Genom
das Boot auf Kurs zu halten, bis das lähmende Kribbeln seinen Körper wieder verlassen hatte. Es fühlte sich an, als wäre jede Pore seines Körpers von den Zehen bis zu den Haarspitzen eingeschlafen. Er kämpfte gegen den Effekt an, da er damit rechnete, dass die wütende Fischersfrau und ihre Brut dem gestohlenen Jetboot hinterhereilen würden. Sobald er wieder genug Gefühl in den Armen und Händen hatte, suchte er daher nach Werkzeug und nahm sich die Zeit, die automatische Notfallbarke des Bootes zu zertrümmern.
Vorerst konnte er zumindest erst einmal verschnaufen. Es war kein Verfolger in Sicht. Vielleicht war sich die Familie hinsichtlich der Art und der Fähigkeiten des Bootsdiebes im Unklaren. Möglichweise glaubte sie, dass ein Dieb, der mutig genug war, um während des Tages zuzuschlagen, auch bewaffnet wäre. Oder das andere Schiff war nicht fahrtauglich oder noch nicht wieder aufgeladen. Aus welchem Grund auch immer sie ihn nicht verfolgten, er blieb auch unbehelligt, nachdem er die äußeren, auf Stelzen stehenden Vororte der Stadt erreicht hatte. Er seufzte vor Erleichterung jedochnicht auf – dadurch hätte sich die schmerzende Haut auf seinem Rücken nur gedehnt –, fühlte sich jedoch ein kleines bisschen entspannter.
Er musste das Schiff so schnell wie möglich loswerden. Inzwischen hatte die Familie der Polizei bestimmt längst eine Beschreibung des Diebes und des gestohlenen Bootes übermittelt. Wäre diese wohl genau genug, um es den Behörden zu ermöglichen, sie mit den Bildern der Sicherheitskameras des Schluckers oder der Informationen, die sie von Jiminy erhalten hatte, in Einklang zu bringen?
Natürlich konnte er nicht wissen, dass die langen Arme der Bürokratie der Polizei von Savannah den Schlucker zwar längst der Komplizenschaft bezichtigten und sich sein ehemaliger Partner und Gefährte Jiminy Grille bereits in einem Stadium befand, in dem er nichts mehr ausplaudern konnte.
Früher hätte ein Dieb bis zum Anbruch der Nacht gewartet, um ein gestohlenes Fahrzeug zu entsorgen. Seit der Installation automatisierter städtischer Sicherheitsüberwachungsanlagen, die im Dunkeln ebenso gut sehen konnten wie im Hellen, war die Nacht nicht länger gut für Diebe. Whispr wusste, dass er an einem normalen Arbeitstag eine größere Chance hatte, unerwünschter Aufmerksamkeit zu entgehen, wenn er sich einfach unter die Massen an Naturals und Melds mischte, als wenn er bis nach Sonnenuntergang wartete, da sich dann bedeutend weniger Menschen auf den Straßen aufhielten. Schließlich war er bei Weitem nicht der einzige Vertreter der künstlich Verschlankten auf den Straßen von Savannah.
Nachdem er sich, so gut es ging, mit dem, was ihm auf dem Boot zur Verfügung stand, gereinigt hatte, fuhr er zu einem der vielen öffentlichen Piers am Fluss und dockte dort an. Er achtete auch darauf, dass es so aussah, als hätte er das Bootgut verankert. Dann stellte er den Timer so ein, dass sich die Klammern an der Hülle nach zwanzig Minuten wieder lösten. Wenn er Glück hatte, würde das Boot mit der Strömung flussaufwärts treiben und vielleicht von einem großen Frachtschiff überfahren werden oder auf das Meer hinaustreiben. Er konnte nicht riskieren, es einfach vom Pier abzustoßen, da irgendein guter Samariter das bemerken und zum Wohle seines unwissenden »Besitzers« einschreiten könnte.
Niemand folgte ihm, als er den Pier verließ, und einen Block weiter hatte er schon die nächste der lautlosen, automatisierten öffentlichen Transportlinien der Stadt erreicht. Als er einstieg, warfen ihm ein oder zwei andere Passagiere einen kurzen Blick zu, nur um diesen dann wieder abzuwenden. Er war zwar weit davon entfernt, so geschniegelt und gebügelt auszusehen, dass er das Titelblatt eines Modemagazins zieren konnte, doch er war auch nicht so schmutzig wie einige der Aberhunderte von Bumelds, die es in jedem Ballungsgebiet gab. Möglichst unauffällig versuchte er, sein Gesicht ebenso wie seinen Körper von den internen Sicherheitskameras des Transportmittels abzuwenden.
Als Schutzmaßnahme hatten Jiminy und er stets falsche Adressen auf ihren offiziellen (und inoffiziellen) Papieren angegeben. Da die Polizei natürlich wusste, dass es sich bei dem gesuchten Individuum um einen Verbrecher handelte, würde sie das in Betracht ziehen. Dennoch würde sie einige Zeit brauchen, bis sie seine richtige Adresse ermittelt hatte. Nur um sicherzugehen und vernünftige Vorsichtsmaßnahmen einzuhalten,
Weitere Kostenlose Bücher