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Geopfert - [Gus Dury ; 1]

Geopfert - [Gus Dury ; 1]

Titel: Geopfert - [Gus Dury ; 1] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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du kennst das Klatschmaul – er hat mir die Kurzfassung erzählt. Tut mir leid, Col. Wirklich sehr leid.«
    Col legte eine Hand auf meine Schulter. »Du hast die ganze Geschichte gehört, oder?«
    Ich senkte den Blick, nickte kurz.
    »So hätte mein Billy nicht sterben dürfen. Als wir uns das letzte Mal unterhalten haben, da hat er noch gesagt, er würde einen Volltreffer landen – er war voller großer Pläne, weißt du.«
    Col zitterte, brachte die Worte nur mühsam heraus. Er schien vor meinen Augen um Jahrzehnte zu altern.
    »Er hat dauernd davon geredet, viel Geld zu verdienen, Gus, aber irgendwo ist er auf Abwege geraten. Seine Mutter ist ganz außer sich, das Haus ist die reinste Müllkippe – du müsstest sehen, in welchem Zustand es ist!«
    Ich war verdutzt, dann ging mir auf, dass er wieder ganz der Alte war und seine Gefühle mit Humor zu kaschieren versuchte.
    Ich ließ mich darauf ein. »Ich wische keinen Staub, Col.«
    Gelächter.
    Wir hatten die Stimmung entspannt. Col brachte ein klägliches Lächeln zustande. »In der Richtung kann ich dir keine Arbeit anbieten, aber es gibt tatsächlich etwas, was du für mich tun könntest.«
    Er stützte sich auf die Theke. Seine Augen weiteten sich. Man sah viel Weiß, aber die dunklen Pupillen wirkten gehetzt. »Du kennst dich doch bei solchen Sachen aus, oder nicht?«
    Ich versuchte wegzusehen, doch seine Augen ließen mich nicht los.
    »Col, ich bin raus aus dem Job.«
    »Aber du hast Klasse. Das ist doch genau dein Ding.«
    Ich wusste, was er meinte, aber es schien etwas aus einem früheren, anderen Leben zu sein.
    Ich hob mein Glas, leerte es. »Das hier ist jetzt mein Ding.«
    »Gus, komm schon, du vergisst, dass ich dich schon vorher kannte.«
    Ich wusste sofort, was mit vorher gemeint war.
    Die Sache ist, ich bin Col etwas schuldig. Nicht im Sinne von Schulden, sondern einfach – na ja – moralisch. Er ist immer gut zu mir gewesen, seit meine Schwierigkeiten anfingen, war er ein bisschen so was wie eine Vaterfigur. Allerdings nicht wie mein Vater. M-mhm. Es gibt nur wenige, die dem gewaltigen Cannis Dury das Wasser reichen können. Man könnte sagen, gerade weil Col so anders ist als mein alter Herr, hat er sich meinen Respekt verdient.
    »Ich würde gern helfen, das würde ich wirklich, aber was könnte ich denn schon groß tun?«
    »Das Gleiche wie damals, als wir dieses kleine Problem hatten.«
    Als bei mir alles den Bach runterging, hat Col mir geholfen. Ein paar seiner Angestellten meinten, ihre Bezahlung bestünde aus zweihundert die Woche plus alles, was sie noch mitgehen lassen konnten. Mir gab er den Security-Job und ein Dach über dem Kopf. Ich war ihm sehr dankbar. Bin es immer noch.
    »Das war eine völlig andere Sache.« Vom hausinternen Schnüffler zum Möchtegern-Detektiv schien es mir ein ziemlicher Sprung zu sein. Mit unserem gegenwärtigen Arrangement war ich völlig zufrieden – frei Wohnen, nur ein Stolpern bis zur Theke.
    »Sieh dich einfach in der Stadt um, geh zu deinen alten Kumpeln und schnüffle ein bisschen herum.«
    »Schreiberlinge haben keine Kumpel, Col.«
    »Du bist kein Schreiberling – du bist Qualität, Junge!«
    Ich lachte. »Halb richtig. Ich bin kein Schreiberling mehr.«
    Ich hob mein Glas, deutete auf den Whisky auf dem Regal. Col schenkte sofort nach und stellte die Flasche vor mich hin. Er bekam wieder große Augen. Als ich hineinsah, bemerkte ich, dass sie einen roten Rand bekommen hatten. Ich sah den Kummer in ihnen. Aufrichtige Trauer. Ich kannte dieses Territorium.
    »Ich verspreche nichts«, sagte ich.
    Er lächelte, und seine Augen strahlten wie Scheinwerfer. »Abgemacht. Gus, mehr könnte ich nicht verlangen. Du hast ja keine Ahnung, wie viel mir das bedeutet. Die Verbindung zwischen Vater und Sohn ist etwas sehr Kostbares.«
    »Wem sagst du das«, sagte ich.

I ch hab keinen Schimmer, wie lang ich schon im Pennerleben abgesoffen bin. Mindestens ein Jahr, vielleicht auch länger. Die meiste Zeit habe ich im Holy Wall verbracht und mir Cols Moralpredigten angehört, mich aber nie danach gerichtet. In dieser Hinsicht ist er komisch: tiefreligiös. Es ist, als lebte jeder von uns in seiner eigenen Welt, was ehrlich gesagt wahrscheinlich genau das ist, was ich brauche.
    Ich weiß, dass er das Herz auf dem rechten Fleck hat. Er will mich motivieren, mich zurück ins Leben holen. Aber ich weiß längst, dass ich das nicht will. Mir ist einfach nicht danach. Alles, was ich noch will, ist abends ein paar

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