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George Soros: Gedanken und Lösungsvorschläge zum Finanzchaos in Europa und Amerika

George Soros: Gedanken und Lösungsvorschläge zum Finanzchaos in Europa und Amerika

Titel: George Soros: Gedanken und Lösungsvorschläge zum Finanzchaos in Europa und Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Soros , Steve Clemons
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wäre, um eine Rezession zu verhindern, denn das hat sie bei früheren Gelegenheiten auch getan. Doch jetzt werden sie erkennen müssen, dass die Fed dazu vielleicht nicht mehr in der Lage ist. Da die Preise für Öl, Nahrungsmittel und andere Rohstoffe fest tendieren und der Renminbi etwas schneller steigt, muss sich die Fed auch Sorgen um Inflation machen. Wenn die Federal Funds Rate unter einen gewissen Punkt gesenkt würde, käme der Dollar erneut unter Druck und die Rendite langfristiger Anleihen würde faktisch steigen. Wo dieser Punkt liegt, ist aber unmöglich festzustellen. Wenn er erreicht wird, ist die Fähigkeit der Fed, die Wirtschaft anzukurbeln, am Ende.
    Zwar ist eine Rezession in der entwickelten Welt inzwischen mehr oder weniger unvermeidlich, aber China, Indien und einige Erdöl produzierende Länder befinden sich in einem sehr starken Gegentrend. Daher wird die derzeitige Finanzkrise wohl eher keine globale Rezession, sondern vielmehr eine radikale Neuausrichtung der Weltwirtschaft bewirken – einen relativen Niedergang der Vereinigten Staaten und einen Aufstieg Chinas und anderer Schwellenländer.
    Es besteht allerdings die Gefahr, dass die daraus resultierenden politischen Spannungen, unter anderem ein Protektionismus seitens der Vereinigten Staaten, eine Störung der globalen Wirtschaft verursachen und die Welt in eine Rezession oder Schlimmeres stürzen könnten.

    Ich habe mein Modell der Super-Blase seither überdacht und datiere ihren Beginn auf 1980. Beide Ansätze sind zulässig, keiner ist perfekt. Das Kreditaufkommen ist zwar seit dem Zweiten Weltkrieg stets schneller gewachsen als das Bruttosozialprodukt und zum ersten Mal haben die Behörden schon 1973 in England bei den sogenannten Fringe Banks interveniert, um eine störende Kreditschrumpfung zu verhindern, aber zur Super-Blase wurde die Kreditausweitung erst nach 1980.

DER GEFÄHRLICHE ÖLPREIS
27. August 2008
    Der folgende Text ist die überarbeitete Fassung einer Aussage von George Soros bei einer Anhörung zum Thema Aufsicht vor dem Handelsausschuss des US-Senats am 3. Juni 2008.
    Im Januar 2007 stand der Ölpreis unter 60 Dollar pro Barrel. Im Frühjahr 2008 überschritt er erstmals die Marke von 100 Dollar und bis Mitte Juli stieg er auf ein Rekordhoch von 147 Dollar. Ende August steht er immer noch über 115 Dollar, was ein Anstieg um 90 Prozent in nur 18 Monaten ist. Der Benzinpreis an den Tankstellen ist in diesem Zeitraum in einem vergleichbaren Maß von 2,50 auf rund 4,00 Dollar pro Gallone gestiegen. Auch die Kosten für Transport und Herstellung sind steil gestiegen. All das begann gleichzeitig mit einer weltweiten Kreditkrise, die mit dem Kollaps der Häuserblase in den Vereinigten Staaten angefangen hat. Dass zu der Kreditkrise noch die steigenden Ölkosten hinzukommen, bremst die Weltwirtschaft und verstärkt die Aussichten auf eine Rezession in den Vereinigten Staaten.
    Die Öffentlichkeit verlangt die Beantwortung von zwei Fragen. Die Hauptfrage lautet, ob der steile Anstieg des Ölpreises eine Spekulationsblase ist oder einfach nur fundamentale Faktoren widerspiegelt, zum Beispiel die schnell wachsende Nachfrage aus Entwicklungs- und Schwellenländern sowie das zunehmend knappe Angebot, das durch die schwindende Verfügbarkeit leicht förderbarer Ölreserven verursacht wird. Die zweite Frage hängt mit der ersten zusammen. Wenn der Ölpreisanstieg zumindest teilweise aus Spekulationen resultiert, welche Art von Regulierung dämpft dann am besten die schädlichen Folgen dieses Anstiegs und vermeidet auch künftig überzogene Preisschwankungen?
    Ich bin zwar kein Ölexperte, aber ich habe mich als professioneller Anleger ein Leben lang mit Investmentblasen befasst. Meine Theorie der Investmentblasen, die ich in meinem letzten Buch, „Die Analyse der Finanzkrise“, genauer erläutert habe, unterscheidet sich erheblich von der üblichen Betrachtungsweise. Laut meiner Theorie streben die Preise an Finanzmärkten nicht unbedingt einem Gleichgewicht zu. Sie spiegeln nicht nur passiv die fundamentalen Bedingungen von Angebot und Nachfrage wider, sondern beeinflussen auf mehrere Arten die Fundamentaldaten, die sie angeblich widerspiegeln. Es besteht ein reflexives Wechselspiel in zwei Richtungen zwischen verzerrten Wahrnehmungen des Marktes und den Fundamentaldaten – und dieses Wechselspiel kann die Märkte weit vom Gleichgewicht wegführen. Jede Abfolge von Aufschwung oder Blase und Zusammenbruch beginnt mit einer

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