George Clooney, Tante Renate und ich (German Edition)
den Bildschirm. Nicht zu fassen! Das war nun sage und schreibe die sechste Absage, die mir der Herr Illustrator um die Ohren knallte! Und dann sollte ich mich auch schon wieder um seine Verlagskontakte kümmern? Was dachte sich dieser Idiot eigentlich? Dass ich seine Sekretärin war?
Ich lehnte mich in meinem Schreibtischstuhl zurück, holte tief Luft und versuchte, meine Gedanken zu ordnen. Etwas fühlte sich heute anders an als sonst: Der Schuldbewusstseinsschalter, der seit Kindesbeinen fest in meinem Kopf installiert war, hatte sich nicht umgelegt. Stattdessen wurde ich wütend, und zwar auf Tobias und auf mich selbst. Ich hätte ihn schon nach der dritten Absage in die Wüste schicken sollen!
Da hatte ich mich wieder sauber ausnutzen lassen. Und immer Verständnis gehabt für den armen Künstler, der vor lauter Arbeit nicht aus den Augen schauen und sich deshalb nicht um mich kümmern konnte. Dabei war er die ganze Zeit hauptsächlich an meinen Verlagskontakten interessiert gewesen.
«Damit ist jetzt ein für alle Mal Schluss, Eva!», sagte ich laut. «Sowohl mit diesem Trottel als auch mit der Selbstverarschung!»
Mit einem energischen Tastendruck löschte ich die Mail. LG … Er konnte sich seine Abkürzungen sonst wohin schieben. «Vielleicht hat Antonia ja Lust.» Sollte ich nach dem Essen auch noch mit ihr ins Bett gehen? Nein, das musste ich mir nicht bietenlassen!
Stattdessen war es höchste Zeit, mich endlich zu fragen, was ich eigentlich wollte.
Ich strich die angefangene «Maike-Liste» durch und schrieb:
Umgehend erledigen:
Tobias abservieren (Persönlich? Per Mail? Gute Gelegenheit abwarten!!!)
Mich von keinem Mann mehr ausnutzen lassen. Und wenn er noch so schön ist!
Mir generell das Leben von KEINEM Sackgesicht mehr vermiesen lassen.
Einen hübschen, verlässlichen, sympathischen Mann finden, der mich nicht ausnutzen will (siehe 2.). Der Zeit für mich hat UND ein guter Liebhaber ist.
Ausschweifender Sex mit o.g. Mann (siehe 4.).
Ich riss das Blatt vom Block und pinnte es direkt vor mir an die Wand, damit ich es ja nicht aus den Augen verlieren konnte.
Und jetzt? Ich beschloss, etwas zu kochen. Das würde mich von der Tobias-Misere ablenken, und Antonia würde sich darüber freuen, wenn sie müde aus der Schule kam.
Missgelaunt schlappte ich in die Küche und sah in Kühlschrank und Vorratskammer. Immerhin war hier die Lage nicht so hoffnungslos wie in meinem Beziehungsleben: Zwiebeln, roher Schinken, Knoblauch, Tomatenpampe, Kapern und Pecorino. Das konnten wunderbare Spaghetti all’amatriciana werden, und als Vorspeise würde ich die Caprese servieren.
Mein Blick fiel auf einen Becher saurer Sahne, die ihre beste Zeit schon hinter sich hatte. Genauso wie meine Beziehung mit Tobias. War das die Erklärung, warum viele Beziehungen nach der ersten Leidenschaftswelle die Grätsche machten? Ein Verfallsdatum von Verliebtheit und Glück? Und wie fand man es heraus?
Ich sah das Antwortschreiben auf meine Anfrage vor mir:
Sehr geehrte Frau Schumann,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 8. 5.
Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass Ihre Verliebtheit tatsächlich nicht mehr ganz frisch und das Haltbarkeitsdatum im Falle Ihres Glücks bereits um einige Wochen überschritten ist.
Da Sie die Verlängerungsfrist gem. § 157 Absatz 2 nicht eingehalten haben, müssen wir Sie darauf hinweisen, dass ein neuer Glücksantrag frühestens wieder in sechs Monaten gestellt werden kann. Machen Sie das Beste aus dieser Zeit!
Mit freundlichen Grüßen
Julia Rheinsberg
Amt für Herzensangelegenheiten und Ekstase
«Schweine!», rief ich und schlug mit der flachen Hand auf die Tischplatte. «Alles Schweine, und alle sind sie gegen mich!»
«Ist was passiert?» Antonia, die gerade zur Tür hereinkam, sah mich mit großen Augen an. «Schlechte Nachrichten?»
«Die saure Sahne ist sauer», sagte ich mürrisch.
«Das ist ihre Bestimmung», sagte Antonia, ganz die besserwisserische Lehrerin. «Frau Wolf ist übrigens wieder da.» Sie ließ sich auf einen der Küchenstühle fallen. «Sie hat mich so vollgequatscht, dass ich schon befürchtet habe, heute nicht mehr hier oben anzukommen.»
Linker Schuh weggekickt, rechter Schuh weggekickt. Jeden Tag das gleiche Ritual.
«He, warst du beim Friseur? Sieht gut aus mit den Strähnchen!»
«Ja. Aber es sind keine Strähnchen, sondern ‹Iihfäkts›. Also, was erzählt die Wolf? Hat es ihr in Berlin gefallen? Und hat Herbertchen die Woche Hundepension gut
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