George, Elizabeth
Meredith, dass Cammie ihrem nichtsnutzigen Vater nicht im
Geringsten ähnlich sah. Mehr noch als ein Segen, denn er hatte geschworen,
Meredith nie wieder eines Blickes zu würdigen, falls sie so stur sein und die
Schwangerschaft durchziehen sollte. »Ich bin verheiratet, Herrgott noch mal,
du dummes Luder!«, hatte er sie angebrüllt. »Ich habe bereits zwei Kinder, und
das hast du die ganze Zeit gewusst!«
»Gib mir einen
Gutenmorgenkuss, Cammie«, sagte Meredith. »Geh schon mal in die Küche. Ich
muss einen Kuchen backen. Möchtest du mir helfen?«
»Aber Oma macht gerade
Frühstück in der Küche.«
»Es ist bestimmt genug Platz
für drei Bäckerinnen.«
Die Küche war sehr geräumig.
Während Merediths Mutter am Herd stand und Spiegeleier und Speck briet, machte
Meredith sich daran, Kuchen zu backen. Sie hatte zu einer Backmischung
gegriffen, was ihrer Mutter eine frotzelnde Bemerkung entlockte, während
Meredith den Beutelinhalt in eine Schüssel schüttete.
»Der ist für Jemima«, erklärte
Meredith.
»Das ist ja wie Eulen nach
Athen tragen«, stichelte Janet Powell.
Das wusste Meredith selber,
aber daran ließ sich nun mal nichts ändern. Außerdem kam es nicht auf den
Kuchen selbst an, sondern auf die gute Absicht. Und abgesehen davon wäre
Meredith, selbst wenn ihr irgendeine Küchenfee die Zutaten verraten hätte,
niemals in der Lage gewesen, etwas zustande zu bringen, das dem, was Jemima aus
Mehl, Eiern und all den restlichen Zutaten zurechtzauberte, auch nur im
Entferntesten geglichen hätte. Warum also sollte sie es überhaupt versuchen?
Schließlich ging es nicht um einen Backwettbewerb, sondern um die Rettung einer
Freundschaft.
Als Meredith den Kuchen aus
dem Ofen zog, waren Oma und Enkelin bereits zu ihrem Otterabenteuer
aufgebrochen, und Opa war zur Arbeit gefahren. Meredith hatte sich für einen Schokoladenkuchen
mit Schokoglasur entschieden, und auch wenn er ein bisschen schief geraten und
in der Mitte ein klein wenig eingesunken war - dafür hatte man ja schließlich
die Glasur. Man brauchte nur reichlich davon auf dem Kuchen zu verteilen, und
schon sah er einigermaßen passabel aus.
Von der Ofenhitze war es in
der Küche so heiß geworden, dass Meredith noch einmal unter die Dusche steigen
musste, ehe sie nach Ringwood aufbrach. Dann verhüllte sie ihren mageren
Körper wie üblich mit einem knöchellangen Kaftan und trug den Schokoladenkuchen
zu ihrem Auto. Vorsichtig stellte sie ihn auf den Beifahrersitz.
Gott, was für eine Hitze, dachte sie. Dabei war es noch
nicht einmal zehn Uhr. Sie hatte die Ofenhitze dafür verantwortlich gemacht,
dass sie so schwitzte, aber da hatte sie sich offenbar getäuscht. Sie kurbelte
die Fenster ihres Wagens herunter und fuhr los. Sie musste sich beeilen, wenn
sie nicht wollte, dass von dem Kuchen nur noch eine Schokopfütze übrig blieb.
Bis nach Ringwood war es nicht
allzu weit, nur ein kurzes Stück über die A3 1 bei offenen Fenstern, den
Fahrtwind um die Ohren, während ihr Affirmationsband in voller Lautstärke aus
dem Kassettenrekorder dröhnte. »Ich will! Ich kann! Ich schaffe es!«, sagte die
Stimme, und Meredith konzentrierte sich auf das Mantra. Eigentlich glaubte sie
nicht daran, dass so etwas wirklich funktionierte, aber sie war entschlossen,
nichts unversucht zu lassen, um voranzukommen.
Ein Stau vor der Ausfahrt nach
Ringwood erinnerte sie daran, dass heute Markttag war. Die Innenstadt würde
total überfüllt sein, und jede Menge Leute würden in Richtung Marktplatz
strömen, wo einmal pro Woche vor der spätnormannischen Kirche St. Peter und
Paul farbenfrohe Verkaufsstände aufgebaut wurden. Und nicht nur Einheimische,
sondern auch jede Menge Urlauber würden sich durch die Stadt drängeln, denn um
diese Jahreszeit fielen die Touristen wie Heuschrecken in den New Forest ein:
Camper, Wanderer, Radfahrer, Amateurfotografen und sonstige Naturbegeisterte.
Meredith warf einen Blick auf
ihren Schokoladenkuchen. Es war ein Fehler gewesen, ihn auf den Beifahrersitz
zu stellen statt auf den Boden. Die Sonne brannte gnadenlos darauf, was der
Glasur nicht eben zum Wohl gereichte.
Meredith musste zugeben, dass
ihre Mutter recht gehabt hatte: Was in aller Welt hatte sie sich dabei gedacht,
Jemima ausgerechnet einen Kuchen schenken zu wollen? Tja, jetzt war es zu spät,
sich etwas anderes zu überlegen. Vielleicht konnten sie gemeinsam darüber
lachen, wenn sie es endlich mit dem Kuchen zu Jemimas Laden geschafft hatte,
der sich
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