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George Soros: Gedanken und Lösungsvorschläge zum Finanzchaos in Europa und Amerika

George Soros: Gedanken und Lösungsvorschläge zum Finanzchaos in Europa und Amerika

Titel: George Soros: Gedanken und Lösungsvorschläge zum Finanzchaos in Europa und Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Soros , Steve Clemons
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angemessen kapitalisiert wäre. Besser ist es, jetzt Kapital hineinzupumpen, als später, und dies europaweit zu tun, als dass jedes Land für sich agiert. Dies würde ein europäisches regulatorisches System schaffen. Eine europaweite Regulierung der Banken beeinträchtigt die nationale Souveränität weniger als die Kontrolle Europas über die Finanzpolitik. Und die europäische Kontrolle der Banken ist weniger anfällig für politischen Missbrauch als die einzelstaatliche Kontrolle.
    Was das zweite Problem angeht, sollten die Zinsen für Rettungspakete auf den Zinssatz gesenkt werden, zu dem sich die EU selbst Geld leihen kann. Dies hätte den Vorteil, dass sich ein aktiver Markt für Eurobonds entwickeln würde.
    Diese beiden strukturellen Veränderungen reichen möglicherweise nicht aus, um den bedürftigen Ländern einen Fluchtweg zu bahnen. Zusätzliche Maßnahmen wie beispielsweise Haircuts bei der Staatsverschuldung dürften nötig sein. Aber wenn die Banken ordentlich rekapitalisiert würden, könnten sie das auffangen. Auf jeden Fall würde man damit zwei klar erkennbare Fehler vermeiden, welche die EU zu einer düsteren Zukunft verurteilen.

TEIL IV
2011: Die Eurozone

WIE DEUTSCHLAND EIN EUROPA DER ZWEI GESCHWINDIGKEITEN VERHINDERN KANN
Financial Times , 22. März 2011
    Die „Eurokrise“ wird generell als Währungskrise betrachtet, aber sie ist auch eine Staatsschuldenkrise und sogar noch mehr eine Bankenkrise. Die Situation ist komplex. Diese Komplexität sorgt für Verwirrung und dies hat politische Folgen. Die verschiedenen Mitgliedstaaten Europas haben sehr unterschiedliche Ansichten entwickelt und ihre jeweilige Politik spiegelt eher ihre Ansichten als ihre wahren nationalen Interessen wider. Das Aufeinanderprallen der Sichtweisen trägt den Keim ernstlicher politischer Auseinandersetzungen in sich.
    Die Lösung, die bald umgesetzt wird, wird im Endeffekt von Deutschland diktiert werden, ohne dessen staatliche Bürgschaft keine Lösung möglich ist. Frankreich versucht zwar, das Ergebnis zu beeinflussen, muss sich aber am Ende Deutschland beugen, weil sein AAA-Rating von seiner engen Partnerschaft mit Deutschland abhängt.
    Deutschland gibt den Ländern, deren Wettbewerbsfähigkeit gesunken ist und die Schulden angehäuft haben, die Schuld an der Finanzkrise und bürdet deshalb die gesamte Last der Anpassung den Schuldnerländern auf. Diese einseitige Sichtweise ignoriert allerdings die Tatsache, dass es hier nicht nur um eine Staatsschuldenkrise geht, sondern auch um eine Währungs- und Bankenkrise – und Deutschland trägt eine wesentliche Mitverantwortung für diese Krisen.
    Als der Euro eingeführt wurde, erwartete man, dass er Konvergenz bringen würde, aber stattdessen brachte er Divergenz. Die Europäische Zentralbank betrachtete die Staatsanleihen aller Mitgliedstaaten als risikolos und akzeptierte sie an ihrem Diskontfenster zu gleichen Bedingungen. Banken, die risikolose Vermögenswerte halten mussten, um ihre Liquiditätsanforderungen zu erfüllten, hatten einen Anreiz, Staatsanleihen der schwächeren Länder aufzukaufen, um ein paar Basispunkte extra zu verdienen. Dies drückte die Zinsen in Portugal, Irland, Griechenland, Italien und Spanien und erzeugte Häuserblasen – während gleichzeitig Deutschland den Gürtel enger schnallen musste, um die Kosten für die Wiedervereinigung zu bewältigen. Das Ergebnis waren eine auseinanderdriftende Wettbewerbsfähigkeit und eine Bankenkrise, die die deutschen Banken schwerer traf als die meisten anderen. Um die Wahrheit zu sagen: Deutschland hat die schwer verschuldeten Länder gerettet, um so sein eigenes Bankensystem zu schützen.
    Die von Deutschland verordneten Arrangements schützen das Bankensystem, indem sie ausstehende Staatsschulden als sakrosankt betrachten. Außerdem bürden sie die gesamte Last der Anpassung den Schuldnerländern auf. Diese Arrangements erinnern an die internationale Bankenkrise 1982, als die internationalen Finanzinstitute den Schuldnerländern so lange genug Geld für die Bedienung ihrer Schulden liehen, bis die Banken so viele Reserven aufgebaut hatten, dass sie ihre faulen Schulden 1989 gegen Brady-Bonds eintauschen konnten. So kam es zum „verlorenen Jahrzehnt“ Lateinamerikas. Tatsächlich bestrafen die derzeitigen Arrangements die Schuldnerländer sogar noch mehr als in den 1980er-Jahren, denn nach 2013 müssen sie happige Risikoprämien bezahlen.
    Es passt irgendwie nicht zusammen, dass man schon wieder

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