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George, Elizabeth

George, Elizabeth

Titel: George, Elizabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer dem Tod geweiht
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sonderlich, denn es bedeutete, dass Jemima bei dem bevorstehenden
Gespräch im Heimvorteil sein würde. Aber wenn sie sich wirklich mit ihrer
Freundin versöhnen wollte, dann musste sie alles tun, was dazu erforderlich
war.
    Jemima wohnte mit ihrem Lebensgefährten
Gordon Jossie zwischen Sway und Mount Pleasant. Dort hatten sie es mit viel
Glück irgendwie geschafft, an Gemeindeland zu kommen. Zugegeben, es war nicht
besonders viel Land, aber fünf Hektar waren auch nicht zu verachten. Mehrere
Gebäude standen auf dem Grundstück: ein altes Fachwerkhaus, eine Scheune und
ein Schuppen. Es gab einige uralte Pferdekoppeln, wo man Ponys unterbringen
konnte, falls sie im Winter Pflege benötigten. Der Rest war ungenutztes Land,
größtenteils Heidelandschaft, die an ein Waldgebiet grenzte, das aber nicht zu
dem Grundstück gehörte.
    Die Gebäude standen im
Schatten von Kastanien, die vor Ewigkeiten gekappt worden waren. Äste wuchsen
in ungefähr zwei Metern Höhe aus den wulstigen Narben der Amputationen, die
die Bäume einst vor den hungrigen Mäulern von Tieren bewahrt hatten. Die
Kastanien waren wunderbar: Im Sommer sorgten sie rund ums Haus für Kühle und
erfüllten die Luft mit berauschendem Duft.
    Meredith fuhr an der
Weißdornhecke entlang und bog in die kiesbedeckte Einfahrt ein, die sich als
helle Linie zwischen dem Haus und der Westkoppel hinzog. Neben dem Haus standen
ein rostiger schmiedeeiserner Tisch, vier Stühle, ein Teewagen und Blumentöpfe
mit üppigen Farnen. Auf dem Tisch standen Kerzen in hübschen Kerzenhaltern, und
auf den Stühlen lagen bunt geblümte Kissen - ein malerischer Essplatz wie aus
einem Hochglanz-Einrichtungsmagazin. Das passte überhaupt nicht zu Jemima,
dachte Meredith, und sie fragte sich, wie sehr sich ihre Freundin in den
Monaten, seit sie sich zum letzten Mal gesehen hatten, verändert haben musste.
    Sie hielt vor dem Haus, ganz
in der Nähe des nächsten Anzeichens von Veränderung: einem Mini Cooper - einem
neueren Modell, knallrot mit weißen Streifen, blitzsauber, die Chromteile
blank poliert und das Verdeck heruntergeklappt. Der Anblick des Autos
versetzte Meredith einen Stich. Der Wagen, in dem sie selbst hergekommen war,
ein alter Polo, wurde von Klebeband und Träumen zusammengehalten, und sein
Beifahrersitz bekam gerade eine Portion Schokoladenguss eines windschiefen
Kuchens ab.
    Der Kuchen war wirklich ein
absolut lächerliches Geschenk, dachte Meredith. Sie hätte auf ihre Mutter hören
sollen. Nicht dass sie je auf ihre Mutter gehört hätte - eine Erkenntnis, die
sie umso mehr an Jemima erinnerte, die jedes Mal, wenn Meredith sich über die
gute Frau beklagte, zu ihr gesagt hatte: »Wenigstens hast du eine Mutter.«
    Plötzlich fehlte ihr Jemima
mehr denn je, und so nahm sie ihren ganzen Mut zusammen, schnappte sich den
Kuchen und trat vor die Haustür. Nicht die Vordertür - die hatte sie nie benutzt
-, sondern die Hintertür, von der aus man durch einen kleinen Anbau, wo die
Waschmaschine stand, in den Hof gelangte, der vom Haus, der Scheune, dem
Schuppen, einem Weg und der Ostkoppel eingerahmt wurde.
    Auf ihr Klopfen kam keine
Reaktion und auch nicht, als sie rief: »Jem? Hallo? Geburtstagskind! Wo bist
du?« Sie wollte gerade eintreten - in diesem Teil der Welt verriegelte niemand
je seine Türen -, den Kuchen auf den Küchentisch stellen und einen Zettel mit
einem Gruß dazulegen, als sie jemanden rufen hörte: »Hallo? Kann ich Ihnen
helfen? Ich bin hier drüben!«
    Es war nicht Jemima, das
erkannte Meredith an der Stimme, ohne sich umzudrehen. Und als sie es tat, sah
sie eine junge Blondine um die Scheune herumkommen, die einen Strohhut
ausschüttelte und sich dann auf den Kopf setzte. »Verzeihung«, sagte die junge
Frau. »Ich war gerade bei den Pferden. Aus irgendeinem Grund jagt dieser Hut
ihnen Angst ein, deswegen nehme ich ihn ab, wenn ich mich der Koppel nähere.«
    Hatten Gordon und Jemima eine
Aushilfe eingestellt? Aufgrund der Rechte, die mit dem Gemeindeland
einhergingen, durften sie wilde Ponys halten, waren jedoch auch ausdrücklich
dazu verpflichtet, die Tiere zu versorgen, wenn sie aus irgendeinem Grund im
West Forest nicht genug Nahrung fanden. So sehr, wie sein Job Gordon in
Anspruch nahm, und bei allem, was Jemima mit ihrer Bäckerei um die Ohren hatte,
war es gut denkbar, dass sie jemanden zur Unterstützung brauchten, wenn sie
Ponys pflegen mussten.
    Andererseits sah die Frau
nicht aus wie jemand, der Stallarbeiten erledigte. Sie trug

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