Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition)
man mir in Darmstadt die abenteuerlichsten Dinge nachsagt; man hat mich bereits dreimal an der Grenze verhaften lassen. Ich finde es natürlich; die außerordentliche Anzahl von Verhaftungen und Steckbriefen muß Aufsehen machen, und da das Publikum jedenfalls nicht weiß, um was es sich eigentlich handelt, so macht es wunderliche Hypothesen…
(…) Aus der Schweiz habe ich die besten Nachrichten. Es wäre möglich , daß ich noch vor Neujahr von der Züricher Fakultät den Doctorhut erhielte, in welchem Fall ich alsdann nächste Ostern anfangen würde, dort zu dozieren. In einem Alter von zwei und zwanzig Jahren wäre das Alles, was man fordern kann…
(…) Neulich hat mein Name in der Allgemeinen Zeitung paradiert. Es handelte sich um eine große literarische Zeitschrift, deutsche Revue , für die ich Artikel zu liefern versprochen habe. Dies Blatt ist schon vor seinem Erscheinen angegriffen worden, worauf es denn hieß, daß man nur die Herren Heine, Börne, Mundt, Schulz, Büchner etc. zu nennen brauche, um einen Begriff von dem Erfolge zu haben, den diese Zeitschrift haben würde. – Über die Art, wie Minnigerode mißhandelt wird, ist im Temps ein Artikel erschienen. Er scheint mir von Darmstadt aus geschrieben; man muß wahrhaftig weit gehen, um einmal klagen zu dürfen. Meine unglücklichen Freunde! (…)
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An Karl Gutzkow
nach Mitte November 1835
Aus Straßburg nach Frankfurt am Main
(…) Sie erhalten hiermit ein Bändchen Gedichte von meinem Freunde Stöber. Die Sagen sind schön, aber ich bin kein Verehrer der Manier à la Schwab und Uhland und der Partei, die immer rückwärts ins Mittelalter greift, weil sie in der Gegenwart keinen Platz ausfüllen kann. Doch ist mir das Büchlein lieb; sollten Sie nichts Günstiges darüber zu sagen wissen, so bitte ich Sie, lieber zu schweigen. Ich habe mich ganz hier in das Land hineingelebt; die Vogesen sind ein Gebirg, das ich liebe wie eine Mutter, ich kenne jede Bergspitze und jedes Tal und die alten Sagen sind so originell und heimlich und die beiden Stöber sind alte Freunde, mit denen ich zum Erstenmal das Gebirg durchstrich. Adolph hat unstreitig Talent, auch wird Ihnen sein Name durch den Musenalmanch bekannt sein. August steht ihm nach, doch ist er gewandt in der Sprache.
Die Sache ist nicht ohne Bedeutung für das Elsaß, sie ist einer von den seltnen Versuchen, die noch manche Elsässer machen, um die deutsche Nationalität Frankreich gegenüber zu wahren und wenigstens das geistige Band zwischen ihnen und dem Vaterland nicht reißen zu lassen. Es wäre traurig, wenn das Münster einmal ganz auf fremdem Boden stünde. Die Absicht, welche zum Teil das Büchlein erstehen ließ, würde sehr gefördert werden, wenn das Unternehmen in Deutschland Anerkennung fände und von der Seite empfehle ich es Ihnen besonders.
Ich werde ganz dumm in dem Studium der Philosophie; ich lerne die Armseligkeit des menschlichen Geistes wieder von einer neuen Seite kennen. Meinetwegen! Wenn man sich nur einbilden könnte, die Löcher in unsern Hosen seien Palastfenster, so könnte man schon wie ein König leben, so aber friert man erbärmlich. (…)
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Von Karl Gutzkow
4. Dezember 1835
Aus Mannheim nach Straßburg
Mein Lieber!
Ich sitz’ im Gefängnis – wie und wodurch das kam, ein Andermal – wenn ich mich in mein Schicksal zu finden weiß. Zunächst dies, daß ich des Angriffes auf die Religion beschuldigt bin.
Erst wollt’ ich fliehen und schrieb an Mr. Boulet in Paris, für mich zu sorgen. Wahrscheinlich ist unter Ihrer Adresse von da ein Brief an mich gekommen. Schicken Sie ihn mir hieher mit besonderm Couvert an den Dr. Löwenthal.
Wie glücklich sind Sie in der Freiheit! Ich sehe voraus, daß ich lange werde geplagt werden. Menzel hat mich soweit gebracht. Ich bin zusammenhängender Ideen nicht fähig. Ein andermal mehr, wenn es sich aus den Eisenstäben schmuggeln läßt.
Ihr G.
1836
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An Ludwig Büchner
1. Januar 1836
Aus Straßburg nach Darmstadt
Prost Neujahr Hammelmaus!
Ich höre, daß Du ein braver Junge bist, die Eltern haben ihre Freude an Dir. Mache, daß es immer so sei. Es ist mir ein schönes Weihnachtgeschenk, dies von Dir zu hören. Du zeichnest nett, fahre so fort, Louis Jaeglé hatte große Freude daran und am Büchsenlecker und da läßt er Dir durch mich ein Buch mit Zeichnungen schicken. Da hast Du etwas um Dich zu üben. – Ist Lottchen Cellarius mit Dir zufrieden und ist es mit dem Stück am Weihnachtabend gut
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