George Soros: Gedanken und Lösungsvorschläge zum Finanzchaos in Europa und Amerika
Bedingungen der Hypothekendarlehen müssen an die Zahlungsfähigkeit der Hausbesitzer angepasst werden.
Das Rettungspaket lässt diese Aufgabe unerledigt. Die notwendigen Änderungen sind eine heikle Aufgabe, die noch durch die Tatsache erschwert wird, dass viele Hypotheken zerhackt und in Form von forderungsbesicherten Schuldpapieren oder CDOs umverpackt wurden. Die Inhaber der verschiedenen Tranchen haben widerstreitende Interessen. Diese Konflikte dadurch zu bewältigen, dass man einen Änderungsplan für Hypothekendarlehen in das Rettungspaket aufnimmt, würde zu lange dauern. Das Paket kann aber durchaus den Boden dafür bereiten, wenn es die Bankrottgesetzgebung im Hinblick auf Hauptwohnsitze ändert.
Da die Krise nun losgetreten wurde, ist ein Rettungspaket im großen Stil wahrscheinlich unerlässlich, um sie unter Kontrolle zu bringen. Die Wiederaufstockung der dezimierten Bilanzen des Bankensystems ist der richtige Weg. Zwar hat nicht jede Bank die Rettung verdient, aber man kann darauf zählen, dass die Experten von der Federal Reserve bei ordnungsgemäßer Aufsicht die richtigen Entscheidungen treffen.
Unternehmensleitungen, die sich dagegen wehren, die Konsequenzen früherer Fehler zu tragen, könnte man durch Ausschluss von den Kreditfazilitäten der Fed bestrafen. Die Bereitstellung staatlicher Mittel dürfte auch den privaten Sektor dazu ermutigen, sich an der Rekapitalisierung des Bankensektors zu beteiligen und die Finanzkrise zu einem Ende zu bringen.
DIE REKAPITALISIERUNG DES BANKENSYSTEMS
Financial Times , 2. Oktober 2008
Die Notfall-Gesetzgebung im Kongress war schlecht durchdacht – genauer gesagt überhaupt nicht durchdacht. Aus dem Versuch des Kongresses, das zu verbessern, was das Finanzministerium gefordert hatte, ist ein kombinierter Plan hervorgegangen, der aus dem ursprünglichen Troubled Asset Relief Program (TARP) des Finanzministeriums und einem ganz anders gelagerten Kapitalspritzen-Programm besteht. Im Zuge dessen investiert der Staat in geschwächte Banken, stabilisiert sie dadurch und profitiert schließlich von der Verbesserung der Konjunktur. Der Ansatz der Kapitalspritzen kostet den Steuerzahler in den kommenden Jahren weniger und könnte ihm letztlich sogar Geld einbringen.
Vor zwei Wochen hatte das Finanzministerium keinen Plan parat – deshalb musste es um vollkommen freie Hand bei der Ausgabe des Geldes bitten. Aber die eigentliche Idee bestand darin, dem Bankensystem Erleichterung zu verschaffen, indem es von seinen toxischen Wertpapieren befreit wurde, und diese in einem Staatsfonds zu parken, damit sie nicht zu Notfallpreisen auf dem Markt verschleudert werden. Sobald der Wert ihrer Anlagen stabilisiert wäre, sollten die Banken dann in der Lage sein, sich Eigenkapital zu beschaffen.
Diese Idee war mit Schwierigkeiten gespickt. Die fraglichen toxischen Papiere sind nicht homogen und in einem etwaigen Auktionsverfahren dürften die Verkäufer den Bodensatz wohl beim Staatsfonds abladen. Überdies geht dieser Plan nur die eine Hälfte des dahinter stehenden Problems an – die mangelnde Verfügbarkeit von Kredit. Er tut sehr wenig dafür, dass Hausbesitzer in die Lage versetzt werden, ihre Hypothekenverpflichtungen zu erfüllen, und er geht das Problem der Zwangsvollstreckungen nicht an. Da die Häuserpreise noch nicht den Tiefpunkt erreicht haben, dürften die Steuerzahler die Verlierer sein, wenn der Staat die Preise von hypothekenbesicherten Anleihen in die Höhe bietet. Aber wenn der Staat nicht draufzahlt, erfährt das Bankensystem keine große Erleichterung und kann kein Eigenkapital aus dem Privatsektor anlocken.
Ein Plan, der so massiv die Wall Street gegenüber Otto Normalverbraucher bevorzugt, war politisch inakzeptabel. Die Demokraten, die ja die Oberhand haben, bogen ihn darum so um, dass er diejenigen Finanzinstitutionen bestraft, die daraus einen Vorteil schlagen wollen. Die Republikaner wollten nicht zurückstehen und setzten die Forderung durch, dass die angedienten Wertpapiere auf Kosten der andienenden Institution gegen Verlust versichert werden müssen. So, wie das Rettungspaket nun zusammengestellt wurde, ist es eine Verschmelzung mehrerer Ansätze. Jetzt besteht die echte Gefahr, dass das Wertpapier-Aufkaufprogramm wegen der belastenden Bedingungen, die daran geknüpft sind, nicht vollständig genutzt wird.
Trotzdem war ein Rettungspaket dringend nötig und es konnte trotz seiner Mängel den Lauf der Ereignisse ändern. Noch am 22. September
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