Gentec X 05 - Luna City
Defekten. Dann jedoch sagte ich mir, dass ich mich auf die Gegenwart besinnen sollte. Bis zum Geburtstermin waren es noch mehrere Monate, und so lange musste ich erst einmal überleben.
Und vor allem nicht den Gencoys in die Hände fallen. Sonst konnte ich schwanger im Genpool landen. Oder ich wurde in eine Androidin verwandelt, so wie mein Zweitältester Bruder Ben zu einem Androiden geworden war.
Ein Androidin sollte kein Kind gebären, die Reproduktionsmöglichkeiten der Gencoys und ihrer Kreaturen waren andere. In dem Fall würde mein Kind abgetötet werden, seine Rohstoffe, die die Gencoys gebrauchen konnten, aus meiner Gebärmutter herausgesaugt.
Ich zitterte, ein ziehender Schmerz fuhr mir durch den Leib – was jedoch rein psychisch war. Ich schaute mich um.
»Nita, was hast du?«, fragte Nick.
»Es ist nichts«, log ich, um ihn nicht zu beunruhigen.
Alle Nichtmutanten waren da, von den Osterinseln auf den Mond teleportiert, wenn die Absicht des Mutantenteams gelungen war. Wenn nicht, würden wir es sehr bald merken.
Nick stand neben mir, 1,85 m groß, dunkelhäutig und so schlank und geschmeidig wie eine Degenklinge. Mein verwirrt wirkender Vater, ferner Iquiri, die Chicago in ihren Armen hielt und sich ebenfalls verwirrt umschaute. Wir befanden uns in einer hohen Halle, die durchaus zu den Kavernen von Luna City gehören konnte.
Unsere Kleidung war zerfetzt nach all den Strapazen, die hinter uns lagen. Chicago war nach wie vor in den alten Poncho gewickelt. Lappen dienten ihr als behelfsmäßige Windeln. Dafür war Iquiri zuständig. Nachdem Vesuvia uns nicht mehr wärmte war es kühl, wenn auch nicht so eisig wie auf den Osterinseln. Die Halle war leer bis auf ein paar riesige Transportkisten und einen verstaubten Mondgleiter in der Ecke. Demnach befanden wir uns tatsächlich auf dem Mond.
Kühle Luft strömte aus den Frischluftschächten. Sie war künstlich erzeugt und steril, ungewohnt für die Lungen. Auch die Schwerkraft war anders. Normalerweise betrug sie auf dem Mond ein Sechstel der Erdgravitation. Doch innerhalb der Kuppelstädte gab es Anlagen, die eine fast der Erde angeglichene Schwerkraft erzeugten.
Allerdings hatten sie Aussetzer, wie ich merkte, als ich bei einem normalen Schritt einen Hüpfer vollführte. Die Synchronisation war nicht perfekt.
Ich fluchte, weil ich mich an einer Sockelkante gestoßen hatte. Nick grinste breit.
»Was gibt's da zu lachen?«, fragte ich.
»Dass die Gravs Aussetzer haben, sehe ich positiv, Nita. Wären sie mit Genchips bestückt und würden vom Gentec-Konzern gewartet, würden sie perfekt synchronisiert sein. Hier hat jemand eine andere Technik eingesetzt.«
»Wer sollte das sein?«
»Das werden wir bald erfahren.«
Neuer Mut erfasste uns. Ich übersetzte Nicks Worte mit dem telepathischen Würfel, den mir Ast'gxxirrth gegeben hatte, für Iquiri. Einen Moment wurde mir schwindlig, kein Wunder, nach allem, was hinter uns lag. Nick erfasste meine Schwäche und nahm mich in die Arme.
Ich schmiegte mich an ihn. Zwischen uns stimmte wieder alles. Längst hatte ich ihm verziehen, dass er vor einer Zeit, die mir in einem anderen Leben gewesen zu sein schien, einen Seitensprung mit meiner besten Freundin begangen hatte. Sie lebte nicht mehr.
Wir küssten uns. Warm spürte ich Nicks Lippen auf meinen. Für kurze Zeit vergaßen wir die Umgebung. Dann räusperte sich Dad.
»Nita«, sagte er und putzte an seiner Brille herum, »wir sollten wirklich zusehen, dass wir die Lage erkunden statt uns hier aufzuhalten.«
»Es freut mich, dass du wieder bei dir bist, Dad.«
Er lächelte sorgenvoll. Wir verließen die Halle. Waffenlos, wie wir waren, waren wir besonders auf der Hut. Die nächste Tür wurde geöffnet. Durch ein Vorratslager, in dem wir uns mit Lasern bewaffneten und Schutzanzüge anlegten, gelangten wir zu einem schräg nach oben führenden Laufband.
Die Anlagen waren gigantisch. Die NASA hatte hier allerhand geleistet. Außer der Kuppelstadt Luna City mit dem Raumhafen Luna Port gab es auf dem Mond noch die Bergwerksstadt Camp Uranium und ein paar kleinere Camps mit Bergwerken und Schürfstellen. Iridium Point zum Beispiel. Dort wurden seltene und hochwertige Metalle abgebaut.
Die Stationen auf dem Mars und der Venus waren unbemannt. Zur Venus war ehe die Gencoy-Offensive losbrach eine Raumsonde unterwegs gewesen, die ein paar Wissenschaftler zu der dortigen Station bringen sollte. Ob sie ihr Ziel noch erreichten, war fraglich und spielte im
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