht wahrnehmen kann«, erläuterte Morel. Vielleicht sollte sich Anna mehr Zeit nehmen, Bilder zu betrachten.
    »Als ob man kaum von der Stelle kommt.« Anna lächelte. Es gab viele Momente, in denen sie sich genau so fühlte.
    »In einer Welt, in der jeder hektisch nach Erfolg strebt, kann das Empfinden von Geschwindigkeit leicht zu einer trügerischen Illusion werden.«
    »Wirklich?«, fragte Anna, der gerade keine bessere Frage eingefallen war. Morel erwischte sie auf dem falschen Fuß.
    »Zweifeln Sie oft an sich?«
    »Ich denke, das macht jeder vernünftige Mensch.«
    »Nein. Nicht jeder.« Die Stimme Pierre Morels veränderte sich, alles veränderte sich, die ganze Szenerie stürzte plötzlich von ihr hinweg. Anna ging einen Schritt zurück und stand allein und frierend in einem dunklen Raum.
    »Wo bin ich?«, fragte sie, noch verunsicherter.
    »Ich bin bei dir«, sagte Elias, der von hinten ihre Arme nahm und sie behutsam gemeinsam mit seinen vor ihr zusammenführte. Anna konnte ihn riechen, als er seitlich ihren Hals küsste. Ihm vertraute sie. Vor ihr wurde ein kleiner Punkt stetig heller.
    »Ich habe auf dich gewartet.« Die ganze Zeit. Das hatte Anna bereits ihr ganzes Leben. Das Licht. Es wirkte warm, geborgen, dort würde sie ihren Frieden finden.
    »Dann wird es dir auch nichts ausmachen, noch ein wenig länger zu warten«, erklärte er schroffer und hielt sie fest.
    »Wie ...« Anna verstand nicht.
    »DU WACHST JETZT AUF! SOFORT!«
     
    Als ob jemand eine glühende Nadel in

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