George Clooney, Tante Renate und ich (German Edition)
wäre es, wenn du mich heute Nachmittag in den Verlag begleitest?», fragte ich. «Ich muss dort noch was abholen, und von der Friedrichstraße aus gehen wir danach noch ein bisschen bummeln. Das wird dich auf andere Gedanken bringen.»
«Das wird nicht gehen», sagte meine Tante. «Ich muss mal wieder in meine Wohnung und schauen, wie weit die Handwerker mittlerweile sind. Außerdem muss ich noch zur Polizei und zur Bank wegen meiner Kreditkarten.»
Auf dieses Stichwort hatte Antonia nur gewartet. «Sag mal Renate, das sind doch deine Kreditkarten, oder?» Sie kam in die Küche und legt das Diebesgut auf den Küchentisch.
«Ja, aber …» Meine Tante konnte es nicht fassen. «Wo kommen die denn her?»
«Ich war gerade im Gästezimmer, um etwas aus dem alten Schrank zu holen», log Antonia munter drauflos. «Und da sah ich sie auf dem Boden unter deinem Bett liegen.»
«Grundgütiger!», rief Renate erfreut. «Dann muss ich weder zur Polizei noch zur Bank!» Sie fasste sich mit beiden Händen ans Herz. «Bin ich erleichtert!»
«Also, begleitest du mich heute Nachmittag?», fragte ich. «Ich würde mich wirklich freuen.»
Meine Tante nickte. «Du hast recht, Evchen. Das wird mich auf andere Gedanken bringen.»
Gegen drei war es mir gelungen, Tante Renate auf Umwegen in die Schellingstraße zu lotsen. Am Anfang schien sie sich darüber gar nicht im Klaren, aber als sie Antonia und Bettina vor der Nummer 130 stehen sah, guckte sie mich erschrocken an.
«Darf ich mal fragen, was ihr hier vorhabt?», fragte sie nervös. «Wisst ihr, wer hier wohnt?»
«Und ob wir das wissen», sagte ich und hielt ihr die Haustür auf.
Meine Tante schüttelte den Kopf. «Hier kriegen mich keine zehn Pferde mehr rein», sagte sie, aber Bettina schob sie einfach vorwärts. «Renate, wir brauchen jetzt deine Hilfe», sagte sie. «Bitte vertraue uns einfach und komm mit!»
Zu unserem Erstaunen gab meine Tante ihren Widerstand tatsächlich auf und ging mit uns in den Fahrstuhl.
«Bettina sollte Dompteuse werden», flüsterte Antonia mir ins Ohr. «Wie sie das nur immer schafft …»
Erna, heute wieder ganz in Rosé, machte die Tür von Vinzenz’ Wohnung auf.
«Wie schön, dass Sie da sind», begrüßte sie Renate. «Kommen Sie doch herein und legen Sie ab!»
«Was machen Sie denn hier?», fragte meine Tante nervös.
«Das werde ich Ihnen gleich erzählen», sagte Erna und nahm ihr den Mantel ab. «Die anderen Damen sind schon da.»
Vinzenz’ Wohnzimmer war voller Frauen, die, von Katharina mit Champagner und Häppchen versorgt, sich angeregt unterhielten.
«Meine Lieben, darf ich kurz um Ihre Aufmerksamkeit bitten?» Erna klatschte energisch in die Hände. «Wir sind nun vollzählig, und ich möchte Ihnen Renate vorstellen.» Sie trank einen Schluck Champagner. Dann nahm sie einen Zettel von der Anrichte und erklärte Renate, was Fritz-Vinzenz alles auf dem Kerbholz hatte.
«Ich verstehe das nicht», sagte meine Tante, als Erna fertig war. «Was haben denn diese ganzen Zahlen zu bedeuten? Dieses 13000 und 7800 und so weiter? Und wer ist dieser Fritz ? Ich kenne keinen Mann mit dem Namen Fritz! Derjenige, der hier wohnt, heißt Vinzenz.»
«Es wird am besten sein, wenn Sie sich kurz setzen», sagte Hertha aus Eichstätt. «Wäre ja schade um den guten Champagner.» Sie führte meine Tante zur Couch und platzierte sie neben Monika.
«Der Mann, den Sie als Vinzenz kennengelernt haben, heißt im normalen Leben Fritz», begann Monika.
«Bei mir hieß er allerdings Korbinian», sagte Hertha.
«Und bei mir Eduard», ergänzte Erna.
«Denn er ist ein Heiratsschwindler, der nur hinter unserem Geld her war, um seine Spielsucht zu befriedigen», meldete sich Hilde. «Ohne dass seine Frau etwas davon wusste.»
Jetzt war es heraus, und meine Tante bekam Augen wie Untertassen.
«Grundgütiger», stammelte sie. «Aber seine Frau hat ihn doch verlassen? Und all sein Geld und Gut mitgenommen … Sogar den weißen BMW!»
«Die Realität ist im Moment dabei, dieses Märchen einzuholen», sagte Erna. «Seine Frau hatte jedenfalls gestern fest vor, einen Termin beim Scheidungsanwalt zu vereinbaren. Nachdem ich ihr alles erzählt hatte.»
Meine Tante schnappte nach Luft. «Ist das alles wirklich wahr?»
Wir nickten gemeinsam im Takt.
«Und wir haben es dem Rohrbruch in Ihrer Wohnung zu verdanken, dass wir ihn endlich hochnehmen können», sagte Erna und hob nochmals das Glas. «Normalerweise hat sich der werte Herr nämlich
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