Georgette Heyer
ruhig.
Mylord
blickte gelassen auf sie hinunter.
«Daß du es
nur weißt – meine Entscheidung steht fest», sagte sie, indem sie seinem Blick
ebenso gelassen standhielt. «Du kannst dir also deine weisen Ratschläge
sparen.»
«Auch gut»,
sagte Mylord.
«Und du
wirst uns nach besten Kräften unterstützen, nicht wahr, herzallerliebster
Dominic?»
«Oh, aber
natürlich, Kindchen. Ich werde Tante Fanny erklären, daß ich diese Verbindung
voll und ganz billige.»
«Du bist
wirklich abscheulich», rief seine Cousine. «Ich weiß, du haßt alles, wofür du
auch nur einen Finger krumm machen mußt, aber denk bitte daran, daß du dir
selbst den größten Dienst erweist. Wenn ich nämlich einen andern heirate,
brauchst du keine Angst mehr zu haben, daß es unter Umständen dir an den Kragen
geht.»
«Was das
betrifft, mache ich mir nicht die geringsten Sorgen.»
«Bei Gott,
es wäre eine gerechte Strafe, wenn ich dich wirklich heiraten würde!» sagte
Miss Marling aufgebracht. «Du benimmst dich ausgesprochen widerwärtig, dabei
will ich doch nur, daß du einen Brief an Tante Elisabeth in Paris schreibst!»
Mylords
Aufmerksamkeit schien anderwärts in Anspruch genommen, doch nun riß er seinen
Blick von einer vollerblühten Blondine los, die sich heftig bemühte, so zu tun,
als hätte sie die genaue Prüfung ihrer Vorzüge nicht bemerkt, und wandte sich
wieder seiner Cousine zu.
«Warum
das?» fragte er.
«Ich
dachte, das sei völlig klar, Dominic. Tante Elisabeth ist so vernarrt in dich,
daß sie dir jeden Wunsch erfüllt, und wenn du sie bitten würdest, einen Freund
von dir unter ihre Fittiche zu nehmen und ihn in die Pariser Gesellschaft
einzuführen ...»
«Aha, ich
verstehe!» sagte der Marquis. «Allerdings wird dir ein Brief von mir wenig
nützen, wenn deine hockgeschätzte Mama inzwischen Tante Elisabeth vor deinem
Niemand gewarnt hat.»
«Das wird
sie bestimmt nicht tun», antwortete Miss Marling zuversichtlich. «Und außerdem
ist er kein Niemand. Vergiß nicht, Mama hat ja keine Ahnung, daß Frederick mir
nach Paris folgen will. Nicht wahr, Dominic, du hilfst mir doch?»
«Fällt mir
gar nicht ein», sagte Mylord. «Schließlich habe ich den Burschen noch nie zu
Gesicht gekommen.»
«Mit dieser
Ausrede habe ich gerechnet», sagte Miss Marling triumphierend. «Deshalb riet
ich Frederick auch, sich bereitzuhalten.» Sie wandte den Kopf und gab in der
Art einer Zauberin, die einen Geist beschwören will, mit ihrem Fächer ein
Zeichen, worauf sich auch prompt ein junger Mann, der sie bisher besorgt
beobachtet hatte, von einer in der Nähe der Tür stehenden Gruppe von Gästen
löste und auf sie zukam.
Er war
nicht so groß wie Vidal und ein völlig anderer Typ. Von seiner in bescheidenem
Ausmaß gehaltenen Taubenflügelperücke bis zu den schwarzen Schuhen mit den
niedrigen Absätzen wirkte er wie ein Bild fleischgewordener Korrektheit. Seine
Kleidung war zwar modisch, aber nicht dazu angetan, Aufmerksamkeit zu erregen;
Lunardispitze zierte Hals und Handgelenke, ein schwarzer Solitär die Krawatte,
und auf die üblichen Attribute männlicher Eitelkeit wie Monokel, Uhrketten und
Uhren hatte er ganz verzichtet. Er trug einen Kameenring und hielt die
unvermeidliche Schnupftabakdose in der Hand.
Der Marquis
musterte den Näherkommenden durch sein Monokel. «Himmel!» sagte er unterdrückt.
«Was ist bloß in dich gefahren, Ju!»
Miss
Marling zog es vor, diese Bemerkung zu übergehen. Als Mr. Comyn vor ihnen
stand, sprang sie auf und legte ihm die Hand auf den Arm. «Frederick, ich habe
meinem Cousin alles erzählt!» sagte sie dramatisch. «Das ist er übrigens.
Wahrscheinlich hast du schon von ihm gehört. Er hat einen sehr schlechten Ruf
und bringt Leute um – ich meine natürlich im Duell, aber trotzdem. Vidal, das
ist Frederick.»
Seine
Lordschaft hatte sich erhoben. «Du plapperst zuviel, Juliana», näselte er, und
in seinen Augen stand dabei eine deutliche Drohung, die Miss Marling jedoch
keineswegs beeindruckte. Die beiden Herren begrüßten sich mit einer Verbeugung.
«Sir, Ihr sehr ergebener Diener.»
Mr. Comyn,
der bei Julianas Worten verlegen errötet war, murmelte, er fühle sich geehrt.
«Vidal wird
dich meiner französischen Tante empfehlen», behauptete Miss Marling vergnügt.
«Sie ist wirklich die einzige in der Familie, die nicht über ihn schockiert ist
– außer mir, natürlich.»
Der Marquis
warf ihr wieder einen unheilverkündenden Blick zu, und da sie von früher nur
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