George Soros: Gedanken und Lösungsvorschläge zum Finanzchaos in Europa und Amerika
Verfall des Euros um.
Als in jüngerer Zeit Gesetze des Kongresses gegen die chinesischen Währungsmanipulationen eine echte Bedrohung darstellten, ließ es China zu, dass seine Währung gegenüber dem Dollar um ein paar Prozentpunkte stieg. Doch der Anstieg des Euros, des Yens und anderer Währungen glich den Verfall des Dollars aus und sicherte somit Chinas Vorteil.
Chinas dominierende Stellung wird jetzt durch äußere wie auch durch innere Faktoren gefährdet. Der bevorstehende globale Abschwung hat den protektionistischen Druck verschärft. Länder wie Japan, Südkorea und Brasilien intervenieren unilateral an den Devisenmärkten.
Wenn sie anfangen würden, es China nachzutun, indem sie Kapitaltransfers mit Einschränkungen belegen, würde China einige seiner derzeitigen Vorteile einbüßen. Darüber hinaus hätte dies negative Auswirkungen auf die globalen Devisenmärkte und die globale Wirtschaftslage würde sich eintrüben.
Wie der China-Experte Michael Pettis gezeigt hat, ist in der Binnenwirtschaft der Konsum als Anteil am BIP von ohnehin niedrigen 46 Prozent im Jahr 2000 bis 2009 auf 35,6 Prozent gefallen. Zusätzliche Investitionen in Kapitalgüter werfen sehr niedrige Renditen ab. Von jetzt an muss der Konsum viel schneller wachsen als das BIP.
Somit schreien sowohl interne als auch externe Überlegungen danach, es zuzulassen, dass der Renminbi aufwertet. Aber Anpassungen des Währungskurses müssen Teil eines international abgestimmten Plans zum Abbau der globalen Ungleichgewichte sein.
Die Ungleichgewichte in den Vereinigten Staaten sind das Spiegelbild der chinesischen. China wird von Inflation bedroht, die Vereinigten Staaten von Deflation. Mit fast 70 Prozent des BIPs ist der Konsum in den Vereinigten Staaten zu hoch. Die Vereinigten Staaten brauchen steuerliche Anreize zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit anstatt einer quantitativen Lockerung, die Aufwärtsdruck auf alle Währungen außer den Renminbi ausübt.
Außerdem brauchen die Vereinigten Staaten einen Anstieg des Renminbis, um ihr Handelsdefizit zu verringern und die Last der aufgehäuften Schulden zu mindern. China könnte seinerseits einen höheren Renminbi und ein geringeres allgemeines Wachstum akzeptieren, solange der Anteil des Konsums steigt und die Verbesserung des Lebensstandards anhält.
Die chinesische Öffentlichkeit wäre damit zufrieden, nur die Exportwirtschaft würde darunter leiden und der Devisenüberschuss, der beim chinesischen Staat anfällt, würde sich verringern. Ein großer Anstieg wäre, wie Premierminister Wen sagt, katastrophal, aber zehn Prozent pro Jahr dürften zu ertragen sein.
Da die chinesische Regierung unmittelbare Nutznießerin des Devisenüberschusses ist, bräuchte sie einen bemerkenswerten Weitblick, um diesen Rückgang ihrer Macht zu akzeptieren und die Vorteile zu erkennen, die es hat, ihre Wirtschaftspolitik mit dem Rest der Welt zu koordinieren. Sie muss erkennen, dass China nicht weiterhin zulegen kann, wenn es nicht den Interessen seiner Handelspartner mehr Aufmerksamkeit schenkt.
Nur China ist in der Lage, einen Prozess der internationalen Kooperation zu initiieren, denn es kann den Anreiz einer Aufwertung des Renminbis bieten. China hat bereits einen ausgeklügelten Mechanismus für die Konsensbildung im eigenen Land entwickelt. Jetzt muss es einen Schritt weiter gehen und sich für die internationale Konsensbildung einsetzen. Der Rest der Welt würde dies dadurch belohnen, dass er den Aufstieg Chinas akzeptieren würde.
Ob sich China dessen bewusst ist oder nicht, es ist zu einem weltweit führenden Land aufgestiegen. Wenn es der Verantwortung seiner Führungsrolle nicht gerecht wird, könnte es sein, dass das globale Währungssystem zusammenbricht und die Weltwirtschaft mit sich reißt. Der Handelsüberschuss muss auf die eine oder andere Art schrumpfen. Für China wäre es aber viel besser, wenn dies infolge eines steigenden Lebensstandards geschehen würde, als wegen eines globalen Wirtschaftsabschwungs.
Die Chancen für einen positiven Ausgang stehen zwar nicht gut, aber wir müssen darum kämpfen, weil die Welt ohne internationale Kooperation auf eine Periode großer Turbulenzen und Störungen zusteuert.
EUROPA SOLLTE ERST DIE BANKEN, DANN DIE STAATEN RETTEN
Financial Times , 15. Dezember 2010
Als die Architekten des Euros ihn entwarfen, wussten sie, dass er unvollständig war. Die Währung hatte zwar eine gemeinsame Zentralbank, aber kein gemeinsames Finanzministerium
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