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George Soros: Gedanken und Lösungsvorschläge zum Finanzchaos in Europa und Amerika

George Soros: Gedanken und Lösungsvorschläge zum Finanzchaos in Europa und Amerika

Titel: George Soros: Gedanken und Lösungsvorschläge zum Finanzchaos in Europa und Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Soros , Steve Clemons
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benötigen die Investitionen und die Beschäftigung steuerliche Anreize (monetäre Anreize würden die Unternehmen hingegen wohl eher dazu reizen, einander gegenseitig zu schlucken, als Arbeitskräfte einzustellen).
    Die Frage, wie viel Staatsverschuldung zu viel ist, bleibt offen, denn die Toleranz gegenüber der Staatsverschuldung hängt hochgradig von der vorherrschenden Wahrnehmung ab. Die entscheidende Variable ist die Risikoprämie, die auf die Zinsen geschlagen wird: Sobald sie zu steigen beginnt, wird das bestehende Finanzierungsdefizit unerträglich. Der Umschlagpunkt ist jedoch reflexiv und somit unbestimmt.
    Betrachten wir einmal Japan, wo sich die Verschuldung 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nähert – das ist einer der höchsten Verschuldungsgrade der Welt. Und doch liegt die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen nur knapp über einem Prozent. Der Grund dafür liegt darin, dass Japans Privatsektor kaum Appetit auf Investitionen im Ausland hat und dass ihm ein Prozent auf 10-jährige Staatsanleihen lieber ist als null Prozent auf Bargeld. Wenn sich die US-Banken weiterhin zu annähernden Nullzinsen Geld leihen und Staatsanleihen kaufen können, ohne Eigenkapital dafür einzusetzen, und wenn der Dollar nicht gegenüber dem Renminbi abwertet, könnten sich die Zinsen auf US-Staatsanleihen durchaus in die gleiche Richtung entwickeln.
    Das soll nicht heißen, dass die Vereinigten Staaten den Diskontsatz nahe null Prozent halten und ihr Defizit unendlich in die Höhe treiben sollten. Die richtige Politik wäre es, so schnell wie möglich die Ungleichgewichte zu vermindern und gleichzeitig die Zunahme der Kreditaufnahme möglichst klein zu halten. Das kann man auf mehrere Arten machen, aber das ausdrückliche Ziel der Obama-Administration, das Haushaltsdefizit bis 2013 zu halbieren, während die Wirtschaft weit unter ihrer Kapazität arbeitet, gehört nicht dazu. Investitionen in Infrastruktur und Bildung sind da schon sinnvoller. Das gilt auch für die Erzielung einer mäßigen Inflationsrate, indem man den Dollar gegenüber dem Renminbi abwertet.
    Was dem im Wege steht, ist nicht die wirtschaftliche Situation, sondern Fehlauffassungen hinsichtlich des Haushaltsdefizits, die für parteipolitische und ideologische Zwecke ausgebeutet werden.

CHINA MUSS DIE GLOBALE WÄHRUNGSKRISE BEHEBEN
Financial Times , 7. Oktober 2010
    Ich teile die zunehmende Besorgnis über die Schieflage der Währungen. Brasiliens Finanzminister spricht von einem latenten Währungskrieg und damit liegt er gar nicht so falsch. Die Devisenmärkte sind der Ort, an dem die verschiedenen Wirtschaftspolitiken und die verschiedenen wirtschaftlichen und politischen Systeme interagieren und zusammenprallen.
    Das geltende Währungssystem ist verzerrt. China hat seine Währung im Grunde an den Dollar gebunden, während die meisten anderen Währungen mehr oder weniger frei fluktuieren.
    China besitzt ein zweigleisiges System, in dem die Kapitalbilanz streng kontrolliert wird. Die meisten anderen Währungen unterscheiden nicht zwischen Leistungsbilanz und Kapitalbilanz. Darum ist die chinesische Währung chronisch unterbewertet und sichert China einen dauerhaft hohen Außenhandelsüberschuss.
    Vor allem ermöglicht es dieses Arrangement der chinesischen Regierung, eine erheblichen Anteil vom Wert der chinesischen Exporte abzuschöpfen, ohne in die Anreize einzugreifen, die dafür sorgen, dass die Menschen so hart arbeiten, und die ihre Arbeit so produktiv machen. Es hat die gleichen Auswirkungen wie eine Besteuerung, funktioniert aber viel besser.
    Das ist Chinas Erfolgsgeheimnis. Dadurch behält China bei seinen Geschäften mit anderen Ländern die Oberhand, weil die Verwendung des Überschusses im Ermessen des Staates liegt. Und das hat China vor der Finanzkrise bewahrt, die die entwickelte Welt bis in die Grundfesten erschüttert hat. Für China war die Krise ein äußeres Ereignis, das hauptsächlich als vorübergehender Exportrückgang erlebt wurde.
    Es ist nicht übertrieben, zu behaupten, dass China seit der Finanzkrise das Sagen hat. Seine Währungsmaßnahmen hatten einen entschiedenen Einfluss auf die Wechselkurse. Als der Euro in diesem Jahr in Schwierigkeiten geriet, betrieb China eine Politik des Abwartens und Zuschauens. Seine Abwesenheit als Käufer hat zum Rückgang des Euros beigetragen. Als der Euro auf 120 gegen den Dollar fiel, schritt China ein, um den Euro als internationale Währung zu erhalten. Chinas Käufe kehrten den

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