Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition)
kompromittiert bin und daß die Haussuchung nur vorgenommen worden, weil ich nicht liederlich und nicht sklavisch genug aussehe, um für keinen Demagogen gehalten zu werden. Eine solche Gewalttat stillschweigend ertragen, hieße die Regierung zur Mitschuldigen machen; hieße aussprechen, daß es keine gesetzliche Garantie mehr gäbe; hieße erklären, daß das verletzte Recht keine Genugtuung mehr erhalte. Ich will unserer Regierung diese grobe Beleidigung nicht antun.
Wir wissen nichts von Minnigerode; das Gerücht mit Offenbach ist jedenfalls reine Erfindung; daß ich auch schon da gewesen, kann mich nicht mehr kompromittieren, als jeden anderen Reisenden… – Sollte man, sowie man ohne die gesetzlich notwendige Ursache meine Papiere durchsuchte, mich auch ohne dieselbe festnehmen, in Gottes Namen! ich kann so wenig darüber hinaus, und es ist dies so wenig meine Schuld, als wenn eine Herde Banditen mich anhielte, plünderte oder mordete. Es ist Gewalt, der man sich fügen muß, wenn man nicht stark genug ist, ihr zu widerstehen; aus der Schwäche kann Einem kein Vorwurf gemacht werden. (…)
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An die Familie
um den 23. August 1834
Aus Gießen nach Darmstadt
(…) Es sind jetzt fast drei Wochen seit der Haussuchung verflossen, und man hat mir in Bezug darauf noch nicht die mindeste Eröffnung gemacht. Die Vernehmung bei dem Universitätsrichter am ersten Tage kann nicht in Anschlag gebracht werden, sie steht damit in keinem gesetzlichen Zusammenhang; der Herr Georgi verlangt nur als Universitätsrichter von mir als Studenten : ich solle mich wegen meiner Reise ausweisen, während er die Haussuchung als Regierungscommissär vornahm. Ihr sehet also, wie weit man es in der gesetzlichen Anarchie gebracht hat. Ich vergaß, wenn ich nicht irre, den wichtigen Umstand anzuführen, daß die Haussuchung sogar ohne die drei, durch das Gesetz vorgeschriebenen Urkundspersonen vorgenommen wurde, und so um so mehr den Charakter eines Einbruchs an sich trägt. Das Verletzen unserer Familiengeheimnisse ist ohnehin ein bedeutenderer Diebstahl, als das Wegnehmen einiger Geldstücke. Das Einbrechen in meiner Abwesenheit ist ebenfalls ungesetzlich; man war nur berechtigt, meine Türe zu versiegeln, und erst dann in meiner Abwesenheit zur Haussuchung zu schreiten, wenn ich mich auf erfolgte Vorladung nicht gestellt hätte. Es sind also drei Verletzungen des Gesetzes vorgefallen: Haussuchung ohne dringenden Verdacht (ich bin, wie gesagt, noch nicht vernommen worden, und es sind drei Wochen verflossen), Haussuchung ohne Urkundspersonen , und endlich Haussuchung am dritten Tage meiner Abwesenheit ohne vorher erfolgte Vorladung . –
Die Vorstellung an das Disziplinargericht war im Grund genommen überflüssig, weil der Universitätsrichter als Regierungscommissär nicht unter ihm steht. Ich tat diesen Schritt nur vorerst, um nicht mit der Türe ins Haus zu fallen; ich stellte mich unter seinen Schutz, ich überließ ihm meine Klage. Seiner Stellung gemäß mußte es meine Sache zu der seinigen machen, aber die Leute sind etwas furchtsamer Natur; ich bin überzeugt, daß sie mich an eine andere Behörde verweisen. Ich erwarte ihre Resolution… Der Vorfall ist so einfach und liegt so klar am Tage, daß man mir entweder volle Genugtuung schaffen oder öffentlich erklären muß, das Gesetz sei aufgehoben und eine Gewalt an seine Stelle getreten, gegen die es keine Appellation, als Sturmglocken und Pflastersteine gebe. (…)
1835
37
An Johann David Sauerländer
21. Februar 1835
Aus Darmstadt nach Frankfurt am Main
Geehrtester Herr!
Ich gebe mir die Ehre Ihnen mit diesen Zeilen ein Manuscript zu überschicken. Es ist ein dramatischer Versuch und behandelt einen Stoff der neueren Geschichte. Sollten Sie geneigt sein das Verlag desselben zu übernehmen, so ersuche ich Sie mich so bald als möglich davon zu benachrichtigen, im entgegengesetzten Falle aber das Manuscript an die Heyerische Buchhandlung dahier zurückgehn zu lassen.
Sie würden mich sehr verbinden, wenn Sie dem Herrn Karl Guzkow den beigeschloßnen Brief überschicken und ihm das Drama zur Einsicht mitteilen wollten.
Haben Sie die Güte eine etwaige Antwort in einer Couverte mit der Adresse: an Frau Regierungsrat Reuss zu Darmstadt, an mich gelangen zu lassen. Verschiedne Umstände lassen mich dringend wünschen, daß dies in möglichster Kürze der Fall sei.
Hochachtungsvoll verbleibe ich
Ihr
ergebenster Diener G Büchner.
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An Karl Gutzkow
21. Februar
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