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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Venetia und der Wuestling
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wieviel Skandalgeschwätz sich bereits
zusammengebraut haben dürfte – oh, haben Sie keine Angst, Ma'am! Ich werde
Damerel sagen, er darf auf keinen Fall irgend jemandem verraten, daß er
Charlotte überhaupt nur erblickt hat!»
    Unnatürlich rot, sagte Mrs. Scorrier
mit einer vor unterdrückter rasender Wut gepreßten Stimme: «Nein, wirklich?
Also wirklich, Miss Lanyon? So bilden Sie sich ein, daß gerade Ihr Ruf nicht
leiden wird! Da irren Sie sich aber gewaltig, lassen Sie mich Ihnen sagen!»
Sie hielt inne, und Venetia wartete, mit leicht gehobenen Brauen und einem
leisen verächtlichen Lächeln um die Lippen. Anscheinend kämpfte Mrs. Scorrier
mit sich, denn jedenfalls wogte ihr Busen alarmierend. Aber nach einem, zwei
gespannten Momenten drehte sich die Dame abrupt auf ihren Absätzen um und
stelzte aus dem Zimmer.
    Venetia merkte, daß sie zitterte,
und mußte sich hinsetzen. Es dauerte eine Zeit, bevor sie imstande war, ihre
Fassung wiederzugewinnen, und noch länger, bevor sie sich zur Erkenntnis durchringen
konnte, daß der Vorwurf, mochte er auch noch so aggressiv vorgebracht worden sein, nicht
ganz unberechtigt war, und es ihr leid tat, daß sie aus der Fassung geraten
war. Endlich sah sie es ein, und nach einem Kampf, der ebenso schwer war wie
jener, den Mrs. Scorrier mit sich ausgefochten hatte, ging Venetia zu der Dame,
um sich bei ihr zu entschuldigen. Es wurde mit einer kalten Verneigung und
verkniffenen Lippen aufgenommen.
    «Ich hätte mich nicht durch meine
Empörung hinreißen lassen sollen, Ma'am», fuhr Venetia fort, «sondern Ihnen
eher erklären, daß Lord Damerel meinem Bruder Aubrey ein zu guter Freund ist,
als daß ich es ertragen konnte, ihn beschimpfen zu hören.»
    «Wir wollen die Sache nicht weiter
erörtern, Miss Lanyon. Ich hoffe jedoch, Sie machen Lord Damerel klar, daß
seine Besuche in Undershaw aufhören müssen.»
    «Nein», sagte Venetia sanft, «das
werde ich nicht tun, aber Sie brauchen nichts zu fürchten – wenn er kommt,
besucht er Aubrey, nicht Charlotte.»
    Dem gönnte Mrs. Scorrier als Antwort
nur einen Blick, der es Venetia klarmachte, daß es von mm an einen Krieg bis
aufs Messer galt.
    Es war das Präludium für eine Woche,
die ein einziger Albtraum war, und mehr, als Venetia je zu ertragen gehabt
hatte. Mrs. Scorrier ließ jede Liebenswürdigkeit fahren, sprach so selten wie
möglich mit ihr, und dann nur mit formellster Höflichkeit. Es gelang ihr
weitgehend, Venetia zu ignorieren, aber sie ließ keine Gelegenheit aus, die
sich bot, um sie zu ärgern. Wenn sie nichts im Haushalt fand, was sie
umkrempeln konnte, diskutierte sie mit Charlotte in Venetias Gegenwart die
Veränderungen, die in Führung und Wirtschaft von Undershaw durchgeführt werden
müßten. Charlotte, der diese Taktik zutiefst unbehaglich war, besaß freilich
nicht die Charakterstärke, sie zu bekämpfen. Sie murmelte manchmal einige
schwache Proteste, gab aber nur einsilbige Antworten und schaute kläglich
drein. Bei den seltenen Gelegenheiten, da Aubrey anwesend war, gebrauchte er
seine tödliche Zunge derart verheerend, daß ihn Venetia bat, dem Salon
fernzubleiben.
    Um die Sache noch schlimmer zu
machen, legte die Dienerschaft des Hauses, die Venetias Sache hitzig zur
eigenen machte, eine eigensinnige Loyalität an den Tag, indem sie Venetia die
trivialste Anordnung, die sie von Mrs. Scorrier erhielt, weiterleitete. «Ich
werde die Sache Miss Venetia gegenüber erwähnen, Ma'am», war die unveränderliche
Antwort, die sie erhielt. Und wenn sie unklugerweise Fingle befahl, mit dem
Phaeton vorzufahren, um Ihre Gnaden vorsichtig an die frische Luft zu führen,
war dessen Antwort sogar noch unverblümter. «Ich nehme meine Befehle von Mr. Au
brey entgegen, Ma'am», sagte der barsche Yorkshire-Mann. Bevor Mrs. Scorrier
Venetia noch erreichen konnte, um sich bei ihr zu beschweren, suchte Aubrey die
Dame schon selbst auf und teilte ihr die wenig schmackhafte Information mit,
daß Fingle sein persönlicher Reitknecht war und er ihr verbunden wäre, wenn
sie in Zukunft ihre Befehle William Coachman übermitteln wolle, dessen Sache es
war, die Damen des Hauses zu kutschieren, und zwar im Landauer und nicht im
Phaeton, der ebenfalls ihm, Aubrey, gehöre und den er von niemandem anderen als
Venetia kutschieren lasse.
    Alle Vorhaltungen Venetias trafen
bei ihren Verteidigern auf taube Ohren; sie hatten sich zu ihrer Politik
entschlossen und verfolgten sie mit Begeisterung. Daher verbrachte Venetia

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