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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lady April
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ihm. Sie selbst
wurde zum Tanz aufgefordert, doch ihr Platz in dem Karree war von dem Dysarts
weit entfernt; und als sie das Tanzparkett wieder verließ, hafte er Letty der
Obhut Mr. Hethersetts übergeben und war zu seiner eigenen Gesellschaft
zurückgekehrt.
    Zehn
Minuten später verließ er das Almack unter der durchsichtigsten aller
Ausreden, ein Umstand, von dem Nell durch seine Gastgeberin vollinhaltlich
unterrichtet wurde. Denn sie kam in der ausdrücklichen Absicht, Nell mit ihrer
Meinung über seine Manieren und seine Erziehung vertraut zu machen, quer durch
den Saal gesegelt. Mr. Hethersett konnte nichts tun, um ihr diese schwere
Prüfung zu ersparen. Doch als es eine der schrecklichen Tanten, mit denen er
und Cardross gesegnet waren, für ihre Pflicht hielt, Nell wegen ihrer
Unbekümmertheit zu rügen, mit der sie Letty gestattete, mit Mr. Allandale zu
tanzen, kam er ihr eiligst zu Hilfe und empfahl Lady Chudleigh sogar, diesen
Tadel Cardross persönlich mitzuteilen.
    «Ich möchte
dir versichern, Felix», sagte die würdige Dame mit vernichtender Betonung,
«daß nichts meinen Absichten weniger entspricht. Ferne sei es von mir, Unheil
stiften zu wollen.»
    «Tun Sie's
dennoch», erwiderte der unerschrockene Mr. Hethersett. «Höchstwahrscheinlich
gäbe Ihnen Cardross einen seiner wohlbekannten derben Verweise.»
    Nell war
über diesen ihretwegen zur Schau getragenen Heroismus völlig überwältigt, doch
Mr. Hethersett wehrte bescheiden ab. Nachdem er den Rückzug der verwitweten
Lady durch sein Monokel, welches sein Auge in der abscheulichsten Weise
vergrößerte, beobachtet hatte, versicherte er Nell, er habe nicht mehr als die
Wahrheit gesagt. «Keine Sorge, Cardross könnte sich ihre Geschichten anhören»,
sagte er. «Außerdem weiß er genau, daß Sie Letty nicht hindern können, mit Mr.
Allandale zu tanzen. Bezweifle, daß er selbst es zuwege brächte.»
    Es schien,
als teile der Earl diese Zweifel. Als die Damen kurz nach Mitternacht auf dem
Grosvenor Square ihre Equipage verließen, war er von einem Dinner, welches die
Erhabene Beefsteak-Gesellschaft gab, noch nicht zurückgekehrt. Er besuchte
seine junge Frau jedoch am späten Vormittag des folgenden Tages und fand sie
noch im Bett, ein Frühstückstablett auf den Knien. Die reichen Falten der
Bettvorhänge aus zartrosa Seidenstoff waren zurückgezogen worden. Zwischen
kleinen Schlückchen Kaffee und winzigen Bissen von ihrem Butterbrot war sie
damit beschäftigt, ihre Korrespondenz zu lesen. Diese schien, nach der Menge zu
urteilen, die auf ihrer Daunendecke lag, hauptsächlich aus goldgeränderten
Einladungskarten zu bestehen. Es befand sich aber auch ein Brief ihrer Mama
darunter, kreuz und quer durchstrichen, welchen sie soeben zu entziffern
versuchte, als Cardross das Zimmer betrat. Sie legte ihn sogleich beiseite und
begann die Löckchen zurechtzurücken, die aus dem kleidsamen Nachthäubchen aus
Musselin und Spitzen hervorlugten. «Mein Gott! O du meine Güte! Ich dachte
nicht, daß du so bald kommen würdest ... ich bin so schrecklich zerrauft.»
    «Laß nur»,
sagte er, ergriff ihre Hand und küßte sie. «Ich versichere dir, du siehst
bezaubernd aus. Hast du dich gestern abend gut amüsiert?»
    «Ja, danke.
Das heißt... weißt du, es war ja nur einer der Tanzabende im Almack.»
    «Also nicht
sehr amüsant», bemerkte er, setzte sich an den Bettrand und griff nach einer
der Einladungskarten. «Ebensowenig wie es diese Sache sein wird, ich fürchte
aber, wir müssen sie annehmen. Sie ist Lettys Patin. Verhielt sich Letty
übrigens gestern abend korrekt, oder steckte sie den ganzen Abend mit diesem
Burschen Allandale zusammen?»
    «Nein,
wirklich nicht. Sie tanzte bloß zweimal mit ihm.»
    «Ich bin
überrascht zu erfahren, daß sie sich eine derartige Zurückhaltung
auferlegte – und ich mache dir mein Kompliment: das war bestimmt dein Werk.»
    «Nun ja,
ich sollte natürlich versuchen, sie davon abzubringen, Dinge zu tun, die du
nicht gestattest», sagte Nell etwas unsicher, «aber es war wirklich nicht
nötig. Mr. Allandales Gewissenhaftigkeit ist so fundiert, daß ich überzeugt
bin, er würde von ihr nie etwas verlangen, was den Leuten Stoff zum Klatsch
geben könnte.»
    «Du guter
Gott!» rief Seine Lordschaft. «Was für ein langweiliger Kümmerling. Was findet
sie nur an ihm?»
    «Ich
verstehe es auch nicht», sagte Nell aufrichtig. «Obwohl ich überzeugt bin, daß
er viele ausgezeichnete Qualitäten und einen überlegenen

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