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George Soros: Gedanken und Lösungsvorschläge zum Finanzchaos in Europa und Amerika

George Soros: Gedanken und Lösungsvorschläge zum Finanzchaos in Europa und Amerika

Titel: George Soros: Gedanken und Lösungsvorschläge zum Finanzchaos in Europa und Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Soros , Steve Clemons
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Spekulationen einem Trend nachlaufen, verstärken sie tendenziell die vorherrschende Bewegungsrichtung der Preise und wirken destabilisierend, weil sie die Aussichten auf eine Rezession erhöhen. Dieser Effekt kann sich nur umkehren, wenn sich die Rezession bemerkbar macht und die Nachfrage zurückgeht. Es wäre aber wünschenswert, die Indexkäufe und die Spekulation schon einzudämmen, während sie noch eine Blase anschwellen lassen.
    Es gibt ein auf den ersten Blick starkes Argument dagegen, dass institutionelle Investoren die Strategie verfolgen, in Rohstoffindizes zu investieren. Es ist nämlich intellektuell unseriös, potenziell destabilisierend und hat eindeutig nachteilige Auswirkungen auf die Wirtschaft. Wenn es jedoch darum geht, regulatorische Maßnahmen zu ergreifen, liegt der Fall weniger klar. Regulierungen könnten unbeabsichtigte nachteilige Auswirkungen haben. Sie könnten beispielsweise Anleger dazu veranlassen, stärker auf unregulierten Märkten zu agieren, zum Beispiel schiffladungsweise mit Öl zu handeln, was weniger transparent wäre und weniger Schutz böte.
    Laut dem derzeitigen Gesetz, das die Manager von Pensions-Anlagen reguliert – dem Employee Retirement Investment Security Act (ERISA) –, könnte es möglich sein, den institutionellen Investoren plausibel zu machen, dass sie gegen die „Regel des vorsichtigen Mannes“ verstoßen, die sie laut dem Gesetz einhalten müssen, denn sie „folgen der Herde“, ebenso wie 1987. Die Angst vor einem solchen Verstoß könnte sie dazu veranlassen, vernünftigere Trading-Praktiken einzuführen.
    Wenn das nicht funktioniert, könnte der Staat die Rohstoffe – im Unterschied zu den Aktien von Rohstoffe produzierenden Unternehmen – aus den Anlageklassen ausnehmen, die für Finanzinstitutionen geeignet sind, welche nach ERISA reguliert sind. Diese Institutionen werden von Investmentbanken wie Goldman Sachs und Morgan Stanley betreut, die derzeit von Beschränkungen für spekulative Positionen befreit sind. Wenn man solche Beschränkungen einführen würde, könnte man die Teilnehmer zwar von dem Handel mit Rohstoffindizes abbringen. Damit die Beschränkungen aber wirklich wirksam wären, müssten sie auch für den Handel mit Schiffsladungen Öl gelten.
    Manche schlagen vor, die Margin-Anforderungen für Rohstofftransaktionen sollten verschärft werden. Die Margin-Regeln legen fest, wie viel Bargeld oder Schatzanleihen hinterlegt werden müssen, wenn man einen Kontrakt kauft oder verkauft. Auf die Rohstoffindex-Strategien von ERISA-Institutionen hätte eine Erhöhung der Margin-Anforderungen keine Auswirkungen, weil die entsprechenden Transaktionen bar erfolgen, nicht auf Kredit. Allerdings könnte eine solche Erhöhung die Spekulation anderer Investoren dämpfen, die keine Finanzinstitutionen sind. Die Veränderung der Margin-Anforderungen und der von Finanzinstitutionen geforderten Mindestreserven für Darlehen sind Werkzeuge, die aktiver eingesetzt werden sollten, um ein weiteres Anschwellen von Blasen zu verhindern, wenn es die Marktbedingungen geboten erscheinen lassen. Das ist eine der Lehren, die man aus der jüngsten Finanzkrise ziehen kann.
    Abschließend möchte ich betonen, dass eine Eindämmung der Spekulation mit Öl-Futures bestenfalls vorübergehend Abhilfe schaffen würde. Das würde in einer Zeit, in der der parabelförmige Anstieg des Ölpreises die Aussichten auf eine Rezession verstärkt, zwar einen nützlichen Zweck erfüllen, aber es würde nicht die fundamentalen Probleme des „Peak Oil“, der globalen Erwärmung und der Tatsache beheben, dass wir für unsere Energieversorgung auf politisch instabile oder gar feindliche Länder angewiesen sind. Diese Probleme können nur durch die Entwicklung kohlendioxidfreier Energiequellen gelöst werden. Dass aufgrund der rückläufigen Ölnachfrage in der entwickelten Welt eine Rezession unmittelbar bevorsteht, bringt wahrscheinlich eine gewisse Entspannung hinsichtlich hoher Ölpreise, aber diese Entspannung wird nur vorübergehender Natur sein. Sie sollte unsere Aufmerksamkeit nicht von der dringenden Notwendigkeit ablenken, alternative Energiequellen zu entwickeln – und das wird zumindest in der Anfangsphase höhere Preise nach sich ziehen.
    Solange keine Alternativen vorhanden sind, kann der Ölpreis ins Unendliche steigen. Nur wenn wir bereit sind, mit höheren Preisen zu leben, damit wir alternative Brennstoffe entwickeln können, dürfen wir hoffen, dass wir irgendwann

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