Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskapaden
Vom Netzwerk:
einfach auf der
Straße liegenlassen. Immerhin könnten die Leute sie auf dem Rückweg in die
Stadt sehen, und den Damen würde das sicher nicht gefallen.»
    Mylord
führte gerade eine Prise Schnupftabak an eine klassisch geformte Nüster, hielt
aber inne, bevor er sie nahm. «Daran habe ich nicht gedacht», gab er zu. Ein –
wahrscheinlich amüsiertes – Funkeln glomm in seinen Augen auf, und er wandte
sich an den Lakaien, der noch immer den beschädigten Mantel hielt. «Irgendwo
auf der Straße nach London liegt eine Leiche. Mr. Fox wünscht das nicht, also
schaff sie fort.»
    Der Lakai
war durch eine viel zu gute Schule gegangen, um auch nur mit der Wimper zu
zucken, aber seine Stimme klang doch leise beunruhigt:
    «Sehr wohl,
Mylord. Haben Eure Lordschaft eine bestimmte Vorstellung, was damit geschehen
soll?»
    «Nein,
keine Ahnung. Was meinst du, Charles?»
    «Bei Gott,
was tut man am besten mit einer Leiche mitten auf Hounslow Heath?» fragte Mr.
Fox. «Ich denke, man sollte sie einem Konstabler übergeben.»
    «Du hast es
gehört», sagte Seine Lordschaft. «Die Leiche muß in die Stadt gebracht werden.»
    «In die Bow
Street», warf Mr. Fox ein.
    «In die Bow
Street – mit einer Empfehlung von Mr. Fox.»
    «Nein, zum
Kuckuck – ich will mich keinesfalls mit fremden Federn schmücken, Dominic. Mit
einer Empfehlung vom Marquis von Vidal, mein Guter.»
    Der Lakai
würgte einen imaginären Kloß in seiner Kehle hinunter und sagte dann mit
sichtlicher Anstrengung: «Wird erledigt, Sir.»
    Mr. Fox
blickte den Marquis an. «Ich wüßte nicht, was wir sonst noch tun könnten – und
du, Dominic?»
    «Mir
scheint, wir haben uns schon genug echauffiert», erwiderte der Marquis, indem
er mit einem exquisiten Taschentuch seinen Ärmel abstäubte. «Und ich
beabsichtige nicht, noch einen Gedanken auf diesen Zwischenfall zu
verschwenden.»
    «Nun, dann
können wir ja hinaufgehen», schlug Mr. Fox vor. «Mit Vergnügen, mein lieber
Charles», antwortete Seine Lordschaft und begann gemächlich die flache Treppe
hinaufzusteigen.
    Mr. Fox
gesellte sich an seine Seite und zog einen eleganten Brisefächer aus der
Tasche. Er öffnete ihn behutsam und hielt ihn so, daß sein Freund ihn bewundern
konnte.
    «Vernis
Martin», bemerkte er.
    Seine
Lordschaft warf einen gleichgültigen Blick darauf. «Chassereau, vermutlich.»
    «Du sagst
es», bestätigte Mr. Fox und setzte den Fächer sanft in Bewegung. «Sujet
Telemach, auf Elfenbein gemalt.»
    Als sie
hinter einer Treppenbiegung verschwanden, sahen sich die beiden Lakaien unten
in der Halle vielsagend an. «Leichen und Firlefanz in einem Atemzug», meinte
der mit Vidals Mantel über dem Arm. «Da hast du die vornehme Gesellschaft!»
    Lord Vidal
hatte die Episode offenbar mittlerweile total vergessen, Mr. Fox hingegen
erzählte das seiner Ansicht nach spannende Erlebnis mindestens drei Leuten, die
es ihrerseits wiederum zum besten gaben, bis die Geschichte schließlich Lady
Fanny Marling zu Ohren kam, die mit ihrem Sohn John und ihrer Tochter Juliana
ebenfalls auf der Soiree weilte.
    Lady Fanny
war seit etlichen Jahren Witwe, und man munkelte in den feinen Kreisen schon
lange nicht mehr über eine eventuelle zweite Heirat. Trotz ihres früher bekannt
flatterhaften Wesens hatte sich ihre Liebe zu dem seligen Mr. Edward Marling
als ein sehr beständiges Gefühl erwiesen, was schon daran zu erkennen war, daß
sie ein volles Jahr um ihn trauerte, und als sie sich endlich wieder in
Gesellschaft zeigte, dauerte es noch geraume Zeit, bis sie auch nur zum
kleinsten Flirt Lust verspürte. Jetzt wurde sie – mit einer Tochter im
heiratsfähigen Alter – ziemlich matronenhaft und gefiel sich neuerdings in
Purpur und Grau, wozu sie auf der überaus kunstvollen Frisur jene mütterlich
soliden Turbane trug, die deutlich zu verstehen gaben, daß sie sich bereits zur
würdevollen älteren Garde zählte.
    Sie
unterhielt sich gerade mit einem alten Freund, einem gewissen Hugh Davenant,
als sie die Schilderung von der neusten Heldentat ihres Neffen aufschnappte,
worauf sie die Konversation sogleich mit dem spontanen Ausruf unterbrach:
«Dieser abscheuliche Junge! Ich kann doch wirklich nirgends hingehen, ohne daß
man von ihm spricht! Aber leider nie Gutes, Hugh, nie Gutes!»
    Hugh
Davenants graue Augen suchten den Marquis in der Menge, und sein Blick
verweilte recht nachdenklich auf der arroganten Erscheinung. Da er schwieg,
schnatterte Lady Fanny munter weiter.
    «Bestimmt
habe ich nicht das

Weitere Kostenlose Bücher