Genesis. Die verlorene Schöpfung (German Edition)
vitaminangereichertes Proteinpulver und diese Stärkepaste. Wobei Ruben mit Letzterer auch schon die Lafette des autonomen G2 Verteidigungsgeschützes repariert hatte.
Elias dachte nach, er wollte die jüngsten Ereignisse verstehen. Was schwer genug war. Unzählige Fragen schwirrten ihm im Kopf herum. Warum verhielt sich Vater mehr oder weniger wie ein Mensch? Warum wirkten AMENS und die R-12 KI auf ihn wie ein besserer Taschenrechner? Warum glaubte Vater, trotzdem nur eine begrenzte Instanz zu sein? Warum begann die Welt für alle im Habitat erst vor sieben Jahren? War der Absturz wirklich ein Unfall? Und warum befanden sich an Bord nur 31 Kinder? Was war die Horizon? Die R-12 KI nannte vorhin diesen Namen, war das die Bezeichnung ihres Raumschiffes? Ob die Horizon auch auf diesem Planeten abgestürzt war? Wenn dem so wäre, warum hatte es keine Rettungsmission gegeben? Oder Überlebende? Ob jemand nach ihnen suchte? Mit der Zeit wurde Elias schläfrig und nickte ein.
»Elias! Schnell! Ruben braucht deine Hilfe!«, rief Kezia, die ihn unsanft wachrüttelte.
»Was ist passiert?«
»Ruben ist kollabiert ... schnell! AMENS kann ihn nicht behandeln! Du musst ihm helfen!«
Elias zog sich hastig den gelben Hosenanzug über und rannte barfuß in die Mitte des Habitats, das wie eine mittig erhöhte Scheibe aufgebaut war. Kezia lief ihm nach. Von den außen kreisrund verteilten Schlafkabinen bis in das medizinische Zentrum war es nur ein kurzes Stück und wenige Stufen einer breiten Treppe hinauf. Sem hatte Ruben bereits auf den Behandlungsstuhl gelegt, Sarai stand an der Seite und diskutierte mit AMENS darüber, umgehend eine Behandlung zu beginnen. Ruben war nicht mehr bei Bewusstsein.
»Elias, endlich! AMENS kann Ruben nicht helfen! Bitte ... ich liebe ihn ... du musst helfen.« Sarai wirkte völlig aufgelöst. Sie trug ihren blonden Haarschopf offen und ihre geröteten Augen waren nicht zu übersehen.
»AMENS gib mir einen Status!«, ordnete Elias an, »und die anderen, bitte fasst nichts an und raus hier. Sonst ist hier nichts mehr steril!« Was es durch die Hektik so oder so nicht mehr war. Er musste die Kontrolle übernehmen.
»Elias! Bitte ...«, flehte ihn Sarai an, die Ruben und ihn nun , am Boden sitzend, durch eine Glasscheibe beobachtete. Kezia saß daneben, mit der Hand strich sie durch Sarais Haare. Sem ging dahinter unruhig auf und ab und rieb sich alle paar Sekunden nervös seine Glatze.
»Ruben hat einen septischen Schock. Körpertemperatur 39,4 Grad Celsius. Puls 135 Schläge pro Minute, Tendenz steigend. Blutdruck 85 systolisch, 58 diastolisch, Tendenz fallend. Ich habe das Blutbild analysiert, die Thrombozytenzahl ist vermindert, das Delta-7 Implantat wirkt toxisch«, erklärte AMENS sachlich.
»Behandlungsvorschlag?« Elias würde Ruben nicht einfach sterben lassen.
»Die notwendige Gabe von antibiotischen Substanzen ist nicht mehr möglich. Auch eine Beatmung würde den drohenden Herzstillstand nicht abwenden.«
»Nein! Wir werden Ruben retten! Los! Beatmung einleiten! Und Adrenalin für eine Reanimation vorbereiten!« Warum sonst hatte sich Elias von Vater mit medizinischer Literatur und chirurgischen Computersimulationen quälen lassen. Er war Arzt! Verdammt noch mal! Ruben durfte nicht sterben!
»Leite Beatmung ein«, kommentierte AMENS die Order, während sich ein mehrteiliges Beatmungssystem selbstständig an Rubens Gesicht anlegte.
»Patient auf den Bauch drehen, Nacken freilegen, wir operieren, Laser vorbereiten, Narkose und Kontrastmittel spritzen, das Implantat muss raus!« Das erschien Elias als der einzige Weg. Die Chancen von Ruben, die Operation zu überleben, waren ganz gut, eine kaum zu verhindernde Infektion zu überstehen, miserabel.
»Auch das Kontrastmittel ist nicht mehr verfügbar. Das Laserskalpell ist nicht sicher einsetzbar.« AMENS hörte nicht auf, weitere Hiobsbotschaften zu verkünden. Elias dachte nach, ohne das Kontrastmittel konnte AMENS die Schnitttiefe des Laserskalpells nicht selbstständig anpassen. Die Einschnitte könnten Ruben sofort töten. Er musste eine Entscheidung treffen. Sarai und Kezia starren ihn weiter an. Was sollte er nur tun, um seine beiden Schwestern nicht zu enttäuschen?
»Ich nehme das Besteck und operiere manuell. AMENS, Patient und Operateur desinfizieren.« Elias hatte manuelle Operationen bisher nur in Simulationen geübt. Vater hatte ihm als Training an den Eishaien die passenden Techniken gelehrt und deren Anatomie war
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