Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition)
Ihnen wirklich an den Sohlen? Ich kann Alles hören, nur nicht, daß Sie nach Amerika gehen. Sie müssen sich in der Nähe halten, (Schweiz, Frankr.) wo Sie Ihre herrlichen Gaben in die deutsche Literatur hineinflechten können; denn Ihr Danton verrät einen tiefen Fond, in den viel hineingeht, und viel heraus, und das sollten Sie ernstlich bedenken. Solche versteckte Genies, wie Sie, kommen mir grade recht; denn ich möchte, daß meine Prophezeiung für die Zukunft nicht ohne Belege bliebe, und Sie haben ganz das Zeug dazu, mitzumachen. Ich hoffe, daß Sie mir hierauf keine Antwort schuldig bleiben.
Wollen Sie Folgendes: Ich komme zu Ihnen hinüber nach Darmstadt, bring’ Ihnen das Geld und fange mit Ihnen gemeinschaftlich an, aus Ihrem Danton die Veneria herauszutreiben nicht durch Metall, sondern linde, durch Vegetabilien und etwas sentimentale Tisane. Es ist verflucht, aber es geht nicht anders, und ich vergebe Ihnen nicht, daß Sie mich bei dieser Dollmetscherei und Vermittlerschaft zwingen, die Partie der Prüderie zu führen. Können Sie sich aber noch halten in Darmstadt, so bekommen Sie das Geld und Mscript durch Heyer, worauf Sie aber letztres unfehlbar einen Tag später wieder abliefern müssen.
Ihr Gutzkow.
42
Von Karl Gutzkow
5. März 1835
Aus Frankfurt am Main nach Darmstadt
Liebster!
Sauerländer widerrät mir, nach Darmst. zu gehen, weil ihm freilich daran gelegen sein muß, daß ich mich so kauscher, als möglich erhalte. Doch möcht’ ich Sie gern sprechen; und ich erwarte deshalb bestimmt von Ihnen (Sie können direkt an mich adressieren Wolfseck ) genaure Angabe Ihrer Lage, ob Sie nicht ausgehen dürfen und es denn nicht möglich wäre, daß wir uns in irgend einem Gasthofe ein Rendezvous gäben. Um 10 Uhr Morgens geht hier ein Postwagen ab: da wär’ ich zu Mittag drüben, spräche einige Stunden mit Ihnen und wäre Abends wieder in meiner Behausung. Was dabei so gefährliches ist, seh’ ich nicht: es sei denn, daß Sie als Pech in Darmstadt herum wandeln, und jeden wieder in’s Pech brächten, der einige Worte mit Ihnen spricht. Oder gehen Sie gar nicht aus; dann such’ ich Sie in Ihrem Versteck. Vor allen Dingen vertilgen Sie meine Briefe!
Daß Sie nach Fr. gehen: ist gut. So bleiben Sie doch in der Nähe und können für Deutschl. etwas tun. Arbeiten Sie ja für den Phönix: wenn Sie keine Quellen in Fr. haben, müssen Sie solche Verbindungen nicht abweisen. – Wenn Sie mir über Ihre Lage einige Aufklärungen geben, komm’ ich sogleich: ich bin so einer Erholung bedürftig, da ich in einigen Tagen meine Tragödie Nero fertig habe.
Ihr Gutzkow
PS. Überschicken Sie mit Ihrem Briefe auch die Quittung!
43
An die Familie
9. März 1835
Aus Weißenburg nach Darmstadt
Eben lange ich wohlbehalten hier an. Die Reise ging schnell und bequem vor sich. Ihr könnt, was meine persönliche Sicherheit anlangt, völlig ruhig sein. Sicheren Nachrichten gemäß bezweifle ich auch nicht, daß mir der Aufenthalt in Straßburg gestattet werden wird… Nur die dringendsten Gründe konnten mich zwingen, Vaterland und Vaterhaus in der Art zu verlassen… Ich konnte mich unserer politischen Inquisition stellen; von dem Resultat einer Untersuchung hatte ich nichts zu befürchten, aber Alles von der Untersuchung selbst… Ich bin überzeugt, daß nach einem Verlaufe von zwei bis drei Jahren meiner Rückkehr nichts mehr im Wege stehen wird. Diese Zeit hätte ich im Falle des Bleibens in einem Kerker zu Friedberg versessen; körperlich und geistig zerrüttet wäre ich dann entlassen worden. Dies stand mir so deutlich vor Augen, dessen war ich so gewiß, daß ich das große Übel einer freiwilligen Verbannung wählte. Jetzt habe ich Hände und Kopf frei… Es liegt jetzt Alles in meiner Hand. Ich werde das Studium der medicinisch-philosophischen Wissenschaften mit der größten Anstrengung betreiben, und auf dem Felde ist noch Raum genug, um etwas Tüchtiges zu leisten und unsere Zeit ist grade dazu gemacht, dergleichen anzuerkennen. Seit ich über der Grenze bin, habe ich frischen Lebensmut, ich stehe jetzt ganz allein, aber gerade das steigert meine Kräfte. Der beständigen geheimen Angst vor Verhaftung und sonstigen Verfolgungen, die mich in Darmstadt beständig peinigte, enthoben zu sein, ist eine große Wohltat. (…)
44
An Karl Gutzkow
Um Mitte März 1835
Aus Straßburg nach Frankfurt am Main
Verehrtester!
Vielleicht haben Sie durch einen Steckbrief im Frankfurter Journal meine Abreise
Weitere Kostenlose Bücher