Genom
zurück in der fortschrittlichen, zivilisierten Umgebung der Stadt, wo er etwas zu essen bekommen und herausfinden konnte, was aus dem Arschloch Jiminy geworden war. Vorsichtig spähte er zwischen den Bäumen und Büschen hindurch, konnte jedoch keine Polizei und keine mobilen Scanner entdecken. Alles würde gut enden, wenn er ihrer Aufmerksamkeit bloß entgehen könnte, bis erdie Stadt erreicht hatte. Eine schnelle Veränderung, gerade ausreichend, um die allgegenwärtigen Kameras an den Straßenecken und Geschäften zu täuschen, und schon würde er sich wieder frei in der Stadt bewegen können. Die Veränderung war allerdings lebenswichtig. Sobald die Gesichtszüge einer Person erst einmal in der kontinentalen Suchdatenbank vorhanden waren, konnte jeder Polizist zwischen Moose Jaw und Managua augenblicklich darauf zugreifen.
Doch auch die Datenbank ließ sich täuschen. In einer Zeit, in der jeder ein vollständiges und sogar radikales Körpermeld vornehmen lassen konnte, war man in Tausenden von Fixkliniken oder sogar in einem der mehreren Hundert OPs, die auf zahllosen Neben-, Haupt- und Flugstraßen jedes Landes zu finden waren, in der Lage, ein simples Gesichtsmeld durchzuführen.
Er wollte gerade in das flache Wasser hinaustreten, als er das Knurren hörte.
In früheren Zeiten waren die einzigen gefährlichen großen Raubtiere, vor denen man an der Südostküste der alten USA auf der Hut sein musste, Alligatoren und Giftschlangen gewesen. Doch zusammen mit Hunderten anderer fremdartiger Pflanzen und Tiere waren auch die weitaus giftigeren Schlangen der Neuen Welt wie die Lanzen- und die Buschmeisterschlange, große Krokodile wie der Kaiman und das Orinokokrokodil, giftige Goldbaumsteigerfrösche (die besonders Kinder mit ihren hellen, clownartigen Farben faszinierten, was oft tödlich endete) und zahlreiche weitere exotische Raubkatzen eingewandert: Ozelot, Wieselkatze, Langschwanzkatze und auch eine Art, die der nichts ahnende Whispr soeben bei ihrem Frühstück gestört hatte.
Während er wie erstarrt dastand und das Tier anstarrte, konnte er dessen Kiefer und Zähne aus nächster Nähe bewundern, die dem Jaguar im Vergleich zu seiner Körpergröße den kraftvollsten Biss aller Großkatzen ermöglichten. So schwer wie eine afrikanische Löwin mit einhundertundfünfzig Kilo, lag das erwachsene Männchen neben seiner frisch erlegten Beute und keuchte wie eine Dampflok. Die unglaublich kräftige Katze hatte den jungen Bullen von einer Farm oder einer Futterstelle, wo sie ihn erlegt hatte, zu dieser Regenwaldinsel inmitten des Küstenreservats geschleift. Auch wenn er in der Lage war, den Kehlenbiss einzusetzen und wie seine Vettern, die Löwen und die Tiger, den Tod durch Ersticken herbeizuführen, war das Einzigartige am Jaguar, dass er es vorzog, direkt zwischen den Ohren in den Schädel zu beißen, das Gehirn seines Opfers zu durchbohren und es so noch schneller zu töten.
Als er langsam zwischen den hohen Bäumen hervortrat und auf das Wasser zuging, war dem verängstigten Whispr nur zu gut bewusst, dass das große Raubtier kein Problem damit haben würde, an ihm eine ähnliche Operation durchzuführen. Möglicherweise würde es ihn ja ignorieren, hoffte er panisch. Schließlich musste es ja noch einen ganzen jungen Stier verspeisen.
Der Jaguar starrte ihn unverwandt mit seinen durchdringenden gelben Augen an, als er ein zweites Mal knurrte und aufstand.
Whispr konnte nicht anders. Er war kein Held, und dies war auch keine Videodokumentation. Schreiend drehte er sich um und warf sich ins flache Wasser, wobei er mit den Händen um sich schlug, um möglichst schnell wegzukommen, wodurch es ihm gelang, in einem einzigen Moment gleich drei falsche Dinge auf einmal zu machen. Er schrie noch lauter, als er einen stechenden Schmerz im Nacken spürte. Mit hervorspringenden Augen sah er über seine linke Schulter, nur umder Großkatze direkt in die Augen zu blicken. Hätte er nicht mitten im Wasser gestanden, wäre er ohnmächtig geworden. Stattdessen tat er etwas völlig Vorhersehbares und gleichzeitig absolut Unfreiwilliges. Sein Schließmuskel gab nach, und er machte sich in die Hose. Abgeschreckt von diesem spasmodischen inneren Ausbruch, ließ der Jaguar von ihm ab.
Schwimmend und sich von dem schlammigen Boden abstoßend zwängte sich Whispr zwischen die dicht stehenden hohen Schilfgräser. Das Raubtier hinter ihm zögerte und beobachtete seine panikartige Flucht. Dann drehte es sich jedoch um und
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